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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
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Magd mir die Tür vor der Nase zu und verriegelte sie von innen.
    Dies war der Wendepunkt. Ein Schmerz der qualvollsten Art, ein Gefühl echter Verzweiflung zerriss mir das Herz. Ich war vollständig erschöpft, ich konnte keinen Schritt mehr tun. Auf den nassen Steinstufen brach ich zusammen, ich stöhnte, ich rang die Hände, ich weinte in meiner Todesangst. O wie gespenstisch war der Tod, diese letzte Stunde, die mit all ihren Schrecken nahte! Ach, dieses Verlassensein, dieses Verstoßensein von meinesgleichen! Nicht allein den festen Anker eines Heims, nein, auch all meine Seelenkraft hatte ich verloren, wenn auch nur für einen Augenblick. Aber ich bemühte mich, Letztere zurückzugewinnen.
    »Ich kann nur noch sterben«, sagte ich, »und ich glaubean Gott. Lass mich versuchen, seinen Willen ergeben abzuwarten.«
    Diese Worte dachte ich nicht nur, sondern ich sprach sie auch aus, und indem ich all mein Elend in mein Herz zurückdrängte, versuchte ich es dort einzuschließen und stumm zu bleiben.
    »Jeder Mensch muss sterben«, sagte eine Stimme in meiner Nähe, »aber nicht alle sind verurteilt, ein langsames oder vorzeitiges Ende zu finden, so wie das Ihre es sein würde, wenn Sie hier vor Mangel umkämen.«
    »Wer oder was spricht da?«, fragte ich, erschrocken über die unerwarteten Laute, denn jetzt war ich schon nicht mehr imstande, aus irgendeinem Umstand Hoffnung auf Hilfe zu schöpfen. Eine Gestalt war in meiner Nähe, mehr zu erkennen hinderte mich die stockfinstere Nacht und meine geschwächte Sehkraft. Mit lautem, ausdauerndem Klopfen meldete der Neuangekommene sich an der Tür.
    »Sind Sie es, Mr. St. John?«, fragte Hannah.
    »Ja, ja, mach nur schnell auf.«
    »Ach du meine Güte, wie erfroren und durchnässt Sie sein müssen, in einer solchen Nacht! Kommen Sie nur herein! Ihre Schwestern haben schon große Angst um Sie. Und ich glaube gar noch, dass sich hier böse Gesellen herumtreiben. Eine Bettlerin ist hier gewesen … aber wahrhaftig, sie ist noch nicht fort … hat sich hierher gelegt! – Stehen Sie auf! Es ist eine Schande. Fort, sage ich!«
    »Still, Hannah! Ich habe ein Wort mit dieser Frau zu sprechen. Du hast deine Pflicht getan, als du sie ausschlossest, jetzt lass mich die meine tun, indem ich sie hereinlasse. Ich war in der Nähe und habe gehört, was ihr beide miteinander spracht. Ich glaube, dies ist ein ganz besonderer Fall – wenigstens muss ich ihn untersuchen. Junge Frau, stehen Sie auf und gehen Sie vor mir ins Haus.«
    Mit großen Anstrengungen gehorchte ich ihm. Gleich darauf stand ich in jener reinlichen, hellen Küche – vorjenem Herd, zitternd, schwächer und schwächer werdend, wohl wissend, dass ich im höchsten Grade zerlumpt, gespenstisch und abschreckend aussah. Die beiden jungen Damen, ihr Bruder Mr. St. John und die alte Dienerin – alle starrten mich an.
    »St. John, wer ist sie?«, hörte ich die eine fragen.
    »Ich weiß es nicht. Ich fand sie vor der Tür«, lautete seine Antwort.
    »Sie sieht ganz weiß aus«, warf Hannah ein.
    »So weiß wie Kreide oder der Tod«, wurde erwidert, »sie wird umfallen, lass sie sich setzen.«
    Und in der Tat ward mir schwindlig – ich sank um, aber ein Stuhl nahm mich auf. Ich war noch im Besitz meiner Sinne, obgleich ich in diesem Augenblick nicht sprechen konnte.
    »Vielleicht würde etwas frisches Wasser sie neu beleben. Hannah, hol ein wenig. Aber sie ist ja gänzlich erschöpft. Wie mager sie ist! Und nicht ein Tropfen Blut in den Wangen!«
    »Ein wahres Gespenst.«
    »Ist sie krank oder nur ausgehungert?«
    »Ausgehungert, glaube ich. Hannah, ist das Milch? Gib sie mir, und ein Stück Brot dazu!«
    Diana – ich erkannte sie an den langen Locken, welche ich zwischen mir und dem Feuer herabwallen sah, als sie sich über mich beugte – zerbröckelte ein wenig Brot, tunkte es in Milch und hielt es an meine Lippen. Ihr Gesicht war dem meinen ganz nahe. Ich sah das Mitleid darin, und in ihren beschleunigten Atemzügen fühlte ich Sympathie. Aus ihren einfachen Worten sprach das nämliche Gefühl, als sie sagte: »Versuchen Sie zu essen!«
    »Ja, versuchen Sie es«, wiederholte Mary sanft, und Marys Hand entfernte meinen durchnässten Hut und hob meinen Kopf empor. Ich nahm von dem, was sie mir anboten, zuerst matt, dann aber gierig.
    »Nicht zu viel auf einmal – haltet sie zurück!«, sagte der Bruder. »Das ist genug.« Und er nahm die Tasse mit Milch und den Teller mit Brot fort.
    »Ein wenig noch, St. John – sieh

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