Jane True 02 - Meeresblitzen
von Thompsons Büchern auf und entdeckte beim Aufschlagen, dass es signiert war. »Für Felicia, liebe Grüße, Edie Thompson.« Auch alle anderen Bücher der Autorin waren signiert, meistens sehr persönlich. »Für Felicia, von Herzen«, »Für Felicia, ich bin so stolz auf deinen Erfolg« und »Für Felicia, du hast’s geschafft!« bewiesen, dass Felicia mehr war als nur Edies Fan; die beiden kannten sich und das vermutlich ziemlich gut.
Ich wusste nicht mehr viel über Edie Thompson, also blätterte ich nach hinten zu ihrer Autorenbiografie mit ihrem Foto, und da ergab plötzlich alles einen Sinn.
»Ryu!«, rief ich leise. Ich hoffte, so nicht auch die Aufmerksamkeit von Phädras Leuten zu wecken, aber da hätte ich genauso gut lauthals schreien können. Alle hielten inne und starrten mich erwartungsvoll an.
Ich seufzte. Ryu kam zu mir herüber, und ich beschloss,
ihm einfach zu zeigen, was ich entdeckt hatte, und es ihm zu überlassen, was davon er den anderen mitteilen wollte. Ich wusste, hier waren gerade jede Menge Alfar-Machtkämpfe im Gange, und ich hatte das Gefühl, Ryu kämpfte um die Vormachtstellung. Er konnte Phädras Befehle nicht missachten, aber genauso wenig konnte er ihr trauen. Also mussten wir alle einen kleinen Eiertanz aufführen. Und Ryu war unser Choreograph.
Ich zeigte auf das Autorenfoto, auf dem eine sehr attraktive, ältere Frau zu sehen war, mit langen, dicken Dreadlocks, die zu einem großen Knoten hochgesteckt waren. Die hoch aufgetürmte Frisur hob ihre großen, dunklen Augen hervor. Sie hatte Lachfältchen um Augen und Mund und – zumindest auf diesem Foto – sah aus wie die perfekte Mutterfigur: offen, intelligent, humorvoll und freundlich. Exakt die Person, zu der sich ein verwaistes Mädchen wohl hingezogen fühlen würde – besonders, da sie auch Felicias Doktormutter war.
Ich wies auf die verstreuten Fotos, von denen Edie und Felicia in Boston, Italien und London lächelten. Ryu stieß einen Seufzer aus.
Dann zeigte ich mit dem Finger auf die anderen relevanten Informationen. Edie war Professorin in Harvard und lebte in Cambridge.
Ryu nahm mir das Buch aus der Hand und küsste mich auf die Wange. Ich hatte gute Arbeit geleistet.
Nun musste er nur noch einen Weg finden, diese Informationen zu nutzen, ohne dass die beiden netten Frauen auf den Fotos dadurch umkamen.
D u Mistkerl …«, japste ich. »Du hast mich ins Wasser gestoßen! «
»Du musst Fahren lernen, Kleine!«, antwortete Anyan bloß. »Lern Fahren!«
Sobald mich die kleine Wolke wieder auf die Bahn gesetzt hatte, verengten sich meine Augen zu Schlitzen, und ich gab Vollgas. Ich brauchte ein bisschen, bis ich aufgeholt hatte, aber einmal auf gleicher Höhe gab es für mich kein Halten mehr. Erst jagte ich Anyans riesige Drachen/Schildkröten-Figur mit einer Ersatzbombe in die Luft, und dann zog ich an ihm vorbei über die Ziellinie.
»Buh, Loser!«, schrie ich, sprang auf und vollführte einen kleinen Siegestanz. »Wer muss hier Fahren lernen, du Mädchen?! «
Anyan schnitt mir vom anderen Ende des Sofas eine Grimasse. »Revanche!«
»Dann verlierst du nur nochmal .« Ich grinste, und Julian auf dem Sessel neben uns prustete los.
Anyan lachte. »Komm schon, nochmal! Und dann nochmal,
so lange, bis ich gewinne«, sagte er. Seine stahlgrauen Augen fixierten mich dabei und ließen seine unbeschwerten Worte ernster wirken. Für eine Sekunde war ich mir seiner, meiner selbst und des Raums zwischen uns sehr bewusst.
»Ich glaube, ich habe noch was gefunden«, ließ Julian hinter seinem Laptopbildschirm verlauten.
Von Halbling gerettet… , dachte ich, legte meinen Gamecontroller weg und wischte mir die plötzlich ganz feuchten Handflächen an meiner Jeans ab, bevor ich zu Julian ging, um ihm über die Schulter zu schauen.
Es war der Abend, nachdem wir die Verbindung zwischen Edie und Felicia entdeckt hatten. Ein paar von Stefans Leuten waren sofort ausgesandt worden, um zu überprüfen, ob die beiden Frauen in Cambridge waren. Es hatte jedoch keinerlei Spur von ihnen gegeben, also hatten unsere Leute das Gebäude gesichert, damit wir die Wohnung am nächsten Tag, nachdem wir uns ausgeruht und neu formiert hatten, genau durchsuchen konnten.
Heute Morgen, sobald sie wach, gestärkt und einsatzbereit gewesen waren, waren Ryu, Caleb, Daoud und Camille mit Phädras Bande im Schlepptau aufgebrochen, um Edies Wohnung in Cambridge nach Hinweisen auf sie oder Felicia zu durchsuchen. Ich hatte mich freiwillig
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