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Jan Fabel 01 - Blutadler

Titel: Jan Fabel 01 - Blutadler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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fahren zu können. Deshalb griff er nach Ottos auf dem Kaffeetisch liegenden Geschenk, dem Verzeichnis britischer Familiennamen. Fabel lachte leise. Nur Otto konnte ahnen, dass sein Freund Frieden in der deutschen und englischen Etymologie fand. Fabel liebte Nachschlagewerke. Sie waren für ihn Ozeane, auf denen er ohne Kurs segeln konnte, um zuerst der einen Information nachzuspüren und sich dann vielleicht auf eine ganz andere, doch genauso faszinierende Route bringen zu lassen. Er begann damit, in aller Ruhe seinen eigenen Namen nachzuschlagen, der, wie er wusste, nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Niederlanden und Dänemark zu finden ist. Zu seiner Enttäuschung konnte er ihn jedoch nicht unter den Familiennamen der Britischen Inseln aufspüren. Dann suchte er in seinem Gedächtnis nach ungewöhnlichen britischen Namen, auf die er in letzter Zeit gestoßen war. Einer fiel ihm im Zusammenhang mit den Mordfällen recht bald ein. Er blätterte die Seiten mit dem großen Abschnitt zu den in Irland und Schottland häufigen Mc- und Mac-Namen durch. 
    Da war der Eintrag für »MacSwain«.
    Fabel erstarrte. Die Kaffeetasse in seiner Hand schwebte zwischen der Untertasse und seinen Lippen. Die Stille war geradezu greifbar. Einen Moment lang fühlte er sich zwischen zwei Herzschlägen eingeschlossen. Dann war der Bann gebrochen. Er knallte die Tasse zurück auf die Untertasse und verschüttete mehrere Schlucke des konzentrierten schwarzen Kaffees. Bevor er merkte, dass er aufgesprungen war, befand er sich bereits auf der anderen Seite des Zimmers. Er hatte das geöffnete Buch immer noch in der Hand, und seine Augen waren weiterhin auf den Eintrag gerichtet. Seine rechte Hand tastete nach dem schnurlosen Telefon und drückte auf den Knopf, mit dem er die Nummer der Mordkommission wählen konnte.
    »Verflucht, oh, verflucht«, murmelte Fabel, als sich das Klingeln am anderen Ende endlos fortzusetzen schien. Schließlich meldete sich Maria. Fabel nannte nicht einmal seinen Namen. »Anna hatte Recht, Maria. Mein Gott, wir liegen völlig daneben. Es ist MacSwain. MacSwain ist Son of Sven.«
    Maria schien nicht überzeugt zu sein, doch Fabel fegte ihren Unglauben mit einem Wortschwall fort. »Er hat uns von Anfang an wissen lassen, wer er ist. Und wir haben es nicht gemerkt. Er hat es in jeder E-Mail zur Schau getragen. Ist das Überwachungsteam für MacSwain noch aktiv?«
    »Ja, oder wenigstens gibt es noch einen Mann vor MacSwains Wohnung.«
    »Schick sofort noch einen rüber! Die beiden sollen dort warten, bis wir eintreffen - es sei denn, MacSwain will sich absetzen. Dann möchte ich, dass er wegen Mordverdachts verhaftet wird. Hol alle im Besprechungszimmer zusammen. Und sag Eitels Rechtsanwalt, dass ich in zehn Minuten, ob er nun anwesend ist oder nicht, mit Norbert Eitel reden werde. Wir sehen uns in einer halben Stunde im Konferenzzimmer.«
     

 
    Hamburg-Eimsbüttel,
    Samstag, den 21. Juni, 21.00 Uhr
      Anna war in einen tiefen, dunklen, warmen Teich aus traumlosem Schlaf eingetaucht. Als sie aus dem Präsidium in ihre Wohnung zurückgekehrt war, hatte sie nicht erwartet, schlafen zu können. Sie war übermüdet gewesen, und die Szenen ihres Abends mit MacSwain zogen ihr ungeordnet wie einander willkürlich ablösende Fernsehprogramme durch den Kopf. Eine bleierne Mattigkeit verlangsamte Annas Bewegungen, als sie die Aufgaben erledigte, die wie Hindernisse zwischen ihr und dem Schlaf lagen. Sie hatte Mausi, ihren zerzausten gestreiften Kater, gefüttert, ihr Make-up entfernt und ihr Nachtzeug angezogen.
    Es war fast siebzehn Uhr, als sie erwachte. Mausi saß am Fuß des Bettes und beobachtete sie mit arroganter Reserve. Das Blei in ihren Gliedern war geschmolzen, doch ein Band des Schmerzes hatte sich straff um ihren Kopf gelegt. Sie stand auf und nahm zwei Aspirin, bevor sie sich in ein lauwarmes Bad sinken ließ. Bewegungslos, mit einem nassen Waschlappen über den Augen, lag sie da, bis sich das Badewasser abkühlte und eine Gänsehaut ihren Körper überzog. Die fast vollkommene Stille im Badezimmer wurde nur einmal durch das Plätschern des Wassers durchbrochen, als sie sich bewegte, und dann zum zweiten Mal, als sie Geräusche aus der Küche hörte und mit möglichst strenger Stimme »Mausi« rief, ohne den Waschlappen von ihrem Gesicht zu entfernen.
    Anna musterte ihre weiß und schrumpelig gewordenen Fingerspitzen und stieg widerwillig aus der Wanne. Sie trocknete ihr Haar und ihren Körper mit

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