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Jan Fabel 04 - Carneval

Titel: Jan Fabel 04 - Carneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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vierstöckigen Wohnblocks gesäumte Straße einbog. Mittlerweile waren nur noch ihr Saxo und Viktors Chrysler auf der Fahrbahn. Maria beschloss, ihre Aktion abzubrechen, um nicht von Viktor als Verfolgerin identifiziert zu werden. Sie bog links ab, machte eine Kehrtwendung, sodass sie auf die Straße blickte, die sie verlassen hatte, und parkte am Bordstein.
    Maria schimpfte leise vor sich hin. Sie nahm den Kölner Stadtplan aus dem Handschuhfach und suchte nach Ossendorf. Ihr Instinkt hatte sie nicht getrogen. Dies war eine Wohngegend ohne Durchfahrtstraße zu einem anderen Stadtteil. Entweder wohnte Viktor hier, oder er trieb weiteres Geld ein. Sie würde eine halbe Stunde lang warten. Wenn er nur Geld einsammelte, würde er die Gegend vermutlich schon eher verlassen; wahrscheinlich auf derselben Route, auf der er gekommen war. Falls sie sich irrte, würde sie Slawkos Wohnung jeden Tag beobachten und Viktors Spur später erneut aufnehmen.
    Maria war hungrig. Sie hatte seit ihrem kargen, aus Kaffee und Toast bestehenden Frühstück nichts gegessen. Da der Motor ausgeschaltet war, konnte sie nicht einmal die Heizung anstellen. Ihr abgemagerter Körper schien bis ins Mark abgekühlt zu sein. Das alte Gefühl. Die Kälte ängstigte sie.
    Maria schaute auf ihre Uhr: 15.15. Die Dämmerung begann bereits einzusetzen. Bald würde es ihr schwerfallen, den Chrysler zu erblicken. Sie erinnerte sich an ihren Schock, als Viktors Auto an der Ampel hinter ihr erschienen war. Was, wenn er ihre Absicht von Anfang an durchschaut hatte? Alle möglichen Ängste stiegen in ihr auf. Sie drehte den Kopf, um sich zu überzeugen, dass Viktor nicht in seinem amerikanischen Monstrum hinter ihr lauerte. Nein. Maria schaute wieder nach vorn. Reiß dich zusammen, ermahnte sie sich, reiß dich bloß zusammen.
    In diesem Moment sah sie das unglaublich lange Profil von Viktors Chrysler am Ende der Straße vorbeigleiten. Er hatte tatsächlich Geld abgeholt und kehrte nun zurück. Sie stellte die Scheinwerfer an, startete den Motor und folgte ihm.
    4.

    Dreizehn … vierzehn … fünfzehn …
    Andrea zählte stumm und konzentrierte sich auf ihre Atmung. Mit zusammengekniffenen Lippen sog sie die Luft ein.
    Sechzehn … siebzehn …
    Sie hatte den Hanteln noch zwei weitere Kilo hinzugefügt. Wenn sie zwanzig Wiederholungen in drei Sets vollführte, würde sie am Ende ihrer Übung hundertzwanzig zusätzliche Kilo gestemmt haben.
    Achtzehn … neunzehn …
    Sie spürte, wie sich ihre Kiefermuskeln bei jedem Stoß anspannten. Wer so trainierte, würde nie ein Lifting benötigen. Sie war einem sich strahlenförmig ausbreitenden Stress ausgesetzt. Bei jeder Übung wurde ein ganz spezifischer Teil des Körpers mit einer bestimmten Muskelgruppe angesprochen, um den Trainingseffekt zu erhöhen. Aber Hals und Kiefer spannten sich stets unter der Belastung. Das erste Anzeichen dafür, dass jemand mit dem Gewichtheben begonnen hatte, erschien nicht am Körper, sondern im Gesicht.
    Zwanzig.
    Sie ließ die Hantel langsam in die Ruheposition zurückgleiten. Das war der große Vorteil einer Kraftstation: Man brauchte niemanden, der einem bei den Übungen half. Allerdings wusste Andrea, dass die freien Gewichte für die Entwicklung von Masse und Definition am günstigsten waren: das System, das seit den Sporthallen der Griechen und Römer verwendet wurde. Aber diese Hightechgeräte ermöglichten ihr, auf den Kontakt mit anderen Studiobesuchern zu verzichten.
    Sie trank aus ihrer Wasserflasche. Dann besprühte sie die Sitzbank und die Lehne mit einem antibakteriellen Spray, bevor sie alles trockenwischte. Das gehörte zu den Spielregeln des Studios. Sie trainierte gern zu dieser Abendstunde, denn dann war es immer ruhig. Wenige Menschen, kaum Lärm, kein Geplapper. Sogar das übliche Tanzmusikgeriesel war abgeschaltet.
    Andrea ging zum Beindehnungsgerät hinüber. Sie machte eine Reihe Streckübungen für ihre Beinsehnen, bevor sie den Sitz und die gepolsterte Schienbeinstütze zurechtrückte. Dann zog sie den Bolzen heraus, den der letzte Benutzer zwischen die Gewichte gesteckt hatte, und fügte zehn Kilo hinzu.
    Eins … zwei … drei …
    Sie spürte das ihr bekannte straffe Kribbeln. Es zeigte an, dass Milchsäure ins Muskelgewebe ausgeschüttet wurde, um es zu befeuchten und die Spannung zu mindern. Das fühlte sich gut an. Sinnlich. Ihr fuhr ein wohliger Schauer durch Glieder und Brust. Der Grund war, dass ihr Körper zur Bekämpfung des Schmerzes Endorphine

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