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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
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unbegreiflich, weil ich nicht weiß, welche Beschäftigung Sie in Aussicht nehmen anstelle derjenigen, welche Sie aufgeben; welches Ziel, welchen Zweck, welchen Ehrgeiz Sie jetzt für Ihr Leben haben.«
    »Mein erstes Ziel ist, Moor House vom Keller bis zum Boden einer gründlichen Reinigung zu unterziehen – können Sie das Ausmaß eines solchen Vorhabens erahnen? Das Nächste wird sein, alles mit Bienenwachs, Öl und einer Unmenge von Tüchern zu polieren, bis es blitzt. Drittens werde ich jeden Tisch, jeden Stuhl, jedes Bett und jeden Teppich mit mathematischer Präzision arrangieren. Darauf werde ich Sie durch ungezählte Massen von Torf und Holzfast zugrunde richten, um in jedem Zimmer ein loderndes Feuer zu unterhalten, und schließlich werden die beiden letzten Tage, welche der Ankunft Ihrer Schwestern vorausgehen, dem Schlagen von Eiern, Auslesen von Rosinen, Rösten von Gewürzen, Backen von Weihnachtskuchen, Schneiden von Fleisch und anderen kulinarischen Verrichtungen gewidmet sein, von welchen Uneingeweihte wie Sie gar keinen Begriff haben. Kurz und gut, mein Zweck ist es, vor dem nächsten Donnerstag alles in einem Zustand der vollkommensten Bereitschaft zu Dianas und Marys Empfang zu haben; mein Ehrgeiz besteht darin, ihnen das
beau idéal
eines Willkommens zu bieten, wenn sie eintreffen.«
    St. John lächelte fast unmerklich. Aber er war noch immer nicht ganz zufrieden.
    »Das alles ist sehr schön für den Augenblick«, sagte er, »aber im Ernst gesprochen: Ich hoffe und vertraue, dass Sie Ihren Blick ein wenig höher richten werden, als auf häusliche Freuden und Verschönerungen, wenn die erste Freude und Erregung vorüber sein wird.«
    »Oh, das sind die besten Dinge, die das Leben uns bietet!«, entgegnete ich ihm.
    »Nein Jane, nein! Diese Welt ist nicht die Stätte des Genusses; versuchen Sie nicht, sie dazu zu machen. Und auch nicht eine Stätte der Ruhe – werden Sie nicht träge!«
    »Im Gegenteil! Ich beabsichtige, sehr tätig und arbeitsam zu sein!«
    »Jane, für den Augenblick verzeihe ich Ihnen noch. Ich gebe Ihnen zwei Monate zum vollen Genuss Ihrer neuen Lebenslage; zwei Monate dürfen Sie den Reiz dieser neu aufgefundenen Verwandtschaft auskosten.
Dann
aber hoffe ich, werden Sie Ihren Blick über Moor House und Morton hinaus erheben; Sie werden mehr anstreben als die Gesellschaft der Schwestern, mehr als die selbstsüchtige Ruhe und das sinnliche Behagen des Überflusses unserer Zivilisation.Ich hoffe, dass Ihre Energie Ihnen dann wiederum keine Ruhe lassen wird.«
    Ich sah ihn erstaunt an. »St. John«, sagte ich endlich, »es kommt mir beinahe schlimm vor, dass Sie so reden. Ich habe mir vorgenommen, so glücklich und zufrieden wie eine Königin zu sein, und da kommen Sie und versuchen von Neuem, die Ruhelosigkeit in mir wachzurufen. Zu welchem Zweck?«
    »Zu dem Zwecke, die Talente und Fähigkeiten, welche Gott Ihnen gegeben hat, in seinem Sinne zu verwerten. Denn eines Tages wird er dafür strenge Rechenschaft von Ihnen verlangen. Jane, ich werde getreulich und unablässig über Ihnen wachen – das kündige ich Ihnen an. Und bemühen Sie sich, den unangemessenen Eifer zu unterdrücken, mit dem Sie sich den einfachen, gewöhnlichen häuslichen Freuden hingeben. Hängen Sie sich nicht zu fest an die Bande des Fleisches. Bewahren Sie Ihre Energie und Ausdauer für eine vollkommenere Sache auf; unterlassen Sie es, sie mit gewöhnlichen, wertlosen Dingen zu verzetteln. Hören Sie mich, Jane?«
    »Ja. Gerade so, als ob Sie Griechisch sprächen. Ich fühle nur, dass ich einen guten Grund habe, froh und glücklich zu sein, und ich
werde
glücklich sein. Auf Wiedersehen!«
    Und ich war glücklich in Moor House. Ich arbeitete angestrengt, ebenso Hannah. Sie war entzückt zu sehen, wie fröhlich ich sein konnte inmitten der Unruhe eines Hauses, in welchem das Unterste zuoberst gekehrt wurde – wie gut ich bürsten, abstauben, reinigen und kochen konnte. Und wirklich, nach zwei Tagen der heillosesten Verwirrung war es reizend anzusehen, wie wir nach und nach Ordnung in das Chaos brachten, das wir selbst hervorgerufen hatten. Kurz vorher hatte ich noch eine Reise nach S*** unternommen, um einige neue Möbelstücke zu kaufen, nachdem meine Cousinen mir
Carte blanche
und eine bestimmte Summe zu dem Zweck gegeben hatten, alle mich gut dünkendenÄnderungen vorzunehmen. Das bisherige Wohnzimmer und die Schlafzimmer ließ ich ganz so, wie sie waren, denn ich wusste, dass Diana und Mary mehr

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