Jamey. Das Kind, das zuviel wußte
neunf lammigen Herd standen Töpfe und Pfannen, in denen es leise brodelte. Der Basilikumgeruch war fast betäubend. Randee mit den beiden »E« betrat die Küche, hob Deckel hoch und rührte hier und da. Sie probierte das eine oder andere, dann kippte sie einen Schwung irgendeines Gewürzes in eine der Speisen. Auf einem Regal fand ich einen Stapel mit silbrig rosa Karten, auf denen stand: RANDEE, TRAITEUR, mit einer Telefonnummer in Beverly Hills.
»Das ist mein telefonischer Bereitschaftsdienst«, sagte sie und leckte einen Finger ab. »Für die bessere Gesellschaft, aber der Darm des Ganzen befindet sich hier. Entschuldigen Sie bitte die Ausdrucksweise.«
»Hat Gary nebenan gewohnt?«
»Ja, ja«, sagte sie zerstreut, während sie etwas auf ihrem Regal suchte, das sie nach sorgfältigem Hinschauen schließlich auch fand. Sie hob es in die Höhe. Es war ein Blatt Papier, das sie entfaltete. Dann las sie mir vor: »Für den Malibu-Abend von Mr. und Mrs. Chester (Chet) Lamm. Kalte Melonensuppe, Gänsebrustsalat mit Preiselbeeressig, Trüffeln mit geröstetem Brot, Klößchen von Hecht und Krabben, mariniertes Hähnchen mit frischen Pfefferkörnern, Pasta mit Pesto und schließlich leicht angebackener Ziegenkäse und ein Gurken-Ananas-Sorbet, ein bisschen gewagt, was? Ist das nicht schauerlich? Kann man nichts machen, die Nouvelle-Cuisine-Fanatiker der feinen Gesellschaft wollen das so.«
Ich musste lachen, und sie lachte zurück, wobei ihr Busen heftig wogte.
»Wissen Sie, was ich viel lieber kochen würde? Hamburger, ganz einfach und schlicht. Und dazu Pommes frites und einen normalen Salat, kein Radicchio, keine Endivien, nur ganz einfach unseren normalen Grünen.«
»Das hört sich gut an.«
»Das kriegt man nicht unter die Leute, die hundert Dollar pro Person zahlen.«
Sie stocherte mit einer Gabel in einer Pfanne herum, hinterher hingen die Zinken voll mit hellrosa Nudeln.
»Da, probieren Sie mal.«
Ich lehnte mich über die Theke und machte den Mund auf. Das Zeug schmeckte vor lauter Basilikum ganz bitter.
»Ausgezeichnet«, sagte ich.
»Na klar, das Mädchen kann kochen.«
Sie gab mir weitere Kostproben. Selbst mit einem Riesenhunger hätte ich kaum Appetit darauf gehabt; nach dem prachtvollen Frühstück mit Robin am Morgen aber kam es einem Überfall gleich.
Nach weiteren unaufrichtigen Lobesworten für Randee und entsprechender Selbstbeweihräucherung ihrerseits gelang es mir endlich, über Gary zu sprechen.
»Ja, er wohnte hier zusammen mit einer ganzen Schar anderer Freaks.«
»Wohnte?«
»Ja, ganz richtig, Vergangenheitsform. Letzte Nacht wurde hier eingebrochen, und er ergriff die Flucht. Solche Dinge passieren in diesem Viertel hier öfter. Deshalb habe ich auch eine Alarmanlage. Nachdem ich gestern Abend eine Party bei A&M Records ausgerichtet hatte, kam ich nach Hause und sah, dass ihre Tür eingetreten worden war. Bei mir war kein Alarm ausgelöst worden, aber zur Sicherheit rief ich meine Eltern an und lieh mir Barischnikow und Nurejew aus. Nur zur Sicherheit. Es sind echte Killerhunde. Letztes Jahr haben sie meine Eltern vor einem Einbruch bewahrt. Ich habe heute extra die Tür offen gelassen - für den Fall, dass die Typen zurückkommen und ich die beiden Süßen auf sie hetzen kann.«
»Wann kamen die Freaks denn nach Hause?«
»Um zwei etwa. So wie sie es immer machen: Sie schlafen bis Mittag, dann stellen sie sich vor das Biltmore und betteln, dann kommen sie heim und feiern bis zum nächsten Morgen. Ich steckte meinen Kopf durch die Tür und beobachtete, wie sie sich stritten. Ihr Schäfchen sah ziemlich verschüchtert aus.«
»Haben Sie eine Ahnung, wo er hin ist?«
»Nein. Sie haben hier in Scharen gehaust, wild durcheinander - das Haus gehört einem ihrer Väter -, sie kamen und gingen, wie sie wollten. Sie zogen durch die Gegend, machten kaputt, was ihnen in den Weg kam, und hielten sich für echte Bohemiens.«
»Künstler?«
»Wenn die Künstler sind, dann ist das Zeug da auf dem Herd Spitzenküche. Nein, sie sind nichts als kleine, unreife Kinder, die Nihilisten spielen. Diese Punk-Ideen, Sie wissen schon: Das Leben ist sinnlos, deshalb stecken sie sich Nägel ins Haar und nehmen Speed, denn Papa zahlt ja. Als ich ins College ging, war ich genauso. Sie nicht?«
Ich hatte am College tagsüber gearbeitet und war nur nachts häufiger unterwegs gewesen. Deshalb gab ich ihr keine Antwort, sondern stellte eine neue Frage:
»Haben sie sehr viel Speed genommen?«
»Ich
Weitere Kostenlose Bücher