Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Jan Fabel 01 - Blutadler

Titel: Jan Fabel 01 - Blutadler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
Vom Netzwerk:
Kreissäge, die seinen Schädel durchtrennte. Dann das Geräusch von Vögeln, die den anbrechenden Tag mit ihrem Chor begrüßten. Fabel hob den Kopf ein wenig, und seine Belohnung war ein kalter Dolch des Schmerzes, der seinen gesamten Körper durchbohrte. Er ließ den Kopf wieder fallen. Wo war er, wie hatte es ihn hierher verschlagen, und was für ein Wochentag war es? Es dauerte fast eine Minute, bis sein Bewusstsein wieder funktionierte.
    Der Slawe. Er setzte sich kerzengerade auf, und sein Körper wurde von einem noch stärkeren Schock getroffen, diesmal begleitet von einer Woge des Schwindels und der Übelkeit. Er warf sich über die Bettseite, um sich zu erbrechen. Das Dröhnen in seinem Kopf ließ nicht nach, aber er fand sich damit ab. Schmerz bedeutete, dass er noch lebte. Er sackte zurück aufs Bett und kramte in der Tasche nach seinem Handy. Es war verschwunden, genau wie die Pistole aus seinem Halfter. Langsam richtete er sich auf, sodass er sich im Zimmer umsehen konnte. Er lag auf Angelika Blüms Bett. Der Slawe musste ihn hierher gebracht haben. Der Schmerz in Fabels Kopf schien jeden Gedanken mit einer Nebelhülle zu umgeben. In dem blassgrauen Licht konnte er erkennen, dass sein Mobiltelefon, seine Waffe und seine Brieftasche sorgfältig auf der Frisierkommode angeordnet waren. Er brauchte weitere fünf Minuten, um vom Bett zu rutschen und zur Kommode zu taumeln. Dann zerrte er sein Handy über die Ahornoberfläche der Kommode und drückte auf die eingespeicherte Nummer des Präsidiums.
    Bis zum Mittag hatte jeder Polizist, ob uniformiert oder bei der Kripo, eine Beschreibung des kleinen, kräftig gebauten Slawen, der Fabel überfallen hatte. Der Arzt im Krankenhaus St. Georg, der ihn untersuchte, konnte nicht verhehlen, dass ihn die fachmännische Ausführung des Angriffs beeindruckte. Der Slawe hatte die Blutversorgung von Fabels Gehirn gezielt unterbrochen und ihn dadurch das Bewusstsein verlieren lassen. Er würde kaum dauerhafte Schäden davontragen. Das Personal bestand dennoch darauf, ihn sicherheitshalber über Nacht zur Beobachtung im Krankenhaus zu behalten, und Fabel war zu erschöpft, um zu widersprechen. Er überließ sich einem friedlichen, traumlosen Schlaf.
    Er erwachte kurz nach vierzehn Uhr. Die Krankenschwester holte Werner und Maria Klee, die geduldig vor dem Zimmer gewartet hatten. Maria setzte sich mit einer für sie nicht charakteristischen Ungezwungenheit auf Fabels Bettrand. Werner blieb linkisch stehen. Es war, als wäre es ihm unbehaglich, dass sein Chef so verwundbar wirkte. Erst als Fabel darauf bestand, zerrte er einen Stuhl aus der Zimmerecke ans Bett und nahm Platz.
    »Bist du sicher, dass es der Mann war, den du vor dem Haus am zweiten Tatort gesehen hast?«, fragte Werner.
    »Daran gibt es nicht den geringsten Zweifel. Ich habe ihm direkt in die Augen geguckt.«
    Werners Gesicht verhärtete sich. »Dann ist er also der Täter: ›Son of Sven‹.«
    Fabel runzelte die Stirn. »Ich weiß es nicht. Wenn er es ist, warum hat er mich dann nicht getötet?«
    »Er hat sich verdammt viel Mühe gegeben, es zu tun«, sagte Maria. 
    »Nein, das glaube ich nicht. Der Doktor hier meint, er habe einen sehr fachmännischen Griff angewandt. Er hat gewusst, wie man jemanden in Ohnmacht versetzt. Wenn er mich hätte töten wollen, hätte er mich ohne viel Lärm umbringen können, statt mich auf Angelika Blüms Bett zu legen.«
    »Aber wir haben ihn an zwei Tatorten gesichtet. Dadurch ist er mehr als verdächtig«, protestierte Werner.
    »Wieso war er nach dem Mord dort? Und warum hat er die Wohnung erst jetzt durchsucht statt zur Zeit des Mordes?«
    »Vielleicht dachte er, er hätte etwas zurückgelassen«, mutmaßte Maria.
    »Wir alle wissen, dass dieser Mörder nichts zurücklässt. Außerdem hat Brauners Team die Wohnung ganz genau durchsucht. Die Leute hätten nichts übersehen, was unser Mann bestimmt gewusst hat. Und der Mann, der mich angegriffen hat, entspricht nicht der Beschreibung der Frau aus dem Wohnhaus.« Fabel unterbrach sich. Die Sonne drang durch das hohe, schmale Krankenhausfenster, malte ein helles Dreieck auf dem Teppich und funkelte kalt auf dem Porzellan, den rostfreien Rohren und den Hähnen des Waschbeckens an der Tür. Fabel schmerzte noch immer der Kopf. Er schloss die Augen und lehnte sich zurück auf sein Kissen. Dann fuhr er fort, ohne die Augen zu öffnen: »Vor allem machen mir die Stärke des alten Mannes und die Art und Weise zu schaffen, wie er

Weitere Kostenlose Bücher