Jan Fabel 06 - Tiefenangst
hatte.
»Jedenfalls lassen unsere Informationen vermuten …«, Menke wandte sich weiterhin an Fabel, »… dass es Elemente gibt, die immer aggressivere Aktionen planen.«
»Kurzum, Jan«, sagte van Heiden, »es ist nur eine Frage der Zeit, bis jemand getötet wird. Wir glauben, dass die Situation während des GlobalConcern-Gipfels in Hamburg eskalieren könnte. Durch Gewalt und Zerstörung von Eigentum. Außerdem haben wir Indizien dafür, dass während der Konferenz Delegierte aufs Korn genommen werden könnten.«
»Aber das ist doch unlogisch«, meinte Fabel. »Haben diese Leute es nicht darauf abgesehen, der Umwelt zu helfen?«
»Wie erwähnt, geht es auf diesem Gipfel um das Geschäft mit dem Umweltschutz«, erwiderte Menke. »Man will einen grünen Euro verdienen. Und manche vertreten den Standpunkt, dass dies gegen die Prinzipien des Umweltschutzes verstößt.«
»Aber andere«, schaltete sich Müller-Voigt ein, »finden, dass es sich um ein natürliches Entwicklungsstadium handelt: Das Wertesystem, das früher nur von einer Minderheit vertreten wurde, wird zur allgemein akzeptierten Wahrheit für die Gesellschaft. Allerdings weiß ich aus persönlicher Erfahrung, dass jedes politische Glaubenssystem Anhänger hat, die sich am liebsten als Missionare betätigen und nicht begeistert sind, wenn ihre Botschaft schließlich akzeptiert wird. Dadurch verlieren sie ihr Gefühl der moralischen Überlegenheit und Exklusivität. Niemand ist verbitterter als ein Rebell, der keinen Gegner mehr hat.«
»Außerdem gibt es Hinweise auf eine wachsende Übereinstimmung zwischen der extremen Linken, extremen Umweltschützern und Globalisierungsgegnern«, sagte Menke. »Und GlobalConcern Hamburg repräsentiert alles, was sie hassen.«
»Haben wir denn konkrete Hinweise darauf, dass man es auf eine bestimmte Person abgesehen hat?«, fragte Fabel.
»Nicht auf eine bestimmte Person, aber wir rechnen mit heftigen Protesten und organisierter Straßengewalt. Auch eine einmalige demonstrative Aktion wurde angekündigt.«
»Und Sie glauben, dass es sich dabei um einen Mord handeln könnte?«
»Das ist möglich«, bestätigte Menke. »Das BfV und die Abteilung Staatsschutz der Polizei Hamburg arbeiten bereits zusammen, aber jemand hat vorgeschlagen, Sie über die Situation zu unterrichten, weil Ihre Einschätzung und Erfahrung nützlich sein könnten.«
»Oh? Wer hat das vorgeschlagen?« Fabel warf van Heiden einen scharfen Blick zu. Er hatte genug am Hals, und es überraschte ihn, dass sein Chef dies nicht zur Kenntnis nahm.
»Das war ich«, erklärte Müller-Voigt. Er musterte Fabels erstaunte Miene. »Die Sache vor ein paar Jahren. Die Mühlhaus-Angelegenheit. Es hat mich sehr beeindruckt, wie Sie mit …«, er suchte nach dem richtigen Wort, »… mit den Dingen umgegangen sind. Sehr effektiv, aber auch sehr sensibel.«
Fabel nickte dankend. Er bemerkte, dass Müller-Voigt, der normalerweise höchst beherrscht war, weniger selbstsicher auftrat.
»Ich habe dem Senator bereits erklärt, dass Sie, wie Sie ja auch erwähnt haben, zurzeit in einigen dringenden Fällen ermitteln«, sagte van Heyden. »Wir haben eine Einsatzgruppe aus Beamten unserer eigenen Anti-Terror-Koordinationsstelle, des Bundeskriminalamts und des BfV eingerichtet. Im Moment möchten wir nur, dass Sie sich mit dem Inhalt der Akte vertraut machen. Aber vielleicht werden wir später auf Ihre Dienste zurückgreifen.«
Damit kann ich den Abend abschreiben, dachte Fabel, nachdem er die Dicke der Akte registriert hatte.
»Sie brauchen sie nicht mitzunehmen«, schlug Menke vor. »Ich schicke sie Ihnen per E-Mail.«
»Per E-Mail? Ist das denn sicher?«
Menke lachte gönnerhaft, was ihm Fabels sofortige Abneigung einbrachte. Er stufte den BfV-Mann in dieselbe Kategorie ein wie Kroeger, den Cybercop. »Ja, Herr Hauptkommissar, das ist sicher. Wir benutzen nur bestens geschützte Server und Systeme. Genau wie die Polizei Hamburg.«
Fabel zuckte die Achseln. »Tja, das E-Mail-System der Hamburger Verwaltung war angeblich auch sicher. Trotzdem ist es vom Klabautermann-Virus infiziert worden. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, nehme ich diesen Ausdruck mit. Er ist auch schneller zu lesen.«
Die nächsten Minuten wurden der Logistik der Gipfelkonferenz gewidmet. Neben Wirtschaftsführern würden auch einige hohe Politiker aus der Bundesrepublik und aus dem Ausland an GlobalConcern Hamburg teilnehmen. Darunter natürlich Müller-Voigt als Vorsitzender. Fabel
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