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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
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geschätzt?«
    »Ich habe keine Ursache, etwas anderes zu tun, als ihn zu mögen, und ich glaube auch, dass seine Pächter und Untergebenen ihn als einen freigebigen und gerechten Gebieter betrachten; aber er hat niemals viel unter ihnen gelebt.«
    »Was hat er für Eigentümlichkeiten, wie ist sein Charakter?«
    »Oh, sein Charakter ist fleckenlos. Das glaube ich wenigstens. Vielleicht ist er in manchen Dingen ein klein wenig seltsam; ich vermute, dass er viel gereist ist und viel von der Welt gesehen hat. Ich glaube auch, dass er sehr gescheit ist, aber ich habe niemals Gelegenheit gehabt, mich viel mit ihm zu unterhalten.«
    »In welcher Weise ist er denn seltsam?«
    »Ich weiß es nicht. Das ist nicht so leicht zu beschreiben – nichts besonders Auffallendes, aber man fühlt es, wenn man mit ihm spricht. Man weiß niemals, ob er im Scherz oder im Ernst redet, ob er sich freut oder ob er sich ärgert. Kurzum, man versteht ihn nicht recht – wenigstens ich verstehe ihn nicht. Aber das schadet ja nicht; er ist ein sehr guter Herr und Gebieter.«
    Dies war alles, was ich von Mrs. Fairfax über ihren Brotherrn und den meinen erfahren konnte. Es gibt Leute, welche nicht imstande sind, einen Charakter zu beschreiben, und die weder bei Menschen noch bei Dingen hervorragende Eigenschaften und Eigentümlichkeiten bemerken. Augenscheinlich gehörte die gute Dame zu diesen; meine Fragen verblüfften sie, brachten sie aber nicht zum Sprechen. Mr. Rochester war in ihren Augen Mr. Rochester, ein Gentleman, ein Gutsbesitzer – nichts anderes. Sie fragte und suchte nicht weiter und wunderte sich augenscheinlich über meinen Wunsch, eine bestimmtere Vorstellung von seiner Persönlichkeit zu bekommen.
    Als wir das Speisezimmer verließen, schlug sie mir vor, mir den übrigen Teil des Hauses zu zeigen. Ich folgte ihr treppauf, treppab und bewunderte alles, denn alles war schön und geschmackvoll arrangiert. Besonders die großen Zimmer an der Vorderseite des Hauses erschienen mir prächtig und imposant, und einige der Zimmer des dritten Stocks, obgleich düster und niedrig, waren durch ihr altertümlichesAussehen interessant. Möbel, welche einst für die unteren Gemächer bestimmt waren, hatte man je nach den Anforderungen der Mode von Zeit zu Zeit hier heraufgeschafft, und das unsichere Licht, welches durch die niedrigen Fenster eindrang, fiel auf Bettstellen, welche mehr als ein Jahrhundert zählten. Truhen aus Nuss- und Eichenholz sahen mit ihren seltsamen Schnitzereien von Palmenzweigen und Engelsköpfen aus wie die hebräische Bundeslade. Es gab Reihen von ehrwürdigen Stühlen mit schmalen und hohen Lehnen und sogar noch ältere Sitze, auf deren gepolsterten Lehnen Spuren halb verwitterter Stickereien zu erkennen waren, welche vor zwei Generationen von Fingern gearbeitet worden waren, die längst im Grabe moderten. All diese Reliquien verliehen dem dritten Stockwerk von Thornfield Hall das Aussehen eines Heims der Vergangenheit, eines Schreins der Erinnerungen. Ich liebte die Ruhe, das Dämmerlicht, die Eigentümlichkeit dieser Räume während des Tages; aber ich wünschte mir durchaus nicht das Vergnügen einer Nachtruhe auf diesen großen und schweren Betten, von denen einige durch Türen von Eichenholz abgeschlossen, andere mit schweren altenglischen Vorhängen verdeckt waren, deren Muster seltsame Blumen, noch seltsamere Vögel und die allerseltsamsten menschlichen Gestalten darstellten – wie fremd würden all diese Dinge wohl erst im bleichen Mondlicht aussehen!
    »Schlafen die Diener in diesen Zimmern?«, fragte ich.
    »Nein, sie bewohnen eine Reihe kleinerer Gemächer an der Hinterseite des Hauses; hier schläft niemand. Man könnte fast sagen, dass, wenn wir auf Thornfield Hall einen Geist hätten, dies bestimmt sein Schlupfwinkel wäre.«
    »Das glaube ich auch. Sie haben also keinen Geist hier?«
    »Ich habe wenigstens niemals davon gehört«, entgegnete Mrs. Fairfax lächelnd.
    »Auch keine darauf bezügliche Überlieferung? Keine Legenden, keine Geistergeschichten?«
    »Ich glaube nicht. Es heißt, dass die Rochesters zu ihrer Zeit ein eher streitsüchtiges als friedliebendes Geschlecht gewesen wären. Vielleicht ist gerade das der Grund, weshalb sie jetzt ruhig in ihren Gräbern liegen.«
    »Ja, ›nach des Lebens verzehrendem Fieber ruhen sie nun aus‹«, murmelte ich. »Wohin gehen Sie denn jetzt, Mrs. Fairfax?« – denn sie ging weiter.
    »Hinauf aufs Dach. Wollen Sie nicht mitkommen, und einmal den

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