Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Titel: Jamey. Das Kind, das zuviel wußte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
lächerlich.«
    »Wieso? Du hast mir doch selber erzählt, dass er öfter mit Chancellor und Cadmus ausgegangen ist.«
    »Wäre er ein Mörder, würde er sicher nicht mit einer Skulptur darauf aufmerksam machen.«
    »Das hat es alles schon gegeben. Vor ein paar Jahren hat ein englischer Krimiautor die Geschichte eines Malers mit Namen Sickert erfunden, der Jack the Ripper sein könnte. Der Mann malte Bilder, die verdammte Ähnlichkeit mit manchen Mordszenen hatten. Und nach dem, was du über Yamaguchi erzählst, hat der nicht gerade den gesündesten Menschenverstand. Man muss nur genügend Speed in seinen Körper jagen, und schon hat man ein Gehirn wie ein Schweizer Käse.«
    »Als ich mit ihm gesprochen habe, war er ablehnend und feindselig, aber er schien mir sehr klar im Kopf zu sein.«
    »Alex, ich könnte hier jetzt stundenlang rumstehen und spekulieren - ein tolles Wer-war-der-Mörder-Spiel für Krimileser. Ohne Beweise ist das alles nichts als Scheiße. Rocker, Cadmus und wieder Rocker. Die reinste Achterbahn. Und beim Achterbahnfahren kommt mir immer das Kotzen.«
    Seine Schritte wurden länger, missmutig stopfte er die Hände in die Hosentaschen.
    »Was mich wirklich aufregt, ist, dass wir schon lange und mit allen Mitteln nach diesen Arschlöchern suchen. Wochenlang haben wir Dutzende von Spuren verfolgt und uns Whiteheads Gelaber anhören müssen. Wir haben sämtliche Schwulenlokale von Los Angeles abgeklappert und so viel Leder gesehen, dass wir damit den ganzen Staat zudecken könnten. Wir haben Leute in die Unterweltgangs eingeschleust, was viel Zeit gekostet und’ne Riesenanstrengung bedeutet hat. Und das alles umsonst.«
    »Aber von jetzt an habt ihr eine Personenbeschreibung.«
    »Wie bitte? Einer fett, einer mager? Aus irgendeinem - wahrscheinlich soziologisch höchst relevanten - Grund gehören diese Arschlöcher zwei Kategorien an: Ekel erregende Dickwänste oder mit Drogen voll gepumpte Magersüchtige. Fett und mager, damit scheiden genau null Prozent der Bevölkerung aus.«
    »Der Alte hat sie doch gesehen, kann er nicht mehr über ihr Aussehen sagen?«
    »Doch. Der Fette war außerdem ein Glatzkopf, oder vielleicht war sein Haar extrem kurz - und hatte einen Vollbart, schwarz oder braun. Der Dünne hatte langes Haar, glatt, gewellt oder kraus, und einen Bart, einen Schnäuzer mit Backenbart.«
    Milo seufzte. »Augenzeugen sind notorisch ungenau, wenn sie eine Person beschreiben sollen, und der hier ist achtzig, depressiv und hatte außerdem gesoffen. Ich bin nicht mal sicher, ob er auch nur einen Fetzen von dem Gespräch, über das er berichtet, mit angehört hat. Ich brauche was Handfestes, Alex. Ich habe Leute von der Pacific Division gebeten, Radovics Boot in Marina zu durchsuchen. Vielleicht finden wir dort die Skulptur, die dann auch noch voller Smaragde oder Rauschgift ist.«
    »Genau wie im Film.«
    »Hör mal, hier in Los Angeles ist doch alles möglich, oder?«, sagte er grinsend. Dann wurde er ernst. »Ich möchte mit diesem Yamaguchi reden. Wo kann ich ihn finden?«
    »Er hängt in der Innenstadt rum. Ich hab ihn mithilfe der Galerie getroffen, aber es klang so, als wolle er Los Angeles verlassen. Vielleicht ist er schon weg.«
    Milo nahm sein Notizbuch und schrieb sich Garys Namen sowie die Adresse von Voids will be Voids auf. Mir kam ein Gedanke.
    »Er war mit einem kleinen blonden Mädchen zusammen. Sie sah so aus, als hätte es Zeiten gegeben, in denen sich jemand um sie kümmerte.«
    »Name?«
    »Er nannte sie Slit.«
    »Wie süß. Ich versuche mal, herauszufinden, ob sie vermisst gemeldet ist. Lass uns zurückgehen, ich muss ein paar Anrufe erledigen.«
    Wir kehrten um und gingen zurück zum Café. Als wir den Wagen erreichten, stieg Milo ein und sprach in ein Funkgerät. Ich wartete draußen und sah mir das Café von innen an. Hinter der Theke stand ein kleiner schrumpeliger Mann in einem karierten Flanellhemd und einer Latzhose und wischte mit einem feuchten Lappen den chromüberzogenen Tresen sauber. Die Barhocker hatten Chrombeine und runde, mit rotem Leder bezogene Sitzflächen. An der mit astlochdurchsetztem Fichtenholz getäfelten Wand hing eine Schwarzwälder Kuckucksuhr, gleich neben einem drittklassigen Ölgemälde vom Tahoe-See. Country-Music-Klänge drangen aus einem billigen Transistorradio.
    Plötzlich wurde die Musik von einem von Norden her kommenden Motorgeräusch übertönt. Ich wandte mich um und sah einen Jeep, der über den Horizont zu gleiten schien. Er

Weitere Kostenlose Bücher