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Jan Fabel 02 - Wolfsfährte

Jan Fabel 02 - Wolfsfährte

Titel: Jan Fabel 02 - Wolfsfährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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schob die Bilder von Paula Ehlers, Martha Schmidt und Laura von Klosterstadt zu Olsen hinüber. »Sagen Ihnen diese Gesichter etwas?« Er nannte die Namen und die Örtlichkeiten.
    »Das Model kenne ich. Ich meine, ich weiß, dass sie berühmt ist und so weiter. Aber persönlich kenne ich keine von ihnen.«
    Fabel beobachtete Olsen. Der Mann sagte entweder die Wahrheit, oder er war ein geschickter Lügner. Aber an Geschick fehlte es ihm. Fabel dankte Olsen und seinem Anwalt und ließ den Mechaniker in seine Untersuchungshaftzelle zurückbringen. Anna und Fabel blieben im Vernehmungszimmer. Sie hatten endlich eine Verbindung – eine Spur, der sie folgen konnten. Aber es war frustrierend, dass sie keinen weiteren Anhaltspunkt finden konnten, der sie näher an den Gesuchten heranführte.
    Fabel rief seine Mutter an. Er fragte nach ihrem Befinden und bat sie dann, mit Susanne sprechen zu dürfen. Als sich Susanne meldete, teilt er ihr mit, dass er eine Kopie des Briefes zum Institut für Rechtsmedizin geschickt habe, und ging schon mal die Einzelheiten mit ihr am Telefon durch. Er verwies auf die Erwähnung von Dorothea Viehmann und die Unterzeichnung als »Märchenbruder« und wiederholte, was er von Weiss über beides erfahren hatte.
    »Eine Möglichkeit scheint sich anzubieten«, sagte Susanne. »Vielleicht ist oder war eine Mutter oder eine andere ältereFrau der dominierende Faktor im Leben des Mörders. Aber genauso gut könnte sich aus der Unterschrift ›Märchenbruder‹ folgern lassen, dass ein Bruder eine große Rolle in seinem Leben spielte und dass er diese Beziehung nun auf Weiss überträgt. Ich werde mir den Brief sehr genau ansehen, wenn ich am Mittwoch zurückkomme, obwohl ich nicht glaube, dass ich viel herauskriegen werde.« Sie hielt inne. »Ist bei dir alles in Ordnung? Du klingst müde.«
    »Die nächtliche Fahrt und der Schlafmangel machen sich allmählich bemerkbar«, bestätigte er. »Gefällt es dir bei uns?«
    »Deine Mutter ist wunderbar. Und Gabi und ich lernen einander gut kennen. Aber ich vermisse dich.«
    Fabel lächelte. Es war schön, vermisst zu werden. »Ich dich auch, Susanne. Dann bis bald.«
    Er legte den Hörer auf und wandte sich zu Anna um, die grinste, als wollte sie sagen: »Ach, wie süß.« Er ignorierte ihren Blick.
    »Anna…« Sein Ton war nachdenklich, als wäre die Frage noch nicht ausformuliert. »Du weißt doch, dass Fendrichs Mutter tot ist?«
    »Ja.«
    »Woher denn?«
    »Na ja… weil er es mir erzählt hat. Ich habe nicht weiter nachgeforscht… Warum sollte er gelogen haben?« Sie überlegte, und dann leuchtete etwas hinter der Müdigkeit in ihren Augen auf. »Ich überprüfe die Sache, Chef.«

53.
    Hamburg-Ohlsdorf, Freitag, den 23. April, 7.30 Uhr
    Fabel war am Vorabend spät aus dem Präsidium nach Hause gekommen. Er war erschöpft und gereizt gewesen – eine überdrehte Müdigkeit, die ihn nicht schlafen ließ. Deshalb war er noch lange aufgeblieben und hatte ferngesehen, was er sehr selten tat. Er hatte sich Ludger Abeln angeschaut, der die Nachrichten in der plattdeutschen Sendung des Regionalmagazins »Hallo Niedersachsen« verlas, mit der der Norddeutsche Rundfunk die alte Sprache förderte. Abelns Emsländer Stimme hatte Fabel beruhigt. Sie erinnerte ihn an seine Heimat, seine Familie, an die Menschen, mit denen er aufgewachsen war. Ihm fiel ein, wie er Susanne gegenüber beteuert hatte, dass nun Hamburg seine Heimat sei, dass er hierher gehöre. Doch entmutigt und bis zur Schlaflosigkeit erschöpft, hatte er das Gefühl gehabt, dass sich der Dialekt seines Geburtsorts wie eine Schmusedecke um ihn legte.
    Im Anschluss an die Nachrichten hatte Fabel ziellos von einem Kanal zum anderen gezappt. 3sat zeigte den Stummfilm Nosferatu , F. W. Murnaus expressionistischen Horrorklassiker. Fabel hatte beobachtet, wie sich das flackernde Schwarzweiß des Filmes über die Wände seiner Wohnung tastete und wie der von Max Schreck gespielte Vampir Orlok drohend auf ihn zuzuschleichen schien. Noch eine Legende. Noch eine gruselige Geschichte von Gut und Böse, die zu einem deutschen Meisterwerk geworden war. Fabel wusste, dass auch dieser Stoff ausländischen Ursprungs war: Murnau hatte die Geschichte schamlos von dem britischen Autor Bram Stoker plagiiert. Stokers Buch trug den Titel Dracula , und seine Witwe hatte eine Verfügung gegen Murnau erwirkt. Alle Kopien des Filmes wurden daraufhin vernichtet – alle bis auf eine. Dadurch war ein klassisches Werk erhalten

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