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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
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breit.«
    »Georgiana ist wohl sehr hübsch geworden, Bessie?«
    »Sehr hübsch! Im vorigen Winter ist sie mit ihrer Mama in London gewesen und dort hat jedermann sie bewundert. Ein junger Lord hat sich in sie verliebt, aber seine Verwandten waren gegen die Heirat und – was glauben Sie wohl? – er und Miss Georgiana verabredeten, miteinander davonzulaufen. Aber es kam an den Tag, und sie wurden aufgehalten. Miss Reed hat die Sache verraten; ich glaube, sie war neidisch. Und jetzt leben sie und ihre Schwester wie Hund und Katze miteinander, sie zanken und streiten unaufhörlich.«
    »Nun, und was ist aus John Reed geworden?«
    »Ach, er führt sich nicht so brav auf, wie seine Mutter es wohl wünschen könnte: Er war auf der Universität, aber sie haben ihn rausgeworfen. Seine Onkel wollten ja, dass er die Rechte studieren und Advokat werden sollte. Er ist jedoch ein so leichtsinniger junger Mensch, ich glaube, dass niemals viel aus ihm werden wird.«
    »Wie sieht er aus?«
    »Er ist sehr schlank. Einige Leute finden, dass er ein schöner junger Mann ist, aber er hat so dicke, aufgeworfene Lippen.«
    »Und Mrs. Reed?«
    »Die gnädige Frau sieht wohlbeleibt aus, aber ich glaube nicht, dass sie sich sehr wohl fühlt. Mr. Johns Betragen gefällt ihr nicht – er braucht sehr, sehr viel Geld.«
    »Hat
sie
dich hergeschickt, Bessie?«
    »Nein, wirklich nicht! Ich habe schon so lange gewünscht, Sie wiederzusehen, und als ich hörte, dass ein Brief von Ihnen gekommen sei und dass Sie in eine andere Gegend des Landes gehen wollten, da dachte ich mir, dass ich mich auf die Reise machen müsse, um Sie noch einmal zu sehen, bevor Sie ganz aus meiner Gegend weg wären.«
    »Ich fürchte, Bessie, du bist von mir in deinen Erwartungen enttäuscht.« Dies sagte ich wohl lachend, aber ich hatte bemerkt, dass Bessies Blicke, wenn sie auch achtungsvoll waren, in keiner Weise Bewunderung ausdrückten.
    »Nein, Miss Jane, das nicht gerade. Sie sehen sehr fein aus; Sie sehen aus wie eine Dame, und mehr habe ich eigentlich nie von Ihnen erwartet. Als Kind waren Sie auch keine Schönheit.«
    Ich musste über Bessies offenherzige Antwort lächeln. Ich fühlte, dass sie zutraf, aber ich muss gestehen, dass ich doch nicht ganz unempfindlich gegen ihren Inhalt war. Mit achtzehn Jahren wünschen die meisten Menschen zu gefallen, und die Überzeugung, dass ihr Äußeres nicht geeignet ist, ihnen die Erfüllung dieses Wunsches zu verschaffen, bringt alles andere als Freude hervor.
    »Aber ich vermute, dass Sie sehr gelehrt sind«, fuhr Bessie fort, wie um mich zu trösten. »Was können Sie denn alles? Können Sie Klavier spielen?«
    »Ein wenig.«
    Im Zimmer stand ein Instrument; Bessie ging hin und öffnete es. Dann bat sie mich, ihr ein Stück vorzuspielen. Ich spielte ihr ein oder zwei Walzer, und sie war entzückt.
    »Die beiden Miss Reed können nicht so gut spielen!«, sagte sie triumphierend. »Ich habe ja immer gesagt, dass Siesie im Lernen übertreffen würden. Können Sie auch zeichnen?«
    »Dort über dem Kamin hängt eins von meinen Bildern.« Es war eine Landschaft in Wasserfarben, welche ich der Vorsteherin aus Dankbarkeit für ihre liebenswürdige Vermittlung bei dem Komitee geschenkt hatte und die sie unter Glas und Rahmen hatte bringen lassen.
    »Aber das ist wirklich schön, Miss Jane! Der Zeichenlehrer der Miss Reeds könnte es auch nicht schöner gemalt haben – von den jungen Damen selbst will ich schon gar nicht reden, die kommen da nie heran. Haben Sie auch Französisch gelernt?«
    »Ja, Bessie, lesen und auch sprechen.«
    »Und können Sie auch sticken und nähen?«
    »Aber gewiss kann ich das.«
    »Oh, Sie sind ja eine ganze Dame geworden, Miss Jane! Das habe ich mir immer gedacht. Ihnen wird es immer gut gehen, ob Ihre Verwandten sich um Sie kümmern oder nicht. Ich wollte Sie noch um etwas befragen. – Haben Sie mal von den Verwandten Ihres Vaters, den Eyres, etwas gehört?«
    »Nein, nie.«
    »Nun, Sie wissen ja, Mrs. Reed hat immer gesagt, dass sie arm und ganz gewöhnlich wären. Schon möglich, dass sie arm sind, aber ganz gewiss gehören sie ebenso zum Landadel wie die Reeds selbst, denn eines Tages vor beinahe sieben Jahren kam ein Mr. Eyre nach Gateshead und wollte Sie besuchen. Mrs. Reed sagte ihm, dass Sie fünfzig Meilen entfernt in einer Schule wären. Er schien sehr enttäuscht, denn er konnte nicht bleiben; er wollte sich auf eine Reise in ein fremdes Land begeben, und das Schiff sollte schon in

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