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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
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nächsten Tag trug sie Mr. Brocklehurst die Angelegenheit vor, und dieser erwiderte, dass man dafür an Mrs. Reed schreiben müsse, da diese schließlich mein Vormund sei. Also gingeine Notiz an diese Dame ab, auf welche sie antwortete, dass ich ganz nach eigenem Ermessen handeln könne, da sie längst jede Einmischung in meine Angelegenheiten aufgegeben habe. Dieser Brief machte die Runde bei dem Komitee, und nach langer und, wie es mir schien, sehr unnötiger Verzögerung erhielt ich die Erlaubnis, meine Stellung zu verbessern, wenn sich mir die Gelegenheit dazu böte. Der Einwilligung folgte die Versicherung, dass man mir – da ich mich sowohl als Schülerin wie auch als Lehrerin in Lowood immer gut geführt hätte – unverzüglich ein von den Inspektoren der Schule unterzeichnetes Zeugnis über Charakter und Fähigkeiten zustellen werde.
    Nach ungefähr einer Woche erhielt ich dann das Zeugnis, schickte eine Abschrift desselben an Mrs. Fairfax und erhielt Antwort von ihr, welche besagte, dass sie zufrieden sei und mich in vierzehn Tagen in ihrem Haus erwarten würde, wo ich den Posten als Gouvernante antreten könne.
    Nun war ich mit meinen Vorbereitungen beschäftigt: Die vierzehn Tage gingen schnell dahin. Ich hatte keine große Garderobe, obgleich sie meinen Bedürfnissen vollkommen genügte. Der letzte Tag reichte aus, um meinen Koffer zu packen – denselben, welchen ich bereits vor acht Jahren von Gateshead mitgebracht hatte.
    Der Koffer wurde verschnürt, und es wurde eine Adresskarte draufgenagelt. In einer halben Stunde sollte der Bote kommen, um ihn nach Lowton mitzunehmen, wohin ich selbst mich in früher Stunde am folgenden Morgen begeben wollte, um von dort mit der Post weiterzufahren. Ich hatte mein schwarzwollenes Reisekleid sorgsam ausgebürstet, meinen Hut, Muff und meine Handschuhe zurechtgelegt sowie in allen Schubladen nachgesucht, damit nichts zurückbliebe. Jetzt, da nichts mehr zu tun war, setzte ich mich hin, um auszuruhen. Jedoch ich konnte es nicht: Obgleich ich während des ganzen Tages auf den Füßen gewesen war, konnte ich jetzt doch nicht einen AugenblickRuhe finden, so heftig war ich erregt. Heute Abend schloss ein Abschnitt meines Lebens ab, morgen begann ein neuer – es war einfach unmöglich, in der Zwischenzeit zu schlafen. Fieberhaft wachte ich, während sich der Übergang vollzog.
    »Miss«, sagte ein Mädchen, welches mich in dem Korridor, wo ich wie ein ruheloser Geist auf- und abging, aufsuchte, »unten ist eine Person, die mit Ihnen sprechen möchte.«
    ›Ohne Zweifel der Bote‹, dachte ich und lief ohne weitere Frage die Treppe hinunter. Um zur Küche zu gelangen, ging ich an dem hinteren Wohnzimmer der Lehrerinnen vorbei, dessen Tür halb geöffnet war, als jemand aus dem Zimmer gestürzt kam.
    »Das ist sie, wahrhaftig, sie ist’s! Ich hätte sie überall wiedererkannt!«, rief die Gestalt, die mich auf meinem Weg aufhielt und meine Hand ergriff.
    Ich blickte auf. Vor mir stand eine Frau, gekleidet wie eine herrschaftliche Dienerin, matronenhaft, aber dennoch jung. Sie war hübsch, hatte schwarzes Haar, dunkle Augen und eine frische Gesichtsfarbe.
    »Nun, wer ist’s wohl?«, fragte sie mit einem Lächeln und einer Stimme, die ich halb und halb erkannte. »Aber Miss Jane, ich hoffe doch, dass Sie mich nicht ganz vergessen haben!«
    Im nächsten Augenblick umarmte und küsste ich sie von Herzen: »Bessie! Bessie! Bessie!«, weiter konnte ich nichts hervorbringen. Sie hingegen lachte bald, bald weinte sie. Dann gingen wir zusammen ins Wohnzimmer. Am Kaminfeuer stand ein kleiner Junge von etwa drei Jahren in schottischem Anzug.
    »Das ist mein kleiner Junge«, sagte Bessie einfach.
    »Du bist also verheiratet, Bessie?«
    »Ja. Seit beinahe fünf Jahren – mit Robert Leaven, dem Kutscher. Außer Bobby dort habe ich noch ein kleines Mädchen, das Jane getauft ist.«
    »Und du wohnst nicht mehr in Gateshead?«
    »Ich wohne jetzt im Pförtnerhaus; der alte Portier ist fort.«
    »Nun, und wie geht es allen dort? Du musst mir alles erzählen, Bessie! Aber nimm erst Platz. Und du, Bobby, komm zu mir und setze dich auf meinen Schoß, magst du?« Aber Bobby zog es vor, sich neben seine Mama zu stellen.
    »Sie sind nicht sehr groß geworden, Miss Jane, und auch nicht sehr stark«, fuhr Mrs. Leaven fort. »Vermutlich hat man Sie hier in der Schule nicht allzu gut gefüttert. Miss Reed ist mindestens einen Kopf größer als Sie, und Miss Georgiana ist gewiss zweimal so

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