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Jan Tabak geht aufs Ganze

Jan Tabak geht aufs Ganze

Titel: Jan Tabak geht aufs Ganze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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überlegte der Meister laut. „Ich kann mich nicht erinnern, den Namen jemals…“
    „Dachte ich mir doch“, wurde er unterbrochen. „Eine Schlamperei auf ganzer Linie. Acht Wochen warten wir darauf, daß Sie uns eine Handvoll neuer Ziegel auflegen. Wenn wir noch acht Wochen warten, brauchen wir einen ganzen Lastwagen voll, weil der Wind dann das ganze Dach abgedeckt hat.“
    „Na, acht Wochen wird es nicht mehr dauern“, scherzte der Meister, „höchstens siebeneinhalb.“
    Aber der Scherz verfing nicht.
    „Es dauert keinen Tag mehr!“ wurde er scharf zurecht gewiesen. „Sie packen jetzt ihren Kram zusammen und kommen sofort mit!“
    „Aber, liebe Frau“, wehrte sich der Mann, „wo denken Sie hin! Was meinen Sie, was ich zu tun habe! Solche Kleinigkeiten machen wir mal so ganz nebenbei, wenn gerade nichts Besonderes los ist. So einfach, wie Sie sich das vorstellen, geht es leider nicht. Verlassen Sie sich darauf, daß ich eines Tages kommen und ihr Dach reparieren werde. Aber im Augenblick ist das beim besten Willen nicht drin.“ Oma Jenny, denn sie war die energische Kundin, setzte sich.
    „Beim besten Willen?“ sagte sie spöttisch. „Was ist das für eine dumme Redensart! Sie haben nicht mal einen guten Willen. Aber das soll mir egal sein, ich bleibe so lange an Ihrer Seite, bis Sie mit mir nach Niederblockland fahren. Und jedem Kunden, der Ihr Büro betritt, werde ich die Augen darüber öffnen, was Sie für einer sind.“ Der Meister wurde nervös.
    „Das ist Nötigung!“ schrie er. „Das können Sie mit mir nicht machen!“
    Jenny winkte ab und begann gemächlich in dem Fachblatt für Dachdecker zu lesen, das auf dem kleinen Tisch lag.
    „Wenn Sie nicht sofort mein Haus verlassen, rufe ich die Polizei!“ drohte der Meister und nahm schon den Hörer von der Gabel. „Recht so“, sagte Jenny ruhig. „Wählen Sie hundertundzehn, Notruf, und melden Sie, daß man sofort die Feuerwehr nach Niederblockland
    zu Marwedels schicken solle, damit sie das Wasser aus dem Wohnzimmer pumpt. Der Dachdecker habe leider keine Zeit, fünf Pfannen aufzulegen.“
    Da warf der Mann wütend den Hörer auf die Gabel, rannte aus dem Büro auf den Platz und gab einem Gesellen den Auftrag, ein paar Pfannen aufzuladen und bei Marwedels das Dach zu reparieren. Jenny war mit hinausgegangen.
    „Ich werde Ihnen den Weg zeigen, damit Sie nicht lange suchen müssen“, sagte sie und stieg in den Lieferwagen.
    Zwei Stunden später war das Dach in Ordnung.
    Jenny gab dem jungen Gesellen zwei Mark Trinkgeld.
    Zu Jan und Tina gewandt, sagte sie: „Man muß den Leuten nur ein bißchen Wind machen, dann wird das Unmögliche möglich.“
    „Das muß ja wohl wahr sein“, stimmte Jan zu, „und wer könnte das besser als du!“
     

Eine Brise Wind gefällig?
     
    „Wir sollten deinen Freund Jochen Langewisch mal wieder besuchen“, sagte Nicole eines Nachmittags, als sie neben Jan Tabak auf der Gartenbank saß und kleine Steine in die Wümme warf. „Blinde Menschen müssen sich doch sehr einsam fühlen, weil sie niemanden sehen können.“
    „Da hast du ganz recht, mein Kind“, antwortete Jan, „darum besuche ich Jochen im allgemeinen auch zwei- bis dreimal im Monat und bringe ein bißchen Licht in seine Dunkelheit. Wenn es dir recht ist, fahren wir nach dem Tee hin.“
    Natürlich kam Tim auch mit, und Lady blieb ebenfalls nicht zu Hause. In Wasserhorst erstanden die Besucher eine Flasche Doppelkorn und ein großes Stück Butterkuchen, damit sie nicht mit leeren Händen an Jochens niedrige Tür klopfen mußten, und dann lenkte Tim das Boot geschickt in die kleine Anlegebucht.
    Jochen saß auf der Terrasse und ließ sich vom Wind umfächeln. Er erkannte an dem Motorengeräusch genau, wer da zu Besuch kam.
    Noch bevor Jan mit den Kindern heran war, rief er seiner Frau zu, die ihn durch das offene Fenster hören konnte, sie möchte Tassen, Gläser und ein paar Teller herausbringen, es kämen liebe Gäste. Bald saßen alle um den Gartentisch und aßen und tranken. Lady hatte sich Jochen vor die Füße gerollt und wartete darauf, daß er sie als Fußbank benutzte. Jans Freunde waren auch ihre Freunde, von denen ließ sie sich bereitwillig verwöhnen.
    „Ist es euch nicht zu windig hier?“ fragte Jochens Frau, als sie noch einige Kekse nachbrachte.
    „O nein, Waltraud, ganz im Gegenteil“, rief Jan, „der Wind kühlt und ist sehr angenehm. Oder was meint ihr, Kinder?“
    „Uns ist er auch recht“, sagte Nicole, und

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