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Jan Fabel 06 - Tiefenangst

Titel: Jan Fabel 06 - Tiefenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Kindes durch einen internetgestützten Pädophilenring. Damals hatte Kroeger kein Hehl aus seiner Meinung gemacht, dass Fabels technologische Unwissenheit ihn als Ermittler bremse. Aber vor allem hatte Fabel die Tatsache verärgert, dass Kroeger das menschliche Leid der Betroffenen so distanziert betrachtete. Die Tatsache, dass ein Kind ermordet und eine Familie durch Entsetzen und Trauer zerstört worden war, schien bei Kroeger auf so viel Interesse und Verständnis zu stoßen wie der Unterschied zwischen einem Kilobyte und einem Gigabyte bei Fabel. Die Folge war eine andauernde gegenseitige Abneigung. Doch Kroegers Fachwissen war zum Fassen des Network-Killers unverzichtbar.
    »Leider steht mein Team zurzeit unter einem außerordentlich großen Arbeitsdruck«, fuhr Kroeger fort. »Wir sind beauftragt worden, die Quelle des Klabautermann-Virus aufzuspüren, der die interne elektronische Kommunikation der Hamburger Verwaltung lahmlegt. Aber, wie gesagt, dieser Fall hat natürlich Priorität.«
    »Das weiß ich zu schätzen.«
     
    Fabel verwendete den Rest der Besprechung auf die üblichen Details einer großen Ermittlung. Jede aus jeweils zwei Beamten bestehende Gruppe machte Meldung über den Stand ihrer Arbeit, gefolgt von einer allgemeinen Diskussion und der Verteilung weiterer Aufgaben durch Fabel.
    »Dieser Kroeger ist mir nicht ganz geheuer …«, meinte Werner und trat auf Fabel zu, nachdem die anderen den Raum verlassen hatten. »Ich bin sicher, dass ich ihn in einem Science-Fiction-Film gesehen habe. Du weißt schon, Matrix .«
    »Er ist gut auf seinem Gebiet«, sagte Fabel. »Einer der Besten in Europa, wie ich höre. Nur darauf kommt es an. Und in diesem Fall brauchen wir ihn unbedingt.«
    »Vielleicht habe ich ihn nicht in Matrix gesehen. Als Kind habe ich mir eine Menge Western angeguckt«, fuhr Werner fort. »Da passiert es dauernd, dass sich die Kavallerie auf dem Territorium feindlicher Indianer befindet, sich aber auf einen eingeborenen Spurenleser vom selben Stamm verlassen muss, um zu überleben. Warum habe ich das Gefühl, dass Kroeger genauso gern Leute skalpieren würde wie jene Schurken?«
    »Er ist ein seltsamer Bursche, das ist alles, Werner. Außerdem kann ich mich nicht daran erinnern, dass Kroeger je Federn im Haar getragen hat.«
    »Wahrscheinlich nicht.« Werner kratzte sich mit einer Schaufelhand seine stoppelige Kopfhaut. »Aber ich muss zugeben, dass ich bei all dem elektronischen Zeug überfordert bin, Jan. Diese Social Networking Sites habe ich noch nie verstanden. Warum müssen Menschen Computer benutzen, um Kontakt miteinander aufzunehmen? Warum treten sie all ihren persönlichen Kram im Internet breit? Aber wenn du in der S-Bahn neben einem von ihnen sitzt, kannst du nicht mit ihm sprechen, weil er die Stöpsel seines MP3-Players im Ohr hat.«
    »So ist das eben mit der technologischen Gesellschaft«, sagte Fabel. »Nichts als Technologie und keine Gesellschaft.«
     
    Die meisten im Präsidium arbeitenden Beamten nahmen ihr Mittagessen in der riesigen Kantine zu sich. Auch Fabel suchte sie häufig auf, doch hin und wieder zog er es vor, sich mittags für eine Dreiviertelstunde aus der Kommission abzusetzen. Zeit zum Nachdenken, wie er es nannte. Gerade wollte er das Gebäude verlassen, als er durch ein Biepen seines Handys erfuhr, dass es eine SMS empfangen hatte.
    »Sicher in Wiesbaden angekommen. Wetter Mist. Seelenlos. Rufe heute Abend an. Sx«, las er auf dem Display.
    Fabel seufzte. Er begriff nicht, weshalb Susanne ihm Textnachrichten schickte, wo sie doch wusste, dass er nicht antworten würde. Es dauerte ihm zu lange, mit den Tasten herumzufummeln, und außerdem ging alles schief, oder er löschte versehentlich die beiden Sätze, für deren Eingabe er fünfzehn Minuten gebraucht hatte. Warum redeten die Menschen nicht mehr miteinander? Ihm fiel ein, dass Werner fast das Gleiche gesagt hatte. Fabel fand sich damit ab, ein Mitglied der Alte-Knacker-Gemeinde zu sein.
    Einer der Orte, an denen Fabel gern Mittag aß, war ein Café an einem der vielen Dutzend Kanäle, die die Stadt kreuz und quer durchzogen. Es lag am Alsterstreek, neben dem Winterhuder Fährhaus, wo Touristen in die rot-weißen Wasserbusse stiegen, die die Alster befuhren. Das Café, das sich unterhalb der es umgebenden Stadt befand und dicht an die Brücke gedrängt war, vermittelte Fabel ein seltsames Gefühl der Sicherheit. Es war in Gehweite des Präsidiums, und wenn das Wetter es zuließ, konnte er

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