Jane True 02 - Meeresblitzen
wir das Training schließlich beendeten, noch einmal schwimmen gehen. Anyan hockte sich mit dem Rücken zu mir an den Rand des Flusses und legte eine Aura um uns, die sich gewaschen hatte, während ich mich meiner Kleider entledigte und noch einmal ins Wasser tauchte. Der Fluss und ich, wir konnten beide das nahe Meer spüren und sehnten uns danach, zu ihm zu kommen. Einen Moment lang ließ ich mich mit dem Strom treiben, spürte alles, was er spürte, und konnte mich nur gerade so davon abhalten, wie verrückt in Richtung Meer davonzupaddeln. Als ich schließlich wieder auftauchte, zugegebenermaßen etwas ölig und müffelnd, fühlte ich mich glücklicher als seit Tagen.
Eher zögerlich trocknete ich mich mit einem von Ryus teuren Handtüchern ab, denn ich war mir sicher, dass das Flusswasser nicht gerade vorteilhaft für edle Tücher war. Ich schlüpfte wieder in meine Klamotten und ging zu Anyan zurück.
»Alles klar. Und was jetzt?«
Wir hatten schon eine Weile an meinen Schilden gearbeitet, und Anyan hatte mir ein paar richtig gute Tipps gegeben, wie ich sie noch verstärken und trotzdem meine Kräfte schonen konnte. Irgendwann würde ich meine Verteidigungskräfte so weit entwickelt haben, dass ich reale Dinge
damit aufhalten oder bewegen konnte, so wie die anderen das mit den brennenden Bäumen getan hatten. Aber so weit war ich noch nicht.
Der Barghest war ein guter Lehrer. Anyan arbeitete wie Nell geduldig daran, meine Fähigkeiten zu verbessern. Aber er nahm sich außerdem die Zeit, mir zu zeigen, wo ich etwas falsch machte oder wie ich etwas schneller oder effizienter tun konnte. Als klargeworden war, dass ich den Trick mit den Schilden nicht schaffen würde, hatte er zu meiner Verwunderung den Strick herausgeholt. Aber es leuchtete mir ein, sobald ich verstanden hatte, was er mir damit beibringen wollte. Es half mir dabei, zu verstehen, auf welche Art übernatürliche Kräfte sich manifestieren können, und falls ich einmal gefangen genommen würde, ließe sich das, was Anyan mir beibrachte, bei so gut wie allen Fesseln anwenden. Man musste die Kräfte bloß leicht erhöhen, um sich aus Handschellen zu befreien, oder richtig viel Energie aufwenden, falls es sich um magische Fesseln handelte. Aber im Grunde war es immer derselbe Trick, sofern der Zauber nicht viel mächtiger war als man selbst. Aber die Kunst dabei war, dass man sich nicht selbst die Knochen brach, wenn er zu stark war.
»Jetzt versuchen wir etwas ganz anderes«, knurrte der Barghest. Er legte mir die Hände auf die Schultern und bedeutete mir, mich direkt ihm gegenüber hinzusetzen.
»Hast du schon mal einen Selbstverteidigungskurs gemacht? «, fragte er mich.
»Ich? Nein. Ich bin eher von der ›Kehrtmachen und Abhauen‹-Fraktion.«
Anyan schnaubte verächtlich. »Ich habe dich verfolgt.
Tut mir leid, Jane, aber du könntest nicht mal ein Faultier abhängen.«
Ich kräuselte die Nase. »Hör mal, Freundchen, nur weil du rennen kannst wie ein Höllenhund, heißt das noch lange nicht, dass du dir hier ein Urteil über die Lauffähigkeiten anderer erlauben kannst.«
»Wenn wir wieder in Rockabill sind, wirst du mit dem Joggen anfangen. Du bist scheißlangsam, egal in welcher Form dein Verfolger ist. Wahrscheinlich wäre deine Mutter sogar in ihrer Seehundform schneller als du.«
»Das mit dem Joggen kannst du vergessen! Es gibt nichts auf dieser Welt, was mich dazu bringen könnte, mit Joggen anzufangen. Und natürlich bin ich schneller als ein Seehund, verdammt nochmal. Und wo wir schon von meiner Mutter sprechen, ich kann ja wohl nichts dafür, dass ich ihre Figur geerbt habe. Ich bin eben auf Komfort ausgerichtet und nicht auf Geschwindigkeit.«
Anyan lachte. »Okay, gut. Aber jetzt sind nun mal Zeiten angebrochen, die nach Geschwindigkeit verlangen. Also werden wir an ein paar Grundlagen der Selbstverteidigung arbeiten.«
»Im Ernst? Was bringt das denn schon, wenn ich versuche, jemandem wie Jarl in sein Klimbim zu treten? Er würde mir einfach eins mit seinem Mojo überbraten, und schon läge ich am Boden und könnte mich auszählen lassen. «
»Warum würdest du Jarl auch in seinen Krimskrams treten?«
Ich seufzte. »Nicht Krimskrams – ›Klimbim‹! Ein Wort, das definitiv zu schade für nur eine Bedeutung ist. Man
sollte es öfter verwenden, ja, so oft wie möglich. Und jetzt sag mir nicht, du kapierst nicht, was ich meine, wenn ich sage, dass ich ›Jarl in sein Klimbim trete‹.«
Anyan taxierte mich
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