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Jan Fabel 05 - Walküre

Titel: Jan Fabel 05 - Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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sadistisches Ungeheuer. Er war der Anführer einer paramilitärischen Bande, die sich psoglav nannte. Das bedeutet auf Serbisch >Hundekopf<, aber es hat un­ter bosnischen Serben anscheinend einen tiefen mythologi­schen Sinn. In jedem anderen Rahmen, etwa in einer europäi­schen Stadt zu Friedenszeiten, wäre er als Sexualverbrecher und Pädophiler verurteilt worden. Aber in Kriegssituationen be­gehen manche Männer Taten, zu denen sie sonst vielleicht nie fähig gewesen wären.«
    »Nicht alle Männer.«
    »Nein ... nicht alle. Aber in einem militärischen Rahmen scheint es ein neues Wertesystem, eine andere Moral, zu geben. Kriegsvergewaltigung ist ein Akt der kulturellen Erniedrigung und manchmal, wie in Bosnien, des Völkermords: ein bewusster Versuch, den Genbestand des Feindes zu vernichten, indem man der weiblichen Bevölkerung Schwangerschaften und Ge­burten aufzwingt. In Bosnien war dies so offensichtlich eine Militärstrategie, dass die UN es zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit erklärte. Außerdem gibt es Forschungen, die vermuten lassen, dass hier noch ein anderer Aspekt zu berück­sichtigen ist: Die Teilnahme an einer Massenvergewaltigung ist für Männer innerhalb einer militärischen Gemeinschaft ein Bonding-Mechanismus. Es gab Indizien - keine Beweise, son­dern eher Gerüchte und Hörensagen -, dass Vujacic Vergewal­tigungen zu genau diesem Zweck einsetzte. Dadurch wurde er noch schlimmer als viele andere. Vujacic rechtfertigte dieses Vorgehen und machte es zu einem Werkzeug. Aber, wie gesagt, wir hatten nie die Möglichkeit, dies vor Gericht zu beweisen.«
    »Er mag sich aus einer Strafverfolgung herausgewunden ha­ben, doch jemand hat ihn in Kopenhagen erwischt.«
    »Ich weiß. Es war ein zu schneller Tod. Jedenfalls nach dem zu schließen, was ich darüber gelesen habe. Was hat Vujacic mit Jake zu tun?«
    »Nichts«, erwiderte Fabel und lächelte. »Nicht das Ge­ringste. Sein Name ist einfach in Zusammenhang mit einer an­deren Angelegenheit aufgetaucht. Ich wusste, dass er am Bos­nienkrieg und an der Einrichtung der Vergewaltigungslager beteiligt war.«
    »Leider ist der Fall Vujacic nun zu den Akten gelegt. Wie erwähnt, ein rascher Tod durch einen Messerstich ins Herz ist keine gerechte Strafe für all die Verbrechen, die er begangen hat. Obwohl ich verstehe, warum es dazu kam.«
    »Wahrscheinlich war die Ursache eine andere, nämlich die Rivalität zwischen Bossen des organisierten Verbrechens.« Fa­bel trank seine Tasse aus und erhob sich. »Vielen Dank für Ihre Zeit, Frau Meissner. Wenn Ihnen noch irgendetwas einfällt, das Sie für relevant oder auch nur für nebensächlich halten, rufen Sie mich bitte an.«
    Er reichte ihr seine Visitenkarte der Polizei Hamburg mit der Nummer der Mordkommission.
    Petra Meissner lächelte. »Sehr gern.«
     

10.
     
    Hamburg ist eine Stadt der niedrigen Bauten. Mit Ausnahme des Fernsehturms dominieren die fünf protestantischen Kir­chen, die einzige katholische Kathedrale und das Rathaus die Skyline des Stadtzentrums. Im Laufe der Jahre hatten die Pla­ner dafür gesorgt, dass nichts im Stadtkern die Höhe der alten Kontorhäuser übertraf.
    Allerdings war es zu gelegentlichen Ausfällen gekommen, weshalb das eine oder andere monolithische Hotel vom Rand des Stadtzentrums finster über Hamburg hinwegblickte. Im Unterschied zu Frankfurt oder London unterließ man jedoch jeden Versuch, eine amerikanische Skyline nachzuäffen. Ham­burg verzichtete auf ein Canary Wharf. Vielmehr stellten sich die Architekten der gestalterischen Herausforderung, eindrucks­volle Gebäude zu entwerfen, die mit dem Charakter und der Geschichte der Stadt harmonierten. Das galt allerdings nicht für das HanSat-Gebäude. In der Neustadt gelegen, war die fun­kelnde Zentrale des Satellitensenders einer jener Konzerntürme aus Glas und Stahl, deren Wolkenkratzer-Ambitionen man buchstäblich hatte kappen müssen. Sylvie Achtenhagens Büro lag im dritten von zehn Stockwerken. Sie war gerade dorthin zu­rückgekehrt, nachdem sie ihren Beitrag zum Abendprogramm gefilmt hatte, als sich die Tür öffnete und Andreas Knabbe, ohne anzuklopfen, eintrat.
    »Wie geht's?«, fragte Knabbe auf seine übliche Art, die ver­muten ließ, dass er sich den Teufel darum scherte, wie es ihr oder sonst jemandem ging. Er ließ sich auf dem Rand ihres Schreibtisches nieder.
    »Was kann ich für Sie tun, Herr Knabbe?« Sie lächelte mit dem gleichen Grad an Aufrichtigkeit.
    »Ich habe

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