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Jan Fabel 06 - Tiefenangst

Titel: Jan Fabel 06 - Tiefenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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zurückweichen. Sie war lauter. Wütend und grob. Mit einem Akzent.
    »Ich wette, das war fettes Pädophilschwein da oben!« Eine deutlich zu verstehende Stimme, und Roman hatte das Bild des Albaners vor Augen, der sich über das Geländer im Treppenhaus lehnte und nach oben, in Richtung von Romans Wohnung, brüllte.
    Natürlich war ich es, dachte Roman. Ich habe sie angerufen. Und ich werde dem Hauswirt eine E-Mail schicken, darauf kannst du dich verlassen.
    »Sie sollten gehen nach oben«, rief der Albaner wiederum so laut, dass Roman ihn verstehen konnte. »Ich sag Ihnen, was Sie sollten tun … Sehen, was er hat auf all seine Computer. Kleine Jungs, kleine Mädchen, ich wette.«
    Roman merkte, wie tief in seinem Innern eine Mischung aus Furcht und Zorn aufwallte. Wie konnte der Mann es wagen? Wie konnten diese Leute es wagen, solche Dinge über ihn zu verbreiten?
    Die andere Stimme war nun ein wenig lauter, doch weiterhin ruhig und noch energischer; der Anflug einer Warnung im Tonfall. Roman presste sich noch dichter an die Tür, konnte aber trotzdem nicht verstehen, was der Polizist sagte. Ein paar Worte. Eine Warnung, Roman nicht zu belästigen. Eine Aufforderung, die Musik nicht so laut zu stellen. Ein Hinweis auf die Hamburger Gesetzeslage. Beide Stimmen waren nun leiser.
    Der Besitzer der tieferen Stimme lachte über eine Bemerkung des Albaners. Worüber? Über wen? Lachten sie über ihn ? Warum lachte auch der Polizist? Er war doch hier, um sie zum Schweigen zu bringen. Um der enervierenden Musik ein Ende zu setzen. Roman hatte ihn deswegen kommen lassen.
    Er konnte die Stimme des Polizisten nicht mehr hören. Kurz darauf wurde die Eingangstür am Fuß der Treppe des Mietshauses zugeschlagen. Ein lautes Knurren auf Albanisch, dann ging eine zweite Tür zu: die der Wohnung unter ihm.
    Roman blieb noch einen Moment stehen und lauschte nach Schritten auf der Treppe; nach den Schritten des Albaners, der heraufeilte, um ihn zur Rede zu stellen. Nichts. Er drehte sich um und lehnte den Rücken an die Tür. Nun spürte er etwas hoch in der Brust, fast in der Kehle. Ein Flattern. Er wusste, dass er es wieder spüren würde – jedes Mal, wenn er an der Tür des Albaners vorbeiging. Und obwohl Roman alles tat, um seine Wohnung nicht verlassen zu müssen, dauerte es, wenn ihm nichts anderes übrig blieb, eine atemlose Ewigkeit, bis die Wohnung des Albaners hinter ihm lag.
    Gott, wie er das Leben hier hasste. Er hatte Besseres verdient. Besseres als die Menschen um ihn herum. Besseres als diese kleine Dreckswohnung. Besseres, als in Wilhelmsburg zu hausen.
    Aber am meisten hasste er es, über den Albanern zu wohnen. Ihre Herkunft war Roman gleichgültig, aber er wollte nicht über jemandem wohnen, denn er verabscheute das anstrengende Treppensteigen. Seit er seine Stelle im Computerladen aufgegeben hatte, musste er die Anstrengung jedoch immer seltener auf sich zu nehmen. Seine Wohnung lag zwar nur im zweiten Stockwerk, aber die Steigerei raubte ihm völlig den Atem, sodass er mit weißem Gesicht schwitzte und seine Lunge nach Sauerstoff zu schreien schien. Häufig wurde seine Mahlzeit kalt, bevor er sie die Treppe hinaufgetragen hatte. Roman bereitete sich nie selbst eine Mahlzeit zu. Manchmal wärmte er sein Essen im Mikrowellenherd wieder auf, doch in der winzigen Küche kochte er sich nicht einmal eine Tasse Kaffee. Alles, was er aß oder trank, kam aus einer Dose oder einer Schachtel oder einem Styroporbehälter.
    Die Wohnung hatte drei Räume. Vier, wenn man das Badezimmer mitzählte. Das Wohnhaus war noch recht neu und wurde vom Eigentümer gut instand gehalten. Bei Romans Einzug war alles frisch renoviert gewesen, aber nun sah das Innere der Wohnung unordentlich und schmuddelig aus. Haushaltsarbeit ermüdete Roman. Nicht, weil sie langweilig war, sondern weil sie ihm jedes Quäntchen an Energie raubte. Wenn er zehn Minuten lang Müll von einer Zimmerecke in die andere geräumt hatte, fühlte er sich ausgelaugt. Schweiß lief an seinem Körper hinunter, und er rang nach Luft. Zudem genügten zehn Minuten nicht, um der Stapel aus Zeitschriften und Büchern, der Überbleibsel von Fertiggerichten und der leeren Getränkedosen Herr zu werden.
    Allerdings störte Roman das Aussehen seiner Wohnung auch nicht. Niemand besuchte ihn. Keine Freunde, keine Frauen, niemand. Und ihm persönlich bedeutete die Wohnung nicht viel, denn er betrachtete sie nicht als sein Zuhause. Überhaupt konnte Roman Kraxner sich ein

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