Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)
Antrag ernst gemeint ist, so können meine Gefühle Ihnen gegenüber nur Dankbarkeit und Hingabe sein – und diese können nicht quälen.«
»Dankbarkeit!«, rief er aus. Dann fügte er in wildem Ton hinzu: »Jane, akzeptieren Sie mich schnell! Sagen Sie: ›Edward‹ – nennen Sie mich bei meinem Namen – ›Edward, ich werde dich heiraten.‹«
»Ist es wahrhaftig Ihr Ernst? Lieben Sie mich wahr und aufrichtig? Wünschen Sie von Herzen, dass ich Ihre Frau werde?«
»Ja! Und wenn es eines Eides bedarf, um Sie zu beruhigen, so werde ich schwören.«
»Dann, Sir, werde ich Sie heiraten.«
»›Edward‹, meine kleine Frau!«
»Lieber Edward!«
»Komm zu mir, komm ganz zu mir«, sagte er, legte seine Wange an die meine und flüsterte mir ins Ohr: »Sei du mein Glück – ich werde das deine sein.«
»Gott möge mir verzeihen!«, fügte er nach einer langen Pause hinzu, »und die Menschen mögen sich nicht einmischen. Ich habe sie, und ich werde sie behalten!«
»Niemand wird sich einmischen, Sir. Ich habe keine Verwandten, die dreinreden könnten.«
»Nein, das ist das Beste daran«, sagte er, und wenn ich ihn weniger geliebt hätte, so würden seine Worte und sein Blick mir wild vorgekommen sein. Aber wie ich so neben ihm saß – befreit von dem Albdrücken einer nahe bevorstehenden Trennung und ins Paradies der Vereinigung gerufen –, da dachte ich nur an das Glück, das ich jetzt in so vollen Zügen genießen durfte. Immer und immer wieder fragte er mich: »Bist du glücklich, Jane?« Und immer wieder antwortete ich: »Ja!« Und dann murmelte er: »Das wird es gut machen – das wird es gut machen. Habe ich sie nicht arm und verlassen und ohne Freunde gefunden? Werde ich sie nicht behüten und lieben und trösten? Ist nicht Liebe in meinem Herzen und Beständigkeit in meinen Entschluss? Das wird mich vor Gottes Thron reinwaschen. Denn was das Urteil der Welt anbelangt – da wasche ich meine Hände. Es kümmert mich nicht. Der Meinung der Menschen trotze ich.«
Aber was war nur aus dem lichten Abend geworden? Der Mond konnte noch nicht untergegangen sein, und doch saßen wir in der Dunkelheit. Ich konnte kaum das Gesicht meines Herrn sehen, wie nahe ich ihm auch war. Und was war mit dem Kastanienbaum geschehen? Er ächzte und stöhnte, während der Wind in dem Lorbeerwäldchen heulte und sausend über uns dahinfuhr.
»Wir müssen hineingehen«, sagte Mr. Rochester, »das Wetter verändert sich. Ich hätte bis zum Morgen mit dir hier sitzen können, Jane!«
›Und ich ebenso‹, dachte ich. Vielleicht hätte ich dieser Empfindung auch Worte verliehen, aber ein bläulicher, heller Blitz schoss aus einer Wolke hervor, die ich gerade betrachtete, dann folgte ein Krachen, ein Dröhnen und einPrasseln; ich dachte nur daran, meine geblendeten Augen an Mr. Rochesters Schulter zu verbergen.
Der Regen strömte herab. Mr. Rochester zog mich eilends durch den Gartenweg, durch den Park und hinein ins Haus, aber wir waren vollständig durchnässt, bevor wir die Schwelle erreicht hatten. Er war gerade im Begriff, mir in der großen Halle den Schal von den Schultern zu nehmen und mein nasses Haar zu trocknen, als Mrs. Fairfax aus ihrem Zimmer trat. Im ersten Augenblick bemerkte ich sie nicht, ebenso wenig Mr. Rochester. Die Lampe war angezündet, die Uhr schlug gerade zwölf.
»Beeile dich, deine nassen Kleider abzulegen«, sagte er; »und bevor du gehst, gute Nacht – gute Nacht, meine Liebe!«
Er küsste mich wiederholt. Als ich mich seinen Armen entwand und aufblickte, stand die Witwe vor mir, bleich, ernst und verwundert. Ich lächelte ihr nur zu und lief die Treppe hinauf. ›Die Erklärung kommt noch immer früh genug‹, dachte ich. Als ich dann mein Zimmer erreicht hatte, fühlte ich jedoch einen stechenden Schmerz im Herzen bei dem Gedanken, dass sie auch nur für einen Augenblick missdeuten könnte, was sie gesehen hatte. Aber das Glück überdeckte bald jedes andere Gefühl; und wie laut der Wind auch pfiff, wie heftig und nah der Donner grollte, wie blendend und oft der Blitz auch den Himmel durchzuckte, wie sintflutartig der Regen auch während dieses zweistündigen Gewitters fiel: Ich empfand keine Furcht und keinen Schrecken. Während dieses Aufruhrs in der Natur kam Mr. Rochester dreimal an meine Tür, um zu fragen, ob ich mich auch sicher und ruhig fühlte. Und das war ein Trost, das gab mir zu allem Kraft.
Ehe ich mich am nächsten Morgen erhob, kam die kleine Adèle in mein Zimmer gelaufen,
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