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Jan Fabel 04 - Carneval

Titel: Jan Fabel 04 - Carneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Auch Andrea würde in Sicherheit sein.
    Etwas, jemand bewegte sich hinter dem Fenster. Tansu lächelte leise. Anscheinend bildete sie sich etwas ein. Sie hätte schwören können, dass es … Nein, das war Wahnsinn. Das Licht ging aus. Tansu griff nach ihrem Walkie-Talkie. Bloß gab es nichts zu melden. Was sie zu sehen geglaubt hatte, widersprach jeder Vernunft. Wahrscheinlich war Andrea schlicht ins Bett gegangen, um die Weiberfastnacht hinter sich zu bringen. Tansu beschloss, die Sache trotzdem zu überprüfen.
    Auf der Straße wimmelte es immer noch von Menschen, und Tansu musste Gruppen von Feiernden ausweichen, um den Eingang zu Andreas Gebäude zu erreichen. Sie drückte auf den Summer und wartete eine Minute lang vergeblich auf eine Antwort. Gerade wollte sie den Summer noch einmal betätigen, als eine Gruppe von Partygängern die Treppe herunterkam. Tansu hielt die Tür an, bevor sie hinter ihnen zufiel, und stieg die Treppe hinauf.
    Sie klopfte an Andreas Wohnungstür. Keine Antwort. Sie klopfte lauter.
    »Andrea!«, rief sie durch die geschlossene Tür. »Andrea! Hier ist Kommissarin Bakrac von der Kriminalpolizei. Machen Sie auf!«
    Wiederum keine Antwort, doch diesmal hörte Tansu Geräusche aus der Wohnung. Ihr Herz pochte. Was war, wenn ihr erster Eindruck sie nicht getrogen und sie die Gestalt wirklich am Fenster gesehen hatte? Sie zog ihre Dienstpistole aus dem Halfter, legte den Sicherungshebel um und richtete die Waffe nach oben. »Andrea … Ich glaube, Sie sind in Gefahr. Ich komme rein.« Tansu machte einen Schritt zurück und atmete tief durch. Dann trat sie mit dem Stiefel gegen die Tür. Noch einmal. Das Holz um das Schloss zersplitterte, und die Tür flog auf. Sie konnte die Einzelheiten des Wohnungsflurs erkennen, doch die von ihm abgehenden Zimmer lagen im Dunkeln. Durfte sie wertvolle Sekunden verlieren und Hilfe anfordern? Bis dahin konnte Andrea tot sein.
    Tansu schob sich, den Rücken an die Wand gepresst, durch den Flur. Sie stieß ein aufgehängtes Foto vom Haken, und es krachte zu Boden. Tansu stellte fest, dass es das Bild einer jungen Frau war: hübsch mit langem bräunlichem Haar und einem wallenden Sommerkleid. Vera, bevor sie ihren Körper durch Gewichtheben und Steroide verhunzt hatte. Bevor sie Andrea geworden war. Bevor der Scheißkerl Lüdeke sie um den Verstand gebracht hatte.
    »Andrea?« Tansu glitt in den Türrahmen des ersten Zimmers und schwenkte ihre Pistole in der Dunkelheit hin und her. Nichts. Aber sie hatte Andrea in der Wohnung gehört. Oder irgendjemanden. Rasch trat sie zurück in den Flur. Die Tür des nächsten Zimmers war geschlossen. Sie streckte die Hand nach dem Griff aus, doch die Tür öffnete sich jäh, und eine Gestalt machte zwei Schritte in den Flur hinein und prallte mit Tansu zusammen.
    Das jähe Erscheinen des Clowns brachte sie für einen Sekundenbruchteil aus der Fassung, sodass er das Gelenk ihrer Hand mit der Waffe festhalten konnte. Sie taumelte zurück, doch der Clown hatte sie mit eisernem Griff gepackt. Er schmetterte ihre Hand immer wieder an den Türpfosten, bis sich ihre Finger lockerten und die Pistole klappernd zu Boden fiel. Tansu holte mit ihrer freien Faust nach dem bemalten Kopf des Clowns aus, doch der blockierte ihren Schlag mit einem steinharten Unterarm. Sie mühte sich vergebens, ihre andere Hand zu befreien. Der Clown packte sie an der Kehle und stieß sie mit schrecklicher Wucht an die Wand. Der Aufprall raubte Tansu den Atem, und sie schnappte verzweifelt nach Luft. Der Clown ließ ihre Kehle los und rammte ihr die Faust knapp unter dem Zwerchfell in den Bauch, wodurch ihr auch das letzte bisschen Sauerstoff aus der Lunge getrieben wurde.
    Tansu spürte, wie er ihr etwas um den Hals schlang. Die Schnur straffte sich, und sie konnte ihm nur noch ins Gesicht starren. In sein groteskes Clownsgesicht.
    4.

    Fabel und Scholz rannten den Korridor entlang und stiegen in den Lift zum Fahrzeugpark. »Es wird eine Fahrt durch den Schlamm«, sagte Scholz. »Wir nehmen einen der großen SEK-Transporter und schalten Blaulicht und Sirene ein. Hoffentlich teilt sich das Rote Meer für uns.« Er versuchte erneut, Tansu zu erreichen. Nichts. »Außerdem sind Streifenwagen aus der Umgebung dorthin unterwegs. Du wusstest es, nicht wahr? Woher denn?«
    »Du meinst, was Herrn Hoeffer betrifft? Die Art der Pornografie stimmte nicht. Es gibt zwei Typen von Vorarephilen: solche, die Fantasien darüber entwickeln, einen anderen Meschen zu essen,

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