Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
Vom Netzwerk:
ihrem Wohnsitz.«
    »Gewiss Sir, ich stehe ganz zu Diensten.«
    Hier zog Mr. Briggs ruhig ein Papier aus seiner Tasche und las mit einer gewissermaßen geschäftsmäßigen und nasalen Stimme Folgendes:
    »Ich bestätige und kann beweisen, dass am zwanzigsten Oktober A. D. ***« – es war ein Datum fünfzehn Jahre zuvor – »Edward Fairfax Rochester von Thornfield Hall, in der Grafschaft *** und Ferndean-Manor in *** shire, England, mit meiner Schwester Bertha Antoinetta Mason, Tochter von Jonas Mason, Kaufmann, und seiner Gattin Antoinetta, einer Kreolin, in der ***-Kirche zu Spanish Town auf Jamaika getraut wurde. Das Protokoll über jene Trauung steht in den Registern der genannten Kircheverzeichnet – eine Kopie desselben befindet sich zurzeit in meinen Händen. Gezeichnet, Richard Mason«
    »Das mag beweisen – wenn es übrigens ein echtes Dokument ist –, dass ich einmal verheiratet war, aber es beweist nicht, dass jenes Weib, welches darin als meine Gattin bezeichnet wird, noch am Leben ist.«
    »Wenigstens lebte sie vor drei Monaten noch«, entgegnete der Advokat, »das ist bewiesen.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich habe einen Zeugen für jenes Faktum, Sir; einen Zeugen, Sir, dessen Aussagen selbst Sie nicht bestreiten oder entkräften können.«
    »Bringen Sie ihn zur Stelle – oder gehen Sie zum Teufel!«
    »Vorerst will ich ihn zur Stelle bringen – er befindet sich in nächster Nähe. – Mr. Mason, haben Sie doch die Güte vorzutreten!«
    Als Mr. Rochester diesen Namen hörte, knirschte er mit den Zähnen. Ein starkes konvulsivisches Zittern ließ seinen ganzen Körper erbeben; er hielt mich so fest an sich gedrückt, dass ich das krampfhafte Beben der Wut und der Verzweiflung, das seine ganze Gestalt durchfuhr, mitempfinden musste.
    Der zweite Fremde, welcher sich bis jetzt im Hintergrund gehalten hatte, trat jetzt ebenfalls näher. Ein bleiches Gesicht blickte über die Schulter des Rechtsgelehrten: Ja, es war Mr. Mason in eigener Person. Mr. Rochester wandte sich um und starrte ihn an. Wie ich schon oft erwähnt habe, waren seine Augen schwarz – jetzt aber hatten sie einen rotbraunen, nein, einen blutigen Glanz in ihrer Dunkelheit. Sein Gesicht verfärbte sich – die olivbraunen Wangen und die bleiche Stirn wurden von einer Glut überzogen, die wie ein Feuer aus dem gemarterten Herzen emporzusteigen schien. Dann machte er eine Bewegung, er erhob seinen starken Arm und er hätte Mason niederschlagen können, ihm mit einem rücksichtslosen Hieb die Luft rauben undihn auf den Kirchenboden hinstrecken können, aber Mason zuckte zurück und schrie hilflos: »Allmächtiger Gott!« Hier überkam Mr. Rochester plötzlich ein Gefühl kalter Verachtung, seine Raserei erlosch, als hätte der Frost sie mit einem Schlag vernichtet, und er fragte nur: »Was hast
du
denn zu sagen?«
    Eine unhörbare Antwort entrang sich den bleichen Lippen Mr. Masons.
    »Der Teufel soll dich holen, wenn du nicht deutlich antworten kannst. Ich frage dich noch einmal, was
du
zu sagen hast«, schrie Mr. Rochester ihn an.
    »Sir – Sir«, unterbrach ihn hier der Geistliche, »vergessen Sie nicht, dass Sie sich an geweihter Stätte befinden!«
    Dann wandte er sich zu Mr. Mason und fragte sanft: »Wissen Sie, Sir, ob die Frau dieses Herrn hier noch am Leben ist oder nicht?«
    »Nur Mut«, drängte ihn der Advokat, »sprechen Sie nur!«
    »Sie ist auf Thornfield Hall«, sagte Mason mit deutlicherer Stimme. »Ich sah sie dort letzten April. Ich bin ihr Bruder.«
    »Auf Thornfield Hall!«, rief der Prediger entsetzt aus. »Unmöglich! Ich bin ein alter Bewohner dieser Gegend, Sir, und noch niemals, nein, niemals habe ich von einer Mrs. Rochester auf Thornfield Hall gehört.«
    Ich sah, wie ein grausames Lächeln Mr. Rochesters Lippen verzerrte. Er murmelte:
    »Nein, bei Gott! Ich habe Sorge getragen, dass niemand von ihr hörte – unter jenem Namen.«
    Er dachte nach. Lange Minuten ging er mit sich zu Rate. Dann hatte er seinen Entschluss gefasst und verkündete ihn:
    »Genug! Jetzt soll alles auf einmal heraus wie die Kugel aus dem Lauf. – Wood, schließen Sie Ihr Buch und ziehen Sie Ihren Rock aus! John Green …«, dies war der Beamte,»… verlassen Sie die Kirche! Heute wird keine Trauung mehr stattfinden.« Der Mann tat, wie ihm geheißen.
    Mr. Rochester fuhr fort, kühn und unentwegt: »Bigamie ist ein schlimmes Wort! Und doch hatte ich die Absicht, ein Bigamist zu werden! Aber das Schicksal hat mich überlistet –

Weitere Kostenlose Bücher