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Jan Fabel 04 - Carneval

Titel: Jan Fabel 04 - Carneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Blick auf die Automatikpistole an ihrem Hosenbund werfen konnte. »Aber wenn Sie die Polizei anrufen, dann doch.«
    Er legte den Hörer nieder.
    An der Tür wurde ihr der Weg von einem gerade hereinkommenden Paar verstellt. Das Mädchen war eine jüngere Version der anderen Frauen in der Kneipe: grell gekleidet und mit einem Goldstecker an der Nase. Ihr Begleiter war ein Riese und trug denselben Ledermantel wie während des ganzen Tages, an dem Maria ihm gefolgt war. Viktor musterte den keuchenden dicken Mann, der in einer Pfütze aus Blut und Bier auf dem Boden lag, den Wirt, der noch die Hand auf dem Telefon hatte, und schließlich Maria. Er grinste amüsiert und machte ihr höflich Platz.
    Maria rannte hinaus. Die kalte Nachtluft schlug ihr ins Gesicht, und stumm vor sich hin schluchzend lief sie die Straße in der ihrem Parkplatz entgegengesetzten Richtung hinunter. Das Auto würde sie später abholen müssen, damit Viktor oder der Wirt nicht das Kennzeichen sahen.
    Sie ging an einer Reihe Häuserblocks vorbei, ehe sie ein Taxi anhielt. In ihrem Hotel wechselte sie rasch die Kleidung und nahm dann ein zweites Taxi zurück zu ihrem Auto. Sie schaute weder zu der Kneipe noch zu Viktors Wohnung hinüber, bevor sie sich in der Dunkelheit des Saxos befand.
    Verdammt, dachte sie, alles ist versaut. Sie hätte kaum mehr tun können, um Viktor auf sich aufmerksam zu machen. Zwar war es ihr gelungen, ihn bis zu seiner Wohnung zurückzuverfolgen und sich die Adressen oder Teiladressen seiner Abkassierstellen zu notieren, doch sie hatte den nächsten wichtigen Schritt des Verfahrens nicht beobachten können: Viktors Übergabe des Bargelds. Er würde eine derart große Summe nicht lange behalten, sondern jemand würde sie bei ihm abholen oder sie sich von ihm überbringen lassen. Und zwar regelmäßig. Doch nun kannte er Marias Gesicht. Das wäre in Hamburg, bei einer offiziellen Überwachung, kein Problem gewesen, denn die Autos und Gesichter hätten einander dauernd abgelöst. Ein Fünferteam von Verfolgern war fünfmal schwerer zu entdecken als ein einziger Beobachter. Sie wünschte sich, ihre Kollegin Anna Wolff in Hamburg anrufen zu können. Aber es gab keine Möglichkeit, Anna, Fabel oder sonst jemanden um Hilfe zu bitten. Dies war Marias persönlicher Kreuzzug, und sie hatte die ganze Sache vermasselt. Nun musste sie selbst einen Ausweg finden.
    Vielleicht waren Viktor und sein Flittchen noch in der Kneipe. Sollte sie in seine Wohnung einbrechen, um nach einem Hinweis auf Viktors Kontakte zur nächsthöheren Stufe in Witrenkos Organisation zu suchen? Sie biss sich auf die Lippe und umklammerte das Lenkrad. Warum dachte sie wie eine Anfängerin? Sie war ein wertloses Nervenbündel, das als Polizistin versagt hatte und im Leben nichts mehr zustande bringen würde.
    Maria ließ den Motor an und setzte sich ziellos in Bewegung. Sie überquerte die Zoobrücke zum anderen Rheinufer. Nach etwa einer halben Stunde fand sie eine Tankstelle mit einem daran angebauten, rund um die Uhr geöffneten amerikanischen Burgerrestaurant. Sie bestellte sich eine Riesenportion Burger und Pommes, stopfte sich das Essen in den Mund, schluckte große Brocken, ohne lange zu kauen, und kippte dazu Cola hinunter. Als alles verschwunden war, ging sie an den Tresen und bestellte noch einmal das Gleiche, wobei sie die Kellnerin herausfordernd anstarrte.
    Nachdem Maria die zweite Portion verzehrt hatte, betrat sie die Toilette des Burgerrestaurants, kniete sich vor die WC-Schüssel und steckte sich den Finger in den Rachen.
    6.

    Oberkommissar Benni Scholz machte nur selten ein finsteres Gesicht, doch nun, während er auf den Fernsehschirm schaute, legte sich seine breite Stirn unter dem dunklen Haarschopf in Falten. Dies war wahrscheinlich die bedeutendste, für die Öffentlichkeit sichtbarste Aufgabe, die er seit seinem Eintritt in die Polizei vor fünfzehn Jahren zu erledigen hatte. Jeder einzelne Beamte bei der Kölner Polizei würde ihn nach seinem Erfolg oder Misserfolg beurteilen. An einen solchen Stress und so viel Druck war er überhaupt nicht gewöhnt.
    Scholz’ Büro war dunkel. Nur eine kleine Schreibtischlampe und das Flackern des Fernsehapparats lieferten etwas Licht. Ein großer, schlanker Kommissar in Uniform saß neben ihm. Auch er konzentrierte sich stirnrunzelnd auf den Bildschirm.
    »Wer war dafür verantwortlich, Rudi?«, fragte Scholz, ohne die Augen vom Fernseher abzuwenden.
    »Hasek.«
    »Hasek!« Scholz drehte sich Rudi

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