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Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall

Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall

Titel: Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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unten?«, fragte Mertel und tippte wie ein taktstockschwingender Dirigent mit dem Finger auf die Edelstahlklinge. »Dabei dürfte es sich höchstwahrscheinlich um Blut handeln.«
    »Gut, dann sollte schleunigst mal einer deiner Jungs unseren Rechtsmediziner mit diesem interessanten Fundstück belästigen.«
    »Thomas, machst du das mal«, gab der Kriminaltechniker sogleich die Anweisung an einen seiner Mitarbeiter weiter.
    »Wo hat man das Ding überhaupt gefunden?«, fragte der Leiter der Kaiserslauterer Mordkommission.
    Der von Mertel angesprochene, groß gewachsene Beamte schälte sich gemächlich aus seinem Plastikoverall. Mit dem Kinn wies er am Gedenkstein vorbei in westliche Richtung und erklärte: »Etwa hundert Meter von hier entfernt, mitten im Hang in einer kleinen Senke hinter einem Baumstumpf.«
    Tannenberg war selbstverständlich bekannt, dass die Polizeischüler bei ihren systematischen Geländeinspektionen Metalldetektoren verwendeten. »War das Ding im Boden verbuddelt?«
    »Nein, es lag ziemlich frei. Man konnte es eigentlich gar nicht übersehen.«
    »So? Das ist aber seltsam.«
    »Wieso?«, gab Mertels Mitarbeiter zurück.
    »Wollte da etwa jemand, dass wir es finden?«
    »Glaub ich eher weniger. Das war bestimmt Zufall. Dort oben ist der Waldboden von Wildschweinen regelrecht durchgepflügt.«
    »Habt ihr sonst noch etwas gefunden?«
    »Nein. Aber die Kollegen aus Enkenbach suchen ja noch eine Weile weiter.«
    Tannenberg räusperte sich geräuschvoll und brummte nachdenklich. »Wisst ihr eigentlich schon, ob der Fundort auch der Tatort ist?«
    Der Spurenexperte, der sich inzwischen seines Overalls entledigt hatte, schürzte die Lippen. »Also, wenn die Abtrennung des Kopfes die Todesursache war, dann wurde der Mann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht dort getötet, wo er gefunden wurde.«
    »Woher weißt du das so genau?«
    »Ganz einfach: Weil wir dann bedeutend mehr Blut hätten finden müssen«, entgegnete der Beamte in recht überheblichem Ton. »Vor allem auch in ein, zwei Metern Abstand von der Austrittsstelle. Wegen des …«
    »Also, lieber Kollege«, fiel ihm Tannenberg ins Wort. Er zog die Augenbrauen nach oben, ließ sie dort verharren. »Du wirst es mir vielleicht nicht glauben, aber sogar ich weiß, dass die Durchtrennung der Halsschlagader zu einem enormen Blutverlust führt.«
    »Allerdings nur, wenn der arme Mensch noch am Leben war, als ihm der Kopf abgetrennt wurde«, wandte Mertel ein.
    »Logisch!«, schnaubte Tannenberg und wischte den Einwurf mit einer flüchtigen Geste beiseite. »Mir geht’s doch um etwas ganz anderes, Karl: Kann es nicht sein, dass dieser starke Platzregen gestern das Blut in den Waldboden hineingeschwemmt hat?«
    »Nein, das schafft noch nicht einmal tagelanger Dauerregen«, bemerkte Mertels Mitarbeiter. »Denn auch dann lassen sich im Laub noch genügend Blutspuren identifizieren. Wie sagt man doch so schön: Blut ist dicker als Wasser.« So als wolle er beten, drückte er seine senkrecht aufgerichteten Handflächen gepresst aneinander. »Aber es ist nicht nur dicker, sondern vor allem auch viel klebriger. Das Blut klebt nämlich die Blätter zusammen.«
    Erst als der Leiter der kriminaltechnischen Abteilung zustimmend genickt hatte, schob er an Tannenberg gerichtet weitere Erläuterungen nach: »Aber in diesem Falle haben wir nur in unmittelbarer Nähe von Kopf und Halsstumpf geringe Mengen Blut entdeckt. Was stark die Vermutung nährt, dass Fundort und Tatort nicht identisch sind.«
    Seitdem er denken konnte, hatte Wolfram Tannenberg gewaltige Probleme mit Belehrungen jeglicher Art gehabt, egal wie zutreffend, bereichernd oder ›gut gemeint‹ sie auch gewesen sein mochten. Zeit seines Lebens konnte er sich nicht damit abfinden, dass ein anderer Mensch etwas besser wusste oder konnte als er selbst. Er zeigte diese Eigenschaft zwar nicht mehr so offen, wie er es früher getan hatte, aber in seinem Innern spielten sich bei solchen Anlässen stets die gleichen Szenen ab.
    Sein ewiger Widersacher, die selbstkritische Instanz in seinem Kopf, wartete anscheinend nur auf solche Gelegenheiten, bei denen sie ihn einmal mehr malträtieren konnte: Der hat’s dir aber gerade ganz schön gegeben, jubilierte seine innere Stimme. Das ist eben geballte Fachkompetenz, mein Junge. Solltest du einfach mal anerkennen. Aber so wie ich dich kenne, schaffst du sturer, alter Esel das ja sowieso nicht.
    Wie häufig in solchen Situationen reagierte der

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