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Jan Weiler Antonio im Wunderland

Jan Weiler Antonio im Wunderland

Titel: Jan Weiler Antonio im Wunderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
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ene Fleisch fressende Pflanze.»
    «Wo hast du die denn her?»
    «Von ene Verkäufer für Fleisch fressende Pflanze.»
    «Hm. Und warum hast du die gekauft?»
    «So eine hannisch mir schon immer jewünscht.»
    Was für ein interessantes Souvenir. Bei Benno weiß man nie, vielleicht will er auch seine Mutter an die Pflanze verfüttern. Wir bestellen unser Essen, und Antonio setzt mir noch einmal auseinander, wie wichtig und segensreich das Wirken des im frühen 20. Jahrhundert gewählten Bürgermeisters Ramone gewesen sei. Ich höre ihm geduldig zu, versinke so allmählich in einen friedlichen Dämmerzustand, der auch noch anhält, als unser Hauptgang kommt. Benno ordert die vierte Runde Bier, indem er mit seinem leeren Glas winkt und zum Kellner sagt: «Jung, lassma’ die Luft ausm Glas.» Er hat in diesem Land eigentlich keine Verständigungsschwierigkei-ten.
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    Während wir den Hauptgang zu uns nehmen, entdecke ich ein paar Tische weiter einen Gast, der ein bisschen aussieht wie Robert De Niro, der große italoamerikanische Schauspieler aus Little Italy. Ich stubse Antonio an und sage scherzhaft.
    «Guck mal, da ist ein Kollege von dir.»
    Antonio zieht die Stirn kraus und sagt: «Siehte aus wie De Niro.» Dann gibt er wieder einmal die Geschichte von Robert De Niros Nonna zum Besten, die in einem Nachbardorf von Campobasso lebt, wenn sie nicht schon gestorben ist. Jahrelang hat man daraufgewartet, dass der Enkel mal zu Besuch kommt, aber er ist dafür wohl viel zu berühmt. Robert De Niro müsste aber gar nicht zu Besuch kommen, er ist für die stolzen Bewohner von Molise auch so einer der ihren, der berühmteste Sohn der Region – und das, obwohl er in New York geboren ist.
    Nach dem Essen muss ich mal für kleine Schwiegersöhne.
    Die Toilette erweist sich als enigmatischer, weil vollkommen verspiegelter Höhepunkt modernen Badezimmerdesigns. Sogar Waschbecken, Pissoirs, Boden und Decke sind mit Spie-geln verkleidet. Man fühlt sich wie ein Echo.
    Als ich wieder an unseren Tisch komme, sind Benno und Antonio weg. Natürlich. Ich sehe mich um, checke den Raum mit meinem Antonio-Suchblick 1 . Ich sehe ihn zwar nicht, aber ich höre ihn. Er hat soeben gelacht, und dieses einer Heulboje nicht unähnliche Geräusch kam von rechts. Ich blicke mich 1 Es handelt sich um einen Bück, den auch Eltern von Kleinkindern draufhaben und auf Kinderspielplätzen, Kindergarten sommerfesten und im Supermarkt anwenden, indem sie die Umgebung selektiv röntgen und nur nach bestimmten Schlüsselreizen Ausschau halten, also roten Mützen oder blonden Haaren. So lassen sich auch größere Menschenmengen rasend schnell scannen.
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    um, und da sitzt er mit Benno vier Tische weiter – neben dem De Niro-Verschnitt. Das muss doch jetzt nicht sein, oder? Ich gehe rüber, und je näher ich ihnen komme, desto kleiner werden meine Zweifel. Ich stehe nun genau vor dem Tisch –
    von Robert De Niro.
    Der Mann sieht nicht so aus, er ist es, leibhaftig. Er ist mit einer schönen blonden Frau da und einem anderen Pärchen, keine Prominenz, so weit ich das beurteilen kann. Als er mich sieht, sagt er auf Italienisch: «Ist er das?» Sein Italienisch ist ein amerikanisches Italienisch, nicht super, aber ganz gut, soweit ich das beurteilen kann. Antonio antwortet: «Ja, mein Schwiegersohn, er ist Deutscher, aber das macht nichts. Ich liebe ihn wie einen Sohn. Oder sagen wir mal so: wie einen unehelichen Sohn.» Robert De Niro reißt die Augen auf und lacht sich kaputt. Ich hoffe, dass jetzt der Wecker klingelt und alles nur ein böser Traum ist. Aber Robert De Niro steht auf und gibt mir die Hand.
    «Hi, ich bin Robert De Niro. Kommen Sie zu uns.»
    Ich setze mich auf einen Stuhl, der nun vom Kellner gebracht wird. In Windeseile kommt auch noch ein Tisch, und es wird angebaut. Unsere Gläser, die Pflanze und den anderen Kram, den Benno und Antonio durch die Stadt geschleppt haben, werden von unsichtbaren Schergen her-
    übergetragen. Mister De Niro stellt mich seinen Freunden vor.
    Sie sagen, dass sie es schön fanden, mich zu treffen. Ich erwidere, dass ich entzückt sei, ihre Bekanntschaft zu machen.
    «Wir sprachen gerade von zu Hause», sagt Robert De Niro und zeigt auf Antonio, der knallrot im Gesicht neben ihm hockt und sich gar nicht beruhigen kann vor lauter Stolz. «Wir haben dieselben Wurzeln. Dein Schwiegervater kannte meine Nonna.» Ist das nicht unglaublich? Kennen ist zwar leicht 218
    übertrieben, aber ich werde mich hüten, hier

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