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Jan Fabel 06 - Tiefenangst

Titel: Jan Fabel 06 - Tiefenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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passiert. Erinnerst du dich an den Mörder, der glaubte, er sei Teil eines Märchens?«
    »Ich erinnere mich an ihn.«
    »Vielleicht hatte er doch recht. Vielleicht gibt es gar keine Realität.« Paul schwieg ein paar Sekunden lang. »Hast du die Bücher gesehen?«
    »Welche Bücher?«
    »Die Bücher neben ihrem Bett.«
    »Ja, ich habe sie gesehen.«
    »Hast du sie jetzt bei dir? Sind sie mit dir im Wasser?«
    »Ich bin nicht im Wasser. Ich bin hier.«
    »Du bist im Wasser, Jan. Hast du die Bücher bei dir?«
    »Nein. Anna hat sie mitgenommen. In einem Beutel.«
    »Denk an die Bücher.« Paul runzelte die Stirn, sodass die Haut um die Schusswunde faltig wurde. »Vergiss die Bücher nicht.«
    Fabel wollte antworten, doch der Schlaf übermannte ihn. Das Zimmer wurde dunkel, und das Toben des Sturmes verstummte.
     
    Etwas versengte jeden Millimeter seines Körpers. Er hörte Donnergeräusche wie von krachenden Wellen, aber eines folgte dem anderen viel zu rasch. Der Schmerz verschärfte sich mit jedem Donnern, und Fabel begriff, dass es sein eigener Atem war. Etwas umschloss immer noch seine Nase und seinen Mund, und er griff danach.
    »Nicht aufregen.« Eine weibliche Stimme, die Autorität und Beruhigung ausstrahlte. »Es ist nur eine Sauerstoffmaske.«
    Er wollte aufstehen, doch noch mehr Hände hielten ihn sanft zurück.
    »Ich bin’s, Chef. Anna. Bald geht es dir besser. Du bist in einem Unfallwagen. Wir bringen dich ins Krankenhaus.«
    Fabels Sicht wurde klarer: Anna und eine Sanitäterin beugten sich über ihn. Sein volles Bewusstsein kehrte wie mit einem elektrischen Schlag zurück.
    »Hast du sie erwischt?« Er versuchte, sich aufzurichten, wurde jedoch erneut zurückgehalten. Schmerz pochte Übelkeit erregend in seinem Kopf. »Sie haben mich ins Wasser gestoßen. Sie wollten mich töten.« Noch jemand war in dem Rettungswagen. Eine männliche Gestalt saß auf der Bank neben Anna. Das Haar des Mannes war feucht-schwarz und klebte ihm an der Stirn, und eine Decke umhüllte seine gekrümmten Schultern.
    »Das ist Herr Flemming, Jan«, sagte Anna. »Er hat dich aus der Elbe gezogen. Er hat gesehen, wie dein Auto versank, und ist ins Wasser gesprungen, um dich zu retten.«
    Fabel erinnerte sich an die Hand über seiner Nase und seinem Mund, an den ihn umschlingenden Arm, der ihn in die Höhe zog.
    »Sie haben mir das Leben gerettet?«
    Flemming zuckte die Achseln unter der Decke. »Richtiger Ort, richtige Zeit.«
    »Es war mehr als das. Sie haben Ihr Leben für mich riskiert.«
    »Jan …« Fabel spürte ein Zögern in Annas Stimme. »Herr Flemming arbeitet für Seamark International.«
    »Aber ich dachte …«
    »Sie hatten recht, Herr Fabel«, sagte Flemming. »Wir sind Ihnen gefolgt. Aber wir sind auf derselben Seite – sozusagen. Ruhen Sie sich erst einmal aus. Ich werde auch ins Krankenhaus gebracht. Wir können uns später unterhalten.«
    »Haben Sie mich gestern Abend angerufen? Sind Sie der ›Klabautermann‹?«
    Flemming lachte. »Vielleicht war ich heute der Klabautermann, aber ich habe Sie nicht angerufen.«
    Fabel legte sich auf der Trage zurück. Der Sauerstoff erleichterte ihm das Atmen. Er schloss die Augen und versuchte, die Übelkeit zurückzudrängen, die ihn mit mächtigen Wellen überschwemmte. Der Rettungswagen setzte sich in Bewegung und holperte über irgendein Hindernis. Fabel riss sich die Sauerstoffmaske ab, drehte sich zur Seite und erbrach sich über den Rand der Trage. Die Sanitäterin stützte ihn, während sein Würgen endete. Dann fragte sie ihn, ob er sich besser fühle, und half ihm, sich wieder auf den Rücken zu legen. Fabel spürte den Druck ihrer Fingerspitzen an seinem Handgelenk, während sie seinen Puls fühlte, und er war ein wenig überrascht, als ihm die Lider zufielen. Er würde schlafen.
     
    Susanne traf ungefähr eine halbe Stunde nach seiner Aufnahme im Krankenhaus St. Georg ein. Sie wirkte erschüttert, und Fabel machte sich größere Sorgen um sie als um sich selbst. Während er nach einer Stunde erneut untersucht wurde, blieb sie an seinem Bett sitzen. Ihre betrübte Miene wollte sich nicht aufheitern, wie oft er ihr auch versicherte, dass es ihm gut gehe, und wie oft die Ärzte ihr auch erklärten, dass es keinen Grund zur Besorgnis gebe.
    »Ich habe nicht viel Wasser geschluckt«, sagte er. »Dafür hat dieser Flemming gesorgt. Er hat mich wirklich schnell herausgeholt, Susanne. Alles ist in Ordnung, wirklich.« Er berührte ihre Wange und lächelte. Sie

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