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Jan Fabel 06 - Tiefenangst

Titel: Jan Fabel 06 - Tiefenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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zusammenschrecken. Schwach und gedämpft. Stimmen. Zwei, drei, vielleicht mehr. In dem Stockwerk unter ihr. Weit voneinander entfernt, doch ruhig und gelassen.
    Sie konnte die Worte nicht verstehen, aber sie wusste, dass ihre Verfolger sich auf Englisch verständigten. Wie immer. Ihr Herz hämmerte. Natürlich brauchten sie nicht lauter zu sprechen. All ihre Sinne waren geschärft. Sie konnten sich über eine große Distanz verständigen, im Dunkeln sehen und das geringste Geräusch wahrnehmen.
    Wahrscheinlich durchsuchten sie die Etage unter ihr. Systematisch, methodisch. So, wie sie alles taten. Ein einziges Bewusstsein. Ein Gruppengeist. Ein Egregor.
    Meliha richtete ihre Taschenlampe in die Dunkelheit, um ein Versteck oder eine Fluchtmöglichkeit zu finden. Das LED-Licht war trübe. Hinter ihr, ganz am Ende der Nische, befand sich ein Abstellschrank, kaum sichtbar hinter einem Stapel Teppiche, von denen einige auf den Boden gefallen waren. Wenn sie sich dort verbergen und vielleicht eine Teppichrolle vor die Tür schieben konnte, würde man sie möglicherweise nicht entdecken.
    Sie streifte ihre Schuhe von den schmerzenden Füßen, glitt vorsichtig den Teppichstapel hinunter und überquerte den groben Holzfußboden bis zum Abstellschrank. Dieser war viel größer, als sie gedacht hatte, und enthielt nur ein paar Musterbücher in einer Ecke und eine anderthalb Meter lange Stoffrolle, die an der Wand lehnte. Der Stoff wirkte zu leicht für Teppiche, doch zu schwer für Vorhänge.
    Meliha schob sich hinter die Musterbücher und ordnete sie neu an, bis sie ein notdürftiges Versteck bildeten. Zusätzlich wollte sie die Rolle vor sich hinstellen, aber das Gewebe war schwerer, als sie erwartet hatte, und rutschte ihr langsam aus den Fingern. Meliha griff verzweifelt danach und konnte in letzter Sekunde verhindern, dass die Rolle an die Holzwand des Schrankes schlug und so die Aufmerksamkeit ihrer Verfolger weckte. Mit äußerster Anstrengung lehnte sie die Textilrolle schräg vor sich an die Wand wie die Diagonalstange eines Gittertores. Dann zog sie sich so weit wie möglich an die Schrankwand zurück, schaltete ihre Taschenlampe aus und war sofort in Schwärze getaucht. Nachdem sich ihre Augen an diesen neuen Grad der Dunkelheit gewöhnt hatten, spähte sie zwischen dem obersten Musterbuch und der schräg an der Wand lehnenden Stoffrolle durch einen Spalt in der Tür. Aber sie konnte nur einen schmalen Ausschnitt der Nische und nichts von der Hauptfläche des Teppichlagerhauses sehen.
    Und sie konnte nichts hören. Keine Bewegung. Keine Stimmen.
    Dann schien ein Schatten an ihr vorbeizuhuschen.
    Genau vor ihr. Jemand oder etwas bewegte sich rasch und geräuschlos durch ihren engen Blickwinkel. Von rechts nach links. Ein dunkles Flattern, das sich nicht als Person identifizieren ließ.
    Sie fuhr zusammen, beherrschte sich jedoch sofort, rührte sich nicht und hielt die Luft an. Ihre Verfolger waren angekommen. Auf ihrer Etage. Nun vernahm sie die schwachen Geräusche von Bewegungen. Einige leise englische Worte.
    Der Schatten huschte erneut vorbei, diesmal von links nach rechts. Näher.
    Meliha regte sich nicht. Sie hielt immer noch den Atem an, weil sie Angst hatte, sich zu verraten. Eine Träne stieg ihr ins Auge und lief an ihrer Wange hinunter. Die Qual des Wartens auf den Moment, in dem sie in ihr behelfsmäßiges Versteck stürmen würden, wurde unerträglich. Weitere Geräusche. Dann Stille.
    Minuten vergingen. Meliha konzentrierte sich so sehr auf die Stille, dass sie ein wenig zusammen schrak, als sie beendet wurde. Aber diesmal waren die Geräusche gedämpfter. Und über ihr. Im nächsten Stockwerk.
    Langsam und ruhig atmete Meliha aus. Sie waren nun eindeutig über ihr. Und sie agierten nicht so geschickt, wie sie dachten. Sie hatten immer noch sehr menschliche Schwächen.
    Es fiel ihr schwer festzustellen, wie viel Zeit verstrichen war, denn ihre Furcht ließ ihr jede Sekunde unermesslich lang werden. Aber sie vermutete, dass es eine Stunde her war, seit ihre Verfolger die Etage über ihr durchsucht hatten. Keine Geräusche, keine ruhigen, Englisch sprechenden Stimmen. Sie spähte in die Dunkelheit. Nichts. Vorsichtig, langsam, ohne etwas zu berühren, drehte sie ihr Handgelenk, doch da ihre Uhr kein Leuchtzifferblatt hatte, konnte sie die Anzeige nicht erkennen. Ihre Beine verkrampften sich, doch Meliha bewegte sie nicht. Der Schmerz wuchs und wuchs, während sich ihre Muskelfasern zusammenzogen. Aber sie

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