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Jan Fabel 01 - Blutadler

Titel: Jan Fabel 01 - Blutadler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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zum Bundesgrenzschutz gehörte. 1977 wurde Wegener durch die erfolgreichste Operation der GSG 9 zum Helden. Die Truppe, unterstützt von zwei »Sonderbeobachtern« des britischen SAS, stürmte eine entführte Boeing 707 der Lufthansa im somalischen Mogadischu, nachdem Terroristen, die die Freilassung der in Deutschland inhaftierten RAF-Mitglieder verlangten, den Kapitän ermordet hatten. Wegener selbst leitete den Handstreich und tötete einen der Terroristen. Es war die Glanzstunde der GSG 9.
    Dann verblasste der Glanz. Im Juli 1993 versuchte die GSG 9, Wolfgang Grams, ein Mitglied der Rote Armee Fraktion, auf einem Bahnhof im ostdeutschen Bad Kleinen zu verhaften. Der Einsatz misslang. Grams tötete einen Polizisten und verwundete einen zweiten. In dem offiziellen Bericht, der durch gerichtsmedizinisches Material bestätigt wurde, hieß es, Grams habe sich anschließend selbst erschossen. Zivile Zeugen behaupteten jedoch, GSG 9-Mitglieder hätten den reglosen Grams aus nächster Nähe durch einen Kopfschuss »hingerichtet«. Der sich anschließende Skandal führte zu Rücktritten auf Kabinettsebene. Und die GSG 9 verschwand wieder im Schatten.
    Fabel war kein Anhänger der GSG 9 oder der Mobilen und Sondereinsatzkommandos, die sich nach dem Vorbild der amerikanischen SWAT-Teams in fast allen Polizeitruppen Deutschlands herausgebildet hatten. Die Grenze zwischen Polizist und Soldat wurde immer verschwommener, was Fabel überhaupt nicht behagte. Seine Ansichten über diese paramilitärischen Einheiten verschafften ihm keine Freunde in den oberen Etagen des Präsidiums, schon gar nicht, wenn er auf die Royal Canadian Mounted Police zu sprechen kam. Die Mounties hatten eine der GSG 9 ähnliche Einheit gegründet und sie SERT-Special Emergency Response Team - genannt. Dieser äußerst effektive Verband zur Terroristenbekämpfung war jedoch aufgelöst worden, denn die kanadischen Beamten innerhalb der SERT hatten die Notwendigkeit des Tötens, die sich bei ihren Operationen gegen Terroristen ergab, nicht mit ihrem natürlichen Drang als Polizisten, das Leben anderer zu bewahren und zu schützen, in Einklang bringen können. Das sind Polizisten, dachte Fabel häufig, mit denen ich gern zusammenarbeiten würde.     
    Er konzentrierte sich wieder auf Klugmanns Gesicht auf dem Foto der Personalakte: ein schlankeres Gesicht als das des Mannes, der ihm in dem getünchten Vernehmungszimmer der Davidwache gegenübergesessen hatte. Es war ein straffes Gesicht, und die Haut schien mit kräftigen Muskeln und Bändern an dem schweren Schädel befestigt zu sein. Es war ein Gesicht, an dem man ablesen konnte, dass der nicht sichtbare Körper darunter stark und gesund war. Das Foto wirkte nicht sehr alt. Klugmann musste sich Mühe gegeben haben, um für seine Rolle als verdeckter Ermittler etwas heruntergekommen zu wirken.
    Fabel verstand nicht, weshalb man einen GSG 9-Mann für eine Undercover-Operation eingesetzt hatte. Die Stärke der GSG 9 lag in ihren taktischen Operationen, nicht in ihrer Recherche. Wenn Maria davon überzeugt war, Klugmann in Weingarten begegnet zu sein, dann hatte Fabel keinen Zweifel an ihrer Aussage. Und die beiden Trainingsstätten für die GSG 9 waren Hangelar und Weingarten. Worum es bei der Operation auch gehen mochte, das Ziel war offensichtlich von großer Bedeutung, da man so viele Sonderbehörden herangezogen hatte. Volker gehörte dem BND an, Klugmann der GSG 9, und die ermordete Tina Kramer war der BAO zugeteilt worden. Fabel vermutete, dass auch sie in Wirklichkeit für den BND gearbeitet hatte. Nur die Polizei Hamburg schien von der Operation ausgeschlossen worden zu sein. Fabel war sich sicher, dass van Heidens Beteuerung, er habe nichts von alledem gewusst, der Wahrheit entsprach. Aber warum hatte man die wichtigste Hamburger Vollzugsbehörde nicht eingeweiht?
    Das Klopfen an der Tür klang weder behutsam noch selbstsicher. Volker betrat Fabels Büro, ohne auf eine Einladung zu warten. Ein Bulldozer schien über sein Gesicht gefahren zu sein und jede Spur von Freundlichkeit fortgepflügt zu haben. Seine Miene war nicht feindselig, sondern sie ließ überhaupt keine Emotionen erkennen. Das also war Volker hinter der leutseligen Maske. Die dunklen Augen wirkten leer, und der Mund bildete eine gerade, entschlossene Linie. Der Oberst hatte sich einen dicken grünen Ordner unter den Arm geklemmt. Fabel zeigte auf einen Stuhl.
    »Was wollen Sie, Herr Fabel? Ich werde Ihnen mitteilen, was ich

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