Jan Weiler Antonio im Wunderland
interessant. Tom Cruise seine Rosen haben Läuse.
Ich übersetze diese essenzielle Insiderinformation für Benno, der ein bisschen wenig mitbekommt von der Unterhaltung. Er scheint sich aber auch nicht so sehr dafür zu interes sieren. Er füttert seine Pflanze mit den Resten seines Ragouts und trinkt 1 Diese Übersetzung dessen, was Mister De Niro da sagt, ist nicht ganz korrekt, aber das Wort auch nicht übersetzbar. Im Englischen hätte er
«landsculptor» gesagt, eine Verkürzung der Begriffe «landscape» und
«sculptor».
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Bier. Später bittet er einen Kellner, uns mit Robert zu fotografieren. Das ist mir peinlich, aber ich kann es verstehen. Robert zum Glück auch.
Er ist begeistert von seinem neuen Freund Antonio. Zudem haben wir ihn von seiner Begleitung befreit. Die Herrschaften seien Verleger und wollten ihn seit Jahren zu einem Buch überreden, raunt er mir zu. Er habe darauf aber überhaupt keine Lust und sei sehr froh, dass wir aufgetaucht sind. Robert ignoriert die Verlegertypen von nun an weitgehend. Er stellt Antonio viele Fragen über Campobasso, und Antonio beantwortet diese ausführlich, aber offensichtlich sehr zur Zufriedenheit des Schauspielers, der noch eine Flasche Rotwein bestellt. Dann fragt er, wo wir in New York wohnen. Ich sage ihm den Namen und die Adresse unserer Absteige, und er ist erschüttert.
«Das ist ja furchtbar. Morgen zieht ihr dort aus.»
Ich finde das nett, versuche aber, ihn davon abzuhalten, uns einzuladen. Dieses ganze Star-Ding absorbiert schon genug von meiner Lebensenergie. Es ist wirklich anstrengend, mit ganz berühmten Menschen zusammen zu sein.
«Keine Widerrede. Ich lasse euch morgen um zehn abholen.
Ich kann einen Molisaner nicht in so einem Loch wohnen sehen.»
Wenig später haut der Verlagsmensch nebst Frauen ab, nachdem er die ganze Rechnung übernommen hat. Bin sehr einverstanden damit.
Wir reden noch lange und sind tüchtig bezecht, als Robert De Niro uns von einem Fahrer ins Hotel bringen lässt. Die letzten zwei Stunden haben mich vollkommen durcheinander gewirbelt. In meiner Hand halte ich ein Stück Papier mit Roberts Mobiltelefon-Nummer. Ich soll ihn anrufen, wenn irgendetwas am Hotel nicht in Ordnung geht. Außerdem hat er 222
uns zu einem Basketballspiel eingeladen, morgen Abend im Madison Square Garden.
Ich bringe Benno und Antonio auf ihr Zimmer, und Benno stellt die Pflanze neben seinen Rauchverzehrer. Dann verschwindet er im Bad. Antonio ist noch ganz verstrahlt. Ich umarme ihn, denn ich bin voller Scham.
«Verzeih mir, dass ich wegen Mauro an dir gezweifelt habe», sage ich.
«Habi gesagte, wir finden ihn und haben ihn gefunden», antwortet er, als sei das von vornherein klar gewesen.
«Ja, du hast Recht, Toni Casinista.»
Darauf lacht er und gibt mir einen Kuss. Man kann einfach nichts gegen ihn ausrichten. Ich ermahne ihn, seine Sachen bis zum Frühstück beisammen zu haben, damit wir umziehen können. Ich bin mal gespannt, wohin es geht. Im Fernsehen läuft ein Vorbericht für das Spiel der New York Knicks gegen die LA Clippers, es ist ausverkauft.
Am nächsten Morgen zahle ich unsere Zimmer. Antonio bat mich, ihm das Geld vorzuschießen, denn er hat fälsch-licherweise angenommen, er könnte hier mit seiner Sparkas-sen-Karte auftrumpfen. Dem Mann an der Rezeption erklärt er, wir müssten leider gehen, weil sein alter Freund Robert De Niro uns zu sich eingeladen hätte.
«O wirklich, Sir? Das ist aber sehr schön», antwortet der Bursche mit der typischen Höflichkeit eines New Yorker Ho-telangestellten, dem deutlich anzumerken ist, dass er uns für ausgemachte Spinner hält. Beim Frühstück sind wir still, ich habe keinen großen Appetit, das ist die Aufregung. Die ganze Sache entwickelt sich irgendwie surreal. Dann stehen wir in der Hotellobby und warten auf den Chauffeur.
Und wenn er nicht kommt? Wenn Robert De Niro sich bloß einen Spaß mit uns erlaubt hat? Vielleicht sind wir schon wie-223
der vergessen, und er ist längst auf dem Weg nach irgendwo-hin, wo Stars so hinfliegen. So wird es sein, denke ich. Und seine Telefonnummer wird nicht stimmen, ich werde sie jedenfalls nicht ausprobieren, so viel Stolz habe ich immerhin.
Ich gebe ihm noch zehn Minuten. Wenn sein Fahrer dann nicht hier ist, werde ich an die Rezeption gehen und wieder einchecken. Ich werde dem Typ sagen, dass Robert leider Mumps bekommen habe und wir unsere Zimmer gerne wieder zurückhätten.
Eine Minute vor Ablauf der Frist erscheint der
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