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Jan Fabel 04 - Carneval

Titel: Jan Fabel 04 - Carneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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nicht in der Zeit zurückgereist war. Keine Sterne, kein wogendes Gras.
    Maria rannte tief gebückt die Straße zurück, bis sie den Feldweg erreichte und in ihr Auto steigen konnte. Sie knallte den Schlag zu und umklammerte das Lenkrad. Der Schlüssel in der Zündung trug noch den Anhänger des Gebrauchtwagenhandels, von dem sie den Saxo gekauft hatte. Sie konnte den Schlüssel drehen, auf die Straße zurücksetzen und innerhalb von Minuten auf der Autobahn in Richtung Hamburg sein. Sie konnte alles hinter sich lassen. Neu beginnen.
    Mit plötzlicher Entschlossenheit ließ Maria das Handschuhfach aufschnappen, holte sowohl ihre Dienstwaffe, die Sig-Sauer-Automatik, als auch die illegale 9mm-Glock hervor und schob sie in ihre Taschen. Dann streckte sie die Hand nach ihrem Feldstecher aus und lief erneut den Weg entlang.
    Auf dem Feld gab es keine Deckung. Es würde fast unmöglich sein, es ungesehen zu überqueren. Buslenko hatte bestimmt gewusst, was er tat. Witrenko und sein Team wussten unzweifelhaft ebenfalls, was sie taten. Aber Maria fehlte die Ausbildung für solche Aktionen. Rasch, doch leise näherte sie sich der Ecke des Feldes, wo ein schmaler, windgebeugter Baum und etwas blattloses Strauchwerk kargen Schutz boten. Sie musterte das Feld, die geparkten Autos und die Scheune mit ihrem Fernglas. Nichts. Keine Posten, kein Lebenszeichen. Nicht einmal die geringste Beleuchtung innerhalb der Scheune. Und kein Zeichen von Buslenko.
    Maria setzte sich auf das feuchte Gras und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Baum. Kein Geräusch außer dem des Windes. Kein Hinweis darauf, dass ein anderer Mensch Marias dunkles, angsterfülltes Universum mit ihr teilte. Sie nahm die eine Waffe, dann die andere, zog die Schlitten zurück, sodass je eine Kugel in die Kammer glitt, und löste den Sicherheitshebel. Die Sig-Sauer schob sie wieder in ihre Tasche. Sie konnte den Dunst ihres schweren Atems in der frostigen Luft erkennen.
    Maria atmete tief ein und lief über das Feld auf die Scheune zu. Sie duckte sich so tief wie möglich und hielt die Automatik steif zur Seite. Als sie ungefähr die halbe Strecke zurückgelegt hatte, ging das Licht an.
    9.

    Marias Instinkt reagierte schneller, als ihr Gehirn die Tatsache verarbeiten konnte, dass ein Licht im Gebäude jäh einen gelben Strahl über das Feld warf. Sie ließ sich auf die kalte, feuchte Erde fallen und blieb einen Moment lang flach mit ausgebreiteten Armen und Beinen und gesenktem Kopf liegen. Da ihr bewusst war, dass man sie immer noch sehen konnte, rollte sie sich rasch auf die Seite und zurück in die Dunkelheit.
    Sie blickte auf. Das Scheunenfenster war ein leeres gelbes Quadrat in der Finsternis. Dann erschien eine Gestalt – nur kurz, doch lange genug, um Maria das gleiche erschreckende Gefühl des Wiedererkennens empfinden zu lassen. Sie richtete ihre 9mm-Glock auf die Silhouette, doch dann war Witrenko verschwunden. Maria sprang auf, ließ das Fenster nicht aus den Augen und rannte zwanzig Meter weiter, bevor sie sich wieder auf den Boden warf. Sie musterte das Feld, das erhellte Fenster und den Umkreis der Scheune. Niemand. Dies war zu leicht. Und wo zum Teufel war Buslenko?
    Eine Welle der Panik ergriff Maria, als sie an ihr Funkgerät dachte: Es war noch eingeschaltet. Seit mehreren Minuten hatte es keinen Kontakt zwischen ihr und Olga gegeben. Olga konnte sich jede Sekunde melden und Witrenkos Gangster auf Maria aufmerksam machen. Verzweifelt wühlte sie in der Innentasche ihres Mantels, zog das Gerät ungeschickt hervor und ließ es fallen. Sie bedeckte es mit ihren Handschuhen, um jeden Laut zu ersticken, und ihr Finger ertastete den Abstellknopf. Nachdem sie es ausgeschaltet hatte, atmete sie erleichtert auf und ließ ihre Stirn auf der kalten Erde ruhen.
    Maria war der Scheune inzwischen so nahe, dass sie nun, um wenigstens etwas weniger sichtbar zu sein, nach Soldatenart über das Feld kroch. Schließlich erreichte sie die Steinmauer und presste den Rücken dagegen. Sie schaute zurück über das leere Feld mit dem Farnkraut und der Hecke an den Seiten. Ihr Instinkt bäumte sich in ihr auf. Dies war falsch. Grundfalsch. Alles erinnerte sie an das andere Feld und die andere Scheune. Es war zu leicht gewesen, das Feld unbemerkt zu überqueren. Genau wie in jener anderen Nacht, als Witrenko sich so sicher gefühlt hatte, dass er mit minimalen Schutzmaßnahmen zufrieden gewesen war. Aber diesen Fehler würde er bestimmt nicht wiederholen. Und diesmal war

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