Jan Tabak geht aufs Ganze
Werkstätten der Gartenzwerge gingen die Lichter an.
„Wie kommt das denn?“ fragte Nicole verblüfft. „Haben die elektrischen Strom im Haus?“
„Natürlich!“ rief Albert. „Es sind doch moderne Betriebe. Die Zeit der Petroleumlampen ist vorbei.“
„Arbeiten die Zwerge die Nacht durch?“
„Wenn der Wind sich nicht legt, ja. Der treibt nämlich auch die Lichtmaschinen.“
Die Kinder hörten das Klappern, Hämmern, Läuten und Pfeifen und sahen die vielen erleuchteten Fenster, denn der Wind blies immer noch recht kräftig.
Zufällig hob Nicole den Kopf. Da entdeckte sie einen prächtigen Sternenhimmel zum Greifen nahe über sich.
„O guck doch mal, Tim!“ rief sie, „wie nahe die Sterne sind! Als ob man sie anfassen könnte.“
„Wenn du dich auf eine Leiter stellst, kannst du es tatsächlich“, sagte Jan schmunzelnd. „Es sind nämlich künstliche Sterne, die Albert an einem Netz von Drähten befestigt hat. Sie leuchten sogar bei bedecktem Himmel, allerdings auch nur, wenn der Wind weht.“
Tim stand auf, um sich das genauer zu betrachten.
„Mensch, das ist ja ‘ne tolle Kiste!“ rief er. „Die Sterne sind ja genauso angeordnet wie die richtigen!
Da ist der große Wagen, dahinten der Nordstern und genau überm Schornstein der Fuhrmann!“
Albert freute sich. Er ging ebenfalls in den Garten hinaus und stellte sich neben Tim.
„Verstehst du was von Sternen?“ fragte er. „Dann wirst du noch mehr Bekannte finden. Sieh mal, hier ist der Drache, und da jagt Orion über den Himmel.“
Tim war sichtlich beeindruckt.
„Wie haben Sie das bloß alles hingekriegt?“ fragte er.
„Och, das war ganz einfach“, erklärte Albert. „In einer klaren Juninacht habe ich mich hier hingestellt, genau auf den Punkt, wo ich jetzt auch stehe, und zum Himmel geblickt. Und dann habe ich unter den wirklichen Sternen meine künstlichen angebracht, genau Stern unter Stern. Natürlich nur die bekanntesten und größten. Das war weiter nicht schlimm.“
Auch Nicole ging nun durch den Garten und suchte nach bekannten Sternbildern.
Lady, die sich aus Sternen nicht viel machte, gähnte herzhaft und gab damit zu verstehen, daß sie nach Hause und ins Bett wollte. Sie erhob sich träge, tapste zum Regenfaß, gähnte noch mal und soff dann, auf den Hinterbeinen stehend, schmatzend von dem dunklen Wasser.
„Tja, Albert“, sagte Jan, „wir müssen los, du siehst es selbst: Lady hat keine Geduld mehr.“
„Da kann man nichts machen“, sagte Albert verständnisvoll. „Wer mit seinen Leuten auskommen will, muß ihre Wünsche ernst nehmen.
Ich tue das auch und habe damit nur die besten Erfahrungen gemacht. Aber es gibt Menschen, die sich nicht darum kümmern, was andere gern hätten. Seht ihr da den kleinen Betrieb unter der Birke am Zaun? Die Straßenlampe wirft ja ihr volles Licht darauf. Das war mal eine gutgehende Bäckerei. Michel Knust, der Meister, machte jahrelang die besten Geschäfte und verdiente ein schönes Stück Geld. Aber eines Tages baten seine Kunden ihn, er möchte doch auch Rosinenbrote backen wie die Bäcker in der Stadt, die schmeckten so gut mit Butter und Marmelade und seien auch so bekömmlich. Nun, Rosinenbrote zu backen wäre für Michel Knust keine Kunst gewesen, er hätte sich nur noch ein Rezept dafür besorgen oder einen Kollegen in der Stadt befragen müssen. Wahrscheinlich hätte er sogar durch Probieren selbst herausgefunden, wie es zu backen sei. Aber Michel tat weder das eine noch das andere. Da er sich selber nichts aus Rosinen machte, dachte er nicht daran, auf den Wunsch seiner Kunden einzugehen. Statt dessen versuchte er sie mit albernen Redensarten davon abzubringen.
Die Folge war, daß die Kunden ausblieben und ihre Backwaren bei Heinrich Zwickel, dort an der Weide, kauften. Michel Knust wurde in wenigen Wochen ein armer Mann, der kaum das Nötigste zum Leben hatte. Jetzt war er bereit, Rosinenbrote zu backen, aber jetzt war es zu spät. Die Kunden hatten sich an Heinrich Zwickel und seine Brote gewöhnt und kehrten nicht mehr zurück. Es schien unausbleiblich, daß Michel Knust sein Geschäft aufgeben und irgendwo als Bäckergeselle arbeiten mußte.
Da wurden die Wiesen hinter seinem Haus überraschend mit mehreren Hochhäusern bebaut. Kommt mal hier weiter ‘rüber, dann könnt ihr sie sehen! Mieter aus Süddeutschland zogen ein, die die Rosinenbrotaffäre nicht kannten und darum bei Michel Knust Kunden wurden, schon allein der Bequemlichkeit wegen, denn er
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