Jan Weiler Antonio im Wunderland
die Kindersicherung ein-geschaltet ist. Na gut, dann eben alles in eine Einkaufstüte, die zufällig herumliegt. Leider geht das nicht, weil Fürio kein Zielwasser, sondern Bier getrunken hat. Na gut, dann eben die Hälfte in mein Auto.
Ich liefere die drei auf dem Campingplatz ab und überlasse sie ihrem Schicksal. Dann fahre ich nach Hause und mache mein Auto sauber. Ich lasse alle vier Fenster auf, aber der Geruch bleibt. Anderntags hole ich unseren Besuch wieder ab.
Sara bleibt zu Hause, denn sie findet, das sei ein Männerding, und da wolle sie nicht stören. Sie geht gern aufs Oktoberfest, aber immer nur mit ihren Freundinnen. Sie muss nie etwas bezahlen. Frau müsste man sein. Das Leben wäre voller kostenloser Unterhaltung.
Ich treffe Qui, Quo und Qua in einem erbärmlichen Zustand an. Dabei bin ich selber versehrt, ich kann meinen Kopf kaum bewegen wegen dieser dämlichen Maus-Gondel. Trotz eines mörderischen Kopfschmerzes, den er sich nicht erklä-
ren kann, besteht Fürio darauf, uns ein Frühstück zu machen, welches aus einem löslichen Kaffee und Cornflakes ohne Milch besteht, die er so viel besser findet, weil sie nur ohne Milch richtig knusprig seien. Von nebenan kommt ein Wikinger vorbei und lädt uns auf ein Partyfässchen Faxe -Bier ein. Die Schweden reisen heute ab, und da lohne es sich nicht mehr, zum Saufen extra in die Stadt zu fahren. Wir lehnen dankend ab, denn wir brauchen unsere Kondition noch. Dafür hat der Schwede Verständnis. Francesco moniert den komischen Geruch in meinem Auto, und dies ist der einzige Moment dieses 115
Besuchs, in dem sich meine sonst so gastgebermäßig dufte Laune etwas eintrübt.
Es ist Samstagmorgen, zehn nach zehn. Wie zu erwarten war, sind die Zelte bereits ziemlich voll. Wer einmal drin ist in einem solchen Bierzelt, muss übrigens drin bleiben, denn wenn man nach draußen geht, um etwas von dem Bier weg-zubringen, das man vor einer halben Stunde getrunken hat, kommt man nicht mehr hinein, auch nicht, wenn man dort Haustürschlüssel oder Ehefrau hat liegen lassen. Wer nicht oder nicht wieder reinkommt, muss warten. Selbst weinende Männer haben keine Lobby bei Türstehern und bei F. Zapf erst recht nicht. Der steht vor uns und verweigert den Einlass. Er sieht aus wie Asterix mit dem Körper von Obélix. Sein mit einem riesigen blonden Schnauzbart verzierter Schädel scheint zu gleichen Teilen aus Fett und Haaren zu bestehen. Diese Erscheinung hält Fürio von jedem Versuch ab, sich ins Zelt zu mogeln. Also telefoniert er ausführlich mit zu Hause, um Bericht von der Lage zu geben und seine Mutter zu bitten, sein AS-Roma-Trikot nicht zu waschen (Fürio ist 33 Jahre alt).
Das geht F. Zapf auf die Nerven. Man muss das auch mal verstehen: Zehn Stunden lang hört sich Zapf das Gemecker, Gewinsel, Gebrüll und Gezeter Hunderter Menschen an. Und dann schreit ihm ein kleinwüchsiger Südländer auch noch von der Seite ins Ohr. Als Fürio zu Ende telefoniert hat und uns gerade erzählen will, dass seine Oma im Supermarkt auf einem Fisch ausgerutscht ist, von dem niemand wüsste, wie er dahin gekommen sei, weil es in dem Supermarkt gar keinen Fisch gibt, zieht Zapf ihn zu sich hin.
«Mogst nei?», fragt er ihn drohend, aber mit einer ziemlich drolligen Fistelstimme.
«Cosa?», fragt Fürio zurück. Er hat wirklich Angst.
«Obst nei mogst?»
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Fürio sieht mich Hilfe suchend an. Auch ich fürchte mich vor F. Zapf, aber ich trage die Verantwortung für Qui, Quo und Qua und kann sie nicht sich selber überlassen. Also sage ich:
«Wir warten hier doch nur. »
«G'hersta zu dene do?»
«Ja, das sind mein Schwager und seine Freunde. Sie sind über tausend Kilometer gefahren, bloß um heute hier reinzu-gehen.»
Zapf lässt Fürio los.
«Dausnd Killometr, wos? Ja, Herrschaft.»
Zapfs Miene hellt sich auf. Das findet er jetzt also schon enorm, dass einer tausend Kilometer mit dem Auto fährt, bloß um sich von ihm vermöbeln zu lassen.
«Seid's ihr aus Idalien oder wos?»
«Aus Campobasso »sind die.»
«Wos is' jetz' des?»
«Das ist in der Nähe von Neapel.» So ungefähr stimmt das schon. Global betrachtet ist Kiel ja auch bei Hamburg.
Zapf nickt mit seinem riesigen Kopf, ob er lächelt, kann man nicht genau sagen, aber man wünscht es sich. Und dann geschieht das Wunder von München. Zapf schiebt uns vier mit einer sensenartigen Schaufelbewegung an sich vorbei und sagt: «Kimmt's eini.» Bis zur Abreise wird dieses Wunder auf mich zurückgeführt.
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