Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)
Freude am Wiedersehen mit den abgenutzten alten Stühlen und Tischen haben würden, als am Anblick der prächtigsten Neuerungen. Und doch war einiges an Neuem erforderlich, um ihrer Heimkehr das prickelnd Ungewöhnliche zu verleihen, womit ich sie gern umkleiden wollte. Diesem Zweck dienten nun schöne neue, dunkle Teppiche und Vorhänge, eine Zusammenstellung sorgsam ausgewählter, alter Gegenstände aus Porzellan und Bronze, neue Möbelbezüge sowie Spiegel und Necessaires für die Toilettentischchen: All dies lies die Zimmer frisch aussehen, ohne jedoch störend zu wirken. Ein ungenutztes Wohn- und Schlafzimmer richtete ich mit alten Mahagonimöbeln und roten Polstern gänzlich neu ein; in den Korridor und auf die Treppe legte ich Teppiche. Als alles fertig war, erschien das Innere von Moor House mir so freundlich, sauber und gemütlich, wie es draußen um diese Jahreszeit gerade winterlich einsam, öde und traurig war.
Endlich kam der ereignisreiche Donnerstag. Wir erwarteten die Ankunft um die Dämmerstunde und hatten schon lange vorher oben und unten die Kaminfeuer angezündet. Die Küche war in vollkommenster Ordnung, Hannah und ich waren umgekleidet, alles war bereit.
Zuerst kam St. John. Ich hatte ihn herzlich gebeten, das Haus nicht eher zu besuchen, als bis alles arrangiert wäre – und in der Tat hatte der bloße Gedanke an das alltägliche, niedrige Durcheinander, welches innerhalb unserer Wände herrschte, hingereicht, ihn völlig von Moor House fernzuhalten. Er fand mich in der Küche mit dem Backen einiger Kuchen für unseren ersten Teeabend beschäftigt. Indem er sich dem Herd näherte, fragte er, ob ich nun endlich mit der Arbeit eines Hausmädchens zufrieden sei. Ich antwortete ihm, indem ich ihn einlud, mich auf einer Inspektionsreisedurch das Haus zu begleiten, um das Resultat meiner Anstrengungen zu begutachten. Mit einiger Mühe gelang es mir, ihn zu diesem Rundgang zu überreden. Er blickte kaum in die Türen hinein, wenn ich sie öffnete; und nachdem er oben und unten gewesen war, meinte er, ich müsse unendlich viel Mühe und Arbeit gehabt haben, um in so kurzer Zeit so beträchtliche Veränderungen bewerkstelligt zu haben. Aber nicht mit einer einzigen Silbe verriet er, ob er an der Verschönerung seines väterlichen Hauses auch nur die geringste Freude hatte.
Sein Schweigen dämpfte meine Begeisterung. Ich nahm an, dass die Veränderungen vielleicht einige alte Erinnerungen zerstört hätten, welche ihm lieb und wertvoll waren, und fragte ihn, ob dies der Fall sei, wobei ich sicher sehr niedergeschlagen klang.
Durchaus nicht! Er bemerke im Gegenteil, dass ich mit der größten Gewissenhaftigkeit alles, was ihm wert sei, geschont habe; er fürchte in der Tat, dass ich der Sache mehr Wichtigkeit beigelegt habe, als sie wert sei. Wie viel Zeit hätte ich zum Beispiel damit zugebracht, über das Arrangement dieses Zimmers nachzudenken? – Übrigens, könne ich ihm vielleicht sagen, wo ein gewisses Buch sei?
Ich zeigte ihm den Band auf dem Bücherbrett. Er nahm ihn herunter, und nachdem er sich wie gewohnt in seine Fenstervertiefung zurückgezogen hatte, begann er zu lesen.
Nun, mein lieber Leser, dies gefiel mir nicht. St. John war gewiss ein guter Mann; aber jetzt begann ich zu empfinden, dass er die Wahrheit über sich selbst gesprochen hatte, als er sagte, dass er hart und kalt sei. Das Menschliche und das Angenehme des Lebens hatten keine Anziehungskraft für ihn, friedliche Genüsse boten ihm keinen Reiz. In der Tat, er lebte nur, um zu streben – zu streben nach dem, was gut und groß war. Aber er kannte keine Ruhe, er wollte sie nicht und er billigte es auch nicht, wenn die, welche um ihn waren, ruhten. Als ich auf seine hohe Stirn blickte, die still undbleich wie ein Grabstein war, auf seine schönen Züge, die durch das Studium fest und streng waren – da begriff ich plötzlich, dass er niemals ein guter Gatte sein könne, dass es eine schwere Aufgabe sein müsse, sein Weib zu sein. Wie durch eine plötzliche Eingebung verstand ich das Wesen seiner Liebe zu Miss Oliver, und ich stimmte ihm zu, dass dies nur eine Liebe der Sinne sein könne. Ich begriff, wie sehr er sich selbst verachten musste um des fieberhaften Einflusses willen, welchen sie auf ihn ausübte, wie er wünschen musste, diese Liebe zu ersticken und zu zerstören. Wie er daran zweifeln musste, dass diese Liebe jemals zu seinem und ihrem dauerhaften Glück führen könnte. Ich sah ein, dass er aus dem Stoff
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