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Jan Tabak geht aufs Ganze

Jan Tabak geht aufs Ganze

Titel: Jan Tabak geht aufs Ganze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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andern Ufer war nämlich das Ziel. Das Ganze, müßt ihr wissen, ging auf eine Wette des Maharadjas mit dem Radja zurück. Jeder behauptete nämlich, seine Elefanten seien die schnellsten, zu Wasser und zu Lande.“
    „Richtig“, bestätigte Jan. „Als die ersten Tropfen fielen, sprinteten die klobigen Tiere vom Palast des Maharadjas aus los, erreichten nach fünf Kilometern den Fluß, warfen sich hinein und schwammen in einem unerhörten Kraulstil hindurch. Dabei passierten sie uns hart backbord, jedenfalls zwei der Wettkämpfer. Wir brauchten uns nur an ihren Schwanz zu hängen und wurden so sicher ans rettende Ufer gezogen. Natürlich waren die Elefanten, die ohne menschlichen Ballast schwimmen konnten, schneller und gewannen das Rennen. Zu unserem Glück waren das die Tiere des Maharadjas, dem wir dadurch ungewollt zum Sieg verhalten. Der Radja protestierte zwar, aber das nahm der Maharadja gar nicht zur Kenntnis. Er lud uns ein in seinen Palast und bewies uns seine Dankbarkeit, indem er uns die beiden Elefanten schenkte und uns vierzehn Tage auf das beste bewirtete.“
    „So war es“, sagte Jochen. „Wir ritten dann auf den zahmen Tieren nach Bombay und hatten das Glück, dort auf zwei Männer von Hagenbeck zu stoßen, die Nachwuchs für ihren Zirkus suchten. Denen verkauften wir die Elefanten, natürlich weit unter Ladenpreis, weil sie uns ja auch nichts gekostet hatten, und machten uns von dem Geld noch ein paar vergnügte Wochen in Indien.“
    „Bis ein Teeschiff aus Deutschland einlief“, nahm Jan wieder das Wort, „das noch Platz an Bord hatte für zwei tüchtige Matrosen. Mit dem fuhren wir gemächlich in die Heimat zurück und waren Weihnachten zu Hause. Als überall in den Häusern die Tannenbäume angezündet wurden und die Kinder auf den Weihnachtsmann warteten, klopften wir an die Tür und schütteten unsere Seesäcke aus. Komm, Jochen, darauf müssen wir noch einen trinken!“
    Jan goß die Gläser wieder voll und stieß mit seinem Freund an. Die Kinder knabberten die letzten Kekse weg.
    „Was ihr alles erlebt habt, Onkel Jan“, staunte Nicole. „Das ist ja spannender als ein Krimi!“
    „Und ob!“ rief Jan Tabak. „So etwas kann sich kein Dichter einfallen lassen, was Jochen?“
    „Bestimmt nicht“, sagte der. „Wenn ich ein unterhaltsames Buch lesen will, das mich an keiner Stelle langweilt, dann nehme ich mir meine Erinnerungen vor und habe damit die launigste und abwechslungsreichste Lektüre.“
    Die beiden Männer tranken sich noch einigemal zu, dann war die Flasche leer. Lady schien das zu spüren, denn sie räkelte sich nun unterm Tisch, gähnte, schnupperte, stand auf und tapste ans Tageslicht. Zweimal zwinkerte sie Jan Tabak zu und trottete dann verschlafen zur Tür.
    Da erhob sich auch Jan.
    „Okay, Lady“, rief er, „okay, du brauchst mich nicht zu mahnen, ich komme ja schon!“
    Leicht schwankend bewegte er sich um den Tisch herum und legte seinem Freund die Hand auf die Schulter.
    „Mach’s gut, alter Junge“, sagte er. „Es hat mich sehr gefreut, dich so gesund und munter anzutreffen. Aber jetzt muß ich gehen, Tina wird immer so böse, wenn ich mich mal eine Minute verspäte, das weißt du ja. Kommt, Kinder, sagt Jochen auf Wiedersehen und geht an Bord.“
    Der Blinde gab allen die Hand und geleitete sie bis an die Tür. „Seid vorsichtig!“ rief er ihnen nach. „Da liegt allerhand Schutt herum. Unsere Scheune hat ein neues Dach gekriegt, und die alten Pfannen sind noch nicht weggeräumt.“
    Jan, der in der frischen Luft bedeutend stärker taumelte als vorher im geschlossenen Raum, drehte sich bei diesen Worten so hastig um, daß er bestimmt zu Boden gegangen wäre, wenn Tim ihn nicht festgehalten hätte.
    „Mensch, Jochen“, schrie er, „du hast ein neues Dach und sagst mir nichts davon?“
    „Wieso?“ fragte Jochen verblüfft. „Ist das denn was Besonderes?“
    „Nee, das nicht“, sagte Jan, „aber ein paar von den alten Pfannen könnte ich gut gebrauchen. Ich muß unser Dach ausbessern, da regnet’s durch, und Tina ärgert das.“
    „Junge, Junge“, brummte Jochen, „worüber die Frauensleute sich aufregen! Nimm dir soviel von den Dingern, wie dein Boot trägt. Ich bin froh, wenn ich den Dreck los bin. Aber fall mir nicht vom Dach, wenn du sie auflegst!“
    Eine knappe Viertelstunde später langten sie zu Hause an. Sechs Dachpfannen brachten sie heil an Land. Die letzten beiden rutschten ins Wasser, weil Lady just von Bord ging, als Tim sie

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