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Jan Tabak geht aufs Ganze

Jan Tabak geht aufs Ganze

Titel: Jan Tabak geht aufs Ganze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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fragte Tim erstaunt.
    „Weil ich vorgestern mit ihnen gesprochen und sie in meinen Plan eingeweiht habe. Sie waren sofort bereit, mitzumachen. Schließlich geschieht es zu ihrem Besten. Sogar die Nachbarn wissen Bescheid und spielen mit. Karl Landwehr ist nämlich nicht sehr beliebt an seinem Wohnort.“
    Am nächsten Morgen kam der kleine Richard Landwehr zwei Stunden zu spät in die Schule. Er entschuldigte sich damit, daß er für seinen kranken Vater schon heute früh eine Medizin aus der Burger Apotheke habe holen müssen und darum erst jetzt mit dem Fahrrad gekommen sei. Tim erzählte das mittags beim Essen.
    „Aha“, sagte Tina, „er ist bereits krank, der Saufbruder, genau wie du es vorhergesehen hast, Jan. Es sollte mich gar nicht wundern, wenn er bald auch das Klopfen hört.“
    „Ja“, stimmte Jan Tabak gleichmütig zu, „das wird bestimmt nicht mehr lange auf sich warten lassen.“
    Tim und Nicole beugten sich über ihre Teller und löffelten eifrig. Sie fürchteten, die beiden Frauen könnten in ihren Gesichtern lesen, was sie über das Klopfen wußten. Aber die waren arglos.
    In den nächsten vier Wochen fuhren die Verschwörer noch dreimal nach Kuhsiel und brachten Karl Landwehr um Ruhe und Schlaf. Dann meinte Jan, es sei nun genug und sie könnten die Dinge sich frei entwickeln lassen.
    Und sie entwickelten sich!
    Gesine Fuchs erzählte Tina, daß Karl Landwehr sich sehr verändert habe. Er schlage den Jungen nicht mehr und gehe kaum noch aus dem Haus. Das Trinken habe er fast ganz aufgegeben. Nur einmal sei er noch betrunken gewesen. Gesine berichtete auch, daß Karl Landwehr neuerdings sehr unruhig schlafe und die verschiedensten Medikamente einnehme. Zweimal die Woche fahre er nach Bremen zum Spezialarzt, so einem Nervendoktor, aber der könne ihm auch nicht recht helfen. Er höre angeblich immer so ein Klopfen, abends, wenn er in der Küche oder im Wohnzimmer sitze, und selbst noch im Bett.
    „Jaja“, fügte sie ihren Ausführungen hinzu, „jetzt hat er sich um den Verstand gesoffen.“
     
    Eines Tages klopfte es auch bei Jan Tabak, aber nicht an der Scheibe, sondern an der Tür. Und es war nicht der knöcherne Finger der alkoholischen Degeneritis, es war Karl Landwehr, der draußen stand und einen Besuch machen wollte.
    „Kann ich dich mal einen Augenblick sprechen, Jan Tabak?“ fragte er kleinlaut. „Wenn es deine Zeit erlaubt, meine ich.“
    Jan nickte.
    „Komm man ‘rein“, sagte er, „meine Zeit hat nichts dagegen.“ Zögernd trat der Mann in das Wohnzimmer, grüßte die Frauen und die Kinder und blickte fragend auf Jan.
    „Was hast du denn auf dem Herzen?“ fragte der und stellte sich dumm. „Willst du mir wieder deine Ritterhuder Frühkartoffeln verkaufen wie das letzte Jahr? Mit denen war ich gar nicht zufrieden, du, die waren zu klein. Nicht, Tina, du hast beim Schälen oft genug gesagt, du möchtest Karl Landwehr am liebsten die ganzen Kartoffeln einzeln an den Kopf werfen.“
    Tina nickte.
    „Der reinste Betrug war das“, sagte sie gnadenlos. „Zwölf Mark der Zentner und dann so’n Schiet!“
    Karl stand da und drehte seine Mütze in der Hand. Wie sollte er nach diesem Empfang noch sein Anliegen vortragen? Jan ließ ihn eine Zeitlang zappeln. Dann fragte er: „Du sagst ja nichts! Kommst du etwa gar nicht wegen der Kartoffeln?“
    Karl Landwehr schüttelte den Kopf.
    „Ich würde gern mit dir allein reden, Jan“, stotterte er, „unter vier Augen, von Mann zu Mann.“
    „Warum das denn?“ fragte Jan. „Willst du mich etwa anpumpen? Da muß ich dir leider einen Korb geben, ich habe selber nur so viel flüssig, wie ich zum Leben brauche.“
    „Nein, nein, ich will kein Geld“, versicherte Karl eifrig. „Ich möchte dich was fragen.“
    „Na, dann man los!“ forderte Jan Tabak ihn auf. „Alles, was nicht um Geld geht, darf Tina mithören.“
    Der Mann merkte, daß Jan nicht allein mit ihm sprechen wollte, und mußte wohl oder übel sein Anliegen im Beisein von Tina, Jenny und den Kindern vortragen.
    „Du hast doch neulich ein zweites Gesicht gehabt“, begann er zögernd. „Gesine Fuchs hat mir davon erzählt. Kannst du mir nicht mal genau sagen, was du gesehen hast?“
    Jan zündete sich umständlich die Pfeife an.
    „Ach, deswegen kommst du“, sagte er. „Da mach dir man keine Sorgen, solange du das Klopfen nicht hörst, ist alles halb so schlimm. Manchmal trifft das, was ich voraussehe, auch gar nicht ein. Wenn du allerdings eines Tages diese

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