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Jan Fabel 05 - Walküre

Titel: Jan Fabel 05 - Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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er sei zu müde und fühle sich nicht gut. Er wolle schnellstens in sein Hotel zurückkehren und sich ausschlafen. Wie sich dann zeigte, war das nichts als eine dumme Ausrede. Wir haben die Party trotzdem abgehalten, und sie verlief sehr positiv. Da die Politikerinnen nicht von un­serem Star abgelenkt wurden, konnte ich mir einige von ihnen schnappen. Allerdings nicht Bransted. Sie hat sich ebenfalls so­fort nach dem Konzert verabschiedet.«
    »Also gut ...« Fabel zögerte einen Moment lang. »Was macht Ihre Stiftung eigentlich genau? Ich weiß, welchem Prob­lem sie sich widmet, aber was unternimmt sie im Einzelnen?«
    »Wir haben drei Ziele. Unsere Priorität besteht darin, Kon­flikte und Regionen zu identifizieren, wo Vergewaltigung sys­tematisch als Kriegswaffe benutzt wird. Dann setzen wir uns für internationale Maßnahmen ein, damit die Frauen in solchen Gebieten geschützt werden. Wir versuchen, hier in Deutsch­land und überall in der EU auf Politiker entsprechend Einfluss zu nehmen. Manchmal auch außerhalb der EU. Und wenn mög­lich, schicken wir Leute vor Ort an die Krisenherde.«
    »Ist das nicht riskant?«
    »Es kann gefährlich sein. Sehr gefährlich. Aber wir haben ein Team von Freiwilligen - Ärzte, Krankenschwestern und Psychologen -, das sehr engagiert ist. Herr Fabel, wer den Op­fern von Kriegsvergewaltigungen begegnet, vergisst es nie. Da­durch wird man stark motiviert.
    Unser zweites Ziel besteht darin, das Bewusstsein für Kriegs­vergewaltigungen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Allgemeinen und im historischen Sinne zu schärfen. Drittens liefern wir Beweismaterial, um die Verhaftung und Strafverfol­gung von Befehlshabern und einzelnen Soldaten, die an Verge­waltigungsfeldzügen teilgenommen haben, zu erleichtern. Da­bei müssen wir sehr vorsichtig vorgehen, denn, wie gesagt, wir haben in diesen Zonen häufig Leute vor Ort, und wir wollen sie keinen zusätzlichen Gefahren aussetzen. Die militärischen und paramilitärischen Gruppen, die für die Untaten verantwortlich sind, würden nicht zögern, potenzielle Zeugen zu erschießen. Aber wir haben zur erfolgreichen Strafverfolgung von Kriegsvergewaltigern in Bosnien, Somalia und Ruanda beigetragen.«
    »Und Sie erhalten all Ihre Unterstützung hier, in Deutsch­land?«
    »Wir sind eine internationale Wohltätigkeitsorganisation mit Geschäftssitzen in einer Reihe von EU-Staaten, aber Sie haben recht: Unser Hauptsitz ist hier, und unsere Mittel stam­men überwiegend aus deutschen Spenden. Ein unverhältnismä­ßig hoher Anteil, berücksichtigt man die wirtschaftlichen Pro­bleme, kommt aus dem früheren Ostdeutschland. Das ist bei genauerer Betrachtung allerdings plausibel.«
    »Wohl wahr«, nickte Fabel. »Am Ende des Zweiten Welt­kriegs ist mehr als eine Million - vielleicht sogar zwei Millio­nen - ostdeutscher Frauen von den einmarschierenden Sowjet­soldaten oftmals wiederholt vergewaltigt worden. In manchen Städten und Dörfern haben die Russen jedes weibliche Wesen zwischen zehn und achtzig Jahren geschändet, häufig vor ihren eigenen Angehörigen. Seit dem Fall der Mauer weiß man auch im Westen, dass das sowjetische Ehrenmal in Ostberlin seit Jahrzehnten als >Denkmal des unbekannten Vergewaltigers< be­zeichnet wurde.«
    »Man könnte argumentieren, dass die DDR ein Kind der Vergewaltigung gewesen ist«, erklärte Petra Meissner. »Wäh­rend ihrer Existenz war die DDR ein Staat, der den Missbrauch seiner Frauen nicht vergessen konnte. Ich weiß, wovon ich rede, denn ich bin in Dresden geboren worden. Sowohl meine Mut­ter, die damals zwölf Jahre alt war, als auch meine Großmutter waren Opfer. Das also ist er, Herr Fabel ... mein Beweggrund für den Kampf gegen Kriegsvergewaltigungen.«
    »Ich verstehe.« Ein verlegenes Schweigen. Fabel wusste nicht, was er zu Petra Meissners geschändeter Mutter und Großmutter sagen sollte - genau wie es ihm schwergefallen wäre, Jespersen gegenüber Stellung zu beziehen, wenn sie einander begegnet wären und Fabel aus erster Hand erfahren hätte, was dem Vater und Großvater des Dänen zugestoßen war. »Haben Sie je von einem Bosnier namens Vujacic gehört?«, fragte er schließlich und kramte nach seinem Notizbuch, um den Vornamen des Mannes nachzusehen.
    »Goran Vujacic?«, kam Petra Meissner ihm zuvor. »Natür­lich. Er hatte Glück, dass er sich aus einer Anklage heraus­schleimen konnte. Das fragwürdigste Alibi, dem ich je begegnet bin. Vujacic war ein besonders

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