Jan Fabel 06 - Tiefenangst
legte die Hand über seine.
»Sie wollten dich töten, Jan«, stammelte sie fassungslos. »Die Wahnsinnigen glauben tatsächlich, dass sie es sich leisten können, einen hohen Hamburger Polizeibeamten umzubringen.«
»Soweit ich die Sache beurteilen kann, werden sie ungestraft davonkommen. Wir haben nichts, um das Fahrzeug, das mich gerammt hat, mit dem Pharos-Projekt oder den Beschützern Gaias in Verbindung zu bringen. Oder überhaupt mit irgendjemandem. Aber wir werden sie schnappen, keine Sorge, Susanne. Wir werden sie schnappen.«
Anna Wolff trat ein. Sie sah, dass Susanne Fabels Hand umklammerte, und wirkte einen Moment lang verlegen.
»Schon gut, Anna«, sagte Susanne. Fabel glaubte, eine gewisse Frostigkeit in ihrem Lächeln zu entdecken. Sie erhob sich, beugte sich vor und küsste ihn besitzergreifend auf die Stirn. »Ich hole mir einen Kaffee. Bin in einer Minute zurück.«
»Entschuldige, Chef«, begann Anna. »Ich wollte nicht …«
»Kein Problem. Was ist los?«
»Flemming ist wieder okay und kann gehen, aber er hängt noch herum, weil er glaubt, dass du mit ihm reden möchtest. Das heißt, wenn du dazu in der Lage bist.«
»Und ob ich mit ihm reden möchte. Hat er dir gesagt, warum er mir gefolgt ist?«
»Du solltest dir lieber alle Details von ihm schildern lassen, aber offenbar arbeitet Seamark International für ein Unternehmen namens Demeril Importing. Es ist eine Firma unten in der Speicherstadt, die türkische Teppiche und andere Textilien importiert. Seamark ist für eine Menge solcher Firmen tätig; es bietet Sicherheitsmaßnahmen für den Import und Export an und stellt auch Männer bereit, die auf Schiffen auf die Fracht aufpassen. Anscheinend hat es sogar eine eigene Rechts- und Ermittlungsabteilung, weil die Ladungen und die Schiffe, die es bewacht, so vielen unterschiedlichen Rechtsprechungen und Gesetzen unterworfen sind.«
»Was zum Teufel hat das mit unseren Fällen zu tun?«
»Der Eigentümer von Demeril ist Mustafa Kebir. Sein Bruder, ein bekannter türkischer Archäologe und Umweltschützer, heißt Burhan Kebir. Er macht sich sehr große Sorgen über den Verbleib seiner Tochter …«
»Meliha?«
»Meliha Kebir – unsere Meliha Yazar – ist Umweltaktivistin und hat als Enthüllungsjournalistin verdeckte Recherchen durchgeführt. Der Grund, warum wir keinen Hinweis auf sie finden konnten, ist der, dass sie nicht unter den Namen Meliha Kebir oder Meliha Yazar publiziert. All ihre Arbeiten erscheinen im Internet auf Aktivisten- und Umweltschutz-Websites unter dem Pseudonym ›Nixe‹. Sie hat mehrere Enthüllungsartikel über Firmen veröffentlicht, die die Umwelt verschmutzen. In zwei Fällen haben sich die Massenmedien ihrer Themen angenommen, und die von ihr beschuldigten Firmen wurden verklagt.«
Fabel setzte sich im Bett auf. Ihm tat der Kopf immer noch höllisch weh, und er zuckte bei der Anstrengung zusammen. »Genau die Art Person, die man beim Pharos-Projekt nicht in der Nähe haben möchte.«
»Ich habe Kontakt mit der psychiatrischen Anstalt aufgenommen, in der Föttinger von seinen Eltern untergebracht worden war, und es ist mir gelungen, einen Beschlagnahmebefehl für seine Unterlagen zu erwirken. Rat mal, was dann passiert ist.«
»Es ist zu einer Computerstörung gekommen, und die Unterlagen sind rätselhafterweise gelöscht worden?«
Anna war enttäuscht darüber, dass sie die Bombe nicht selbst hatte platzen lassen können. »Wild geraten?«
»Eine begründete Vermutung. Noch etwas?«
»Ja, Nicola Brüggemann ist hier, um mit dir zu sprechen.«
»Wie kommst du mit ihr zurecht?«
»Bestens. Sie ist tatsächlich eine gute Polizistin.«
»Ist das alles?«
Anna hob die Schultern. »Nein, noch eine Sache. Fabian Menke hat angerufen, um abzusagen. Anscheinend wollte er sich heute mit dir treffen, aber ihm ist etwas dazwischengekommen. Ob dir derselbe Ort und dieselbe Zeit morgen passen würden?«
Fabel runzelte die Stirn. »Ich war zu dem Treffen mit ihm unterwegs, als ich in den Fluss geschoben wurde.«
»Bist du in der Lage, dich für morgen mit ihm zu verabreden?«
»Sie haben mir doch bloß eine Nadel wegen Tetanus in den Hintern gejagt. Sonst geht’s mir gut. Bin ein bisschen durchgerüttelt, mehr nicht.«
»Sie wollen dich über Nacht zur Beobachtung hierbehalten.«
»Das können sie auch aus der Entfernung machen. Könntest du mir meine Kleidung holen, während ich mit Nicola spreche? Susanne hat mir neue Sachen mitgebracht. Und beeil
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