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Jan Weiler Antonio im Wunderland

Jan Weiler Antonio im Wunderland

Titel: Jan Weiler Antonio im Wunderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
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mit unpassenden Kommentaren die Stimmung zu vergiften.
    «Ja, das ist wirklich ein Zufall, Sir», sage ich also.
    «Nenn mich Robert.»
    «Wir wollen nicht stören, Robert. Ich bin sicher, Sie werden häufig angesprochen. Es tut mir sehr Leid, dass mein Schwiegervater Sie belästigt hat.» Ich fühle mich unwohl.
    Wer weiß schon, was Antonio ihm aufgetischt hat. Und Roberts Freunde sehen nicht so aus, als ob ihnen die Situation gefiele.
    De Niro legt den Kopf schief und lächelt. Er legt kumpelhaft den Arm um Antonio.
    «Ich habe noch nie jemanden getroffen, der sie kannte.
    Meine Nonna!» Robert ist ehrlich berührt. Er macht dieses weltbekannte Knatschgesicht, als würde er gleich anfangen zu heulen. Es ist verblüffend. Er sieht wirklich aus, wie man ihn aus dem Kino kennt. 1 Das Muttermal auf seiner rechten Wange, die unauffällige Frisur, die Augen. Robert und Antonio sind beinahe derselbe Jahrgang. 2 Die beiden verstehen sich auf Anhieb. Hoffentlich kommt Antonio jetzt nicht mit Mauro Conti um die Ecke.
    «Kennst du Mauro Conti?»
    Ich versinke in meinem Stuhl. Alkohol, bitte, jetzt.
    1 Robert De Niro sieht eigentlich meistens aus wie Robert De Niro. Zu den wenigen Filmen, in denen er sich wirklich sehr verkleidet hat, gehört
    «Frankenstein» (Monster mit ziemlich vielen Narben), «Wie ein wilder Stier» (Boxer mit starkem Übergewicht) und «Kap der Angst» (Verbrecher mit langen Haaren und vielen Tätowierungen).
    2 Robert De Niro wurde am 17. August 1943 geboren. Er wuchs in Little Italy auf und wurde in seiner Kindheit «Bobby Milk» gerufen, weil er so ein blässliches und zartes Bübchen war.
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    «Na klar kenne ich Mauro Conti. Wer kennt Mauro Conti nicht?»
    Das gibt es doch gar nicht! Mauro Conti existiert! Antonio hat mich nicht angelogen, ich kann es kaum fassen. Vor mir sitzt einer der berühmtesten Menschen der Erde – und er kennt Mauro, das Phantom von New York, Antonios Flaschengeist, den Mythos der Mythen. Robert ist genauso von den Socken wie ich.
    «Sag bloß, das ist ein Bekannter von dir?», fragt er Antonio, dessen Triumphlächeln vom Blitzen seiner Goldzähne gekrönt wird.
    «Bekannter? Mein bester Freund ist das!», ruft Antonio mit einer Überzeugung, die keine Widersprüche zulässt.
    «Er ist dein bester Freund? Aber du bist doch nicht schwul, oder?», fragt De Niro verwirrt.
    «Nein, wieso?» Antonio ist diese Frage in über sechzig Le-bensjahren noch nie gestellt worden, und er kann überhaupt nichts damit anfangen. Robert sieht die Empörung in Antonios Gesicht.
    «Ich meine, wenn du sein bester Freund bist?»
    «Mauro ist schwul?» Antonio ist geplättet.
    «Mein Freund, Mauro Conti ist schwul wie eine holländische Kathedrale», sagt Robert und trinkt von seinem Rotwein.
    «Jeder, der einmal mit ihm gearbeitet hat, weiß das.»
    «Als wir zur Schule gingen, war er noch ganz normal», entgegnet Antonio. «Hat er dein Haus gebaut?»
    Robert ist nun seinerseits verwirrt. «Wieso sollte er?»
    «Ist er denn nicht ein weltberühmter Baumeister?», fragt Antonio in leicht geschwollener Wortwahl. Er ist nicht oft unter Superstars, das merkt man.
    «Berühmt ist er schon, aber nicht für Häuser. Er hat meinen Garten in Los Angeles entworfen. Er ist ein absolutes Genie, 220
    ein Meister, Seine Arbeiten erkennt man sofort, wenn man sie sieht. Er hat sich den Begriff Landschaftsskulpteur schützen lassen 1 , und genau das trifft es.»
    Jetzt wird mir einiges klar. Mauro Conti baut keine Häuser, sondern Gärten. Er ist Landschaftsarchitekt und wird dieser Tätigkeit eher nicht in Manhattan nachgehen. Und es ist auch kein Wunder, dass ich ihn im Internet nicht fand – Ich habe einfach die falschen Suchbegriffe verwendet. Wenn es nun auch noch stimmt, dass Antonio diese Reise gemacht hat, um seinen Schulfreund um städtebauliche Hilfe zu bitten, dann ist die ganze Fahrt ein Schlag ins Wasser. Aber Antonio scheint die Wahrheit über Mauro überhaupt nichts auszumachen.
    «Wir sind hergekommen, um ihn zu suchen. Weißt du, wo er wohnt?», fragt Antonio.
    «Er wohnt nirgends, er ist immer unterwegs in der Welt. Er lebt in Hotels, schaut nach seinen Gärten und legt neue an. Er reist an dreihundert Tagen im Jahr. Er ist verrückt. »
    «Also ist er nicht in New York.»
    «Nein, keine Ahnung, wo er gerade ist. Vielleicht in Europa, keine Ahnung. Vor vier Monaten war er für ein paar Wochen in LA und hat dort nach dem Rechten gesehen. Die Rosen von Tom Cruise haben Läuse.»
    Das ist ja

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