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Januarfluss

Januarfluss

Titel: Januarfluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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vorsichtig und zurückhaltend. Ich berühre nichts, ich erkunde keine weiteren Räume außer dem Wohnraum, in den man aus dem Hausflur praktisch direkt hineinfällt. Ich wage es nicht einmal, nach der Küche zu suchen, wo ich sicher noch etwas zu trinken finden würde. Nur meinen Seesack lasse ich mit einem lauten Plumps auf den Boden fallen. Es klingt in meinen Ohren so laut wie der Einschlag einer Kanonenkugel.
    Nach einer Weile haben sich meine Augen an das Dämmerlicht und meine Ohren an die Stille gewöhnt. Ich wage es, mich auf das Sofa zu setzen, allerdings nur auf die vordere Kante, so als müsse ich jeden Augenblick wieder aufstehen.
    Ein kräftiges Klopfen an der Tür lässt mich irgendwann tatsächlich mit einem Satz aufspringen. Es herrscht völlige Finsternis in der Wohnung. Ich muss eingeschlafen sein. Im Dunkeln tappe ich zur Haustür, vor der Aldemira steht und mich verärgert ansieht. » Ich klopfe hier schon eine halbe Stunde lang. Wo hast du nur gesteckt? « , will sie wissen.
    Â» Ich fürchte, ich bin kurz eingenickt « , gestehe ich.
    Â» Na ja, das ist jedenfalls besser, als wenn du in meiner Bude herumschnüffelst. «
    Â» Ich habe nichts angefasst. Ich bin nur im Wohnzimmer gewesen und da muss ich auf der Stelle eingeschlafen sein. «
    Â» Und wo hast du meinen › Verlobten ‹ gelassen? « , fragt sie. Ihre Betonung klingt dabei so, als sei ihr Verlobter ihr so viel wert wie zum Beispiel eine Kakerlake. Ob sie wütend auf Lu ist? Und eifersüchtig auf mich?
    Â» Du meinst Lu? « , hake ich überflüssigerweise nach.
    Â» Wen denn sonst? Oder hat er dir nicht erzählt, dass wir uns als Verlobte ausgeben? « Sie sieht mich scharf an und ich fühle mich wieder einmal unter ihrem Blick schrumpfen.
    Nanu? Ich wüsste zu gern, wie sie das meint, aber die Zeit drängt, und ich will sie nicht mit meinen blöden Fragen verärgern. Wichtiger ist es jetzt außerdem, dass sie von Lus Schicksal erfährt.
    Ich berichte ihr so knapp wie möglich von den Geschehnissen des Vormittags und erkläre ihr, dass sie demnächst eine Nachricht per Post von mir erhält, die sie ignorieren kann. » Als ich den Umschlag aufgab, konnte ich noch nicht ahnen, dass ich hier landen würde. «
    Â» Und es ist dir auch nicht wirklich recht, stimmt’s? «
    Â» Um ehrlich zu sein: Nein. « Warum sollen wir um den heißen Brei herumreden? Uns beiden ist klar, dass wir keine großen Sympathien füreinander hegen, sondern dass uns einzig die Freundschaft zu Lu eint.
    Â» Mir auch nicht, wenn du’s genau wissen willst. Du bringst uns alle in Gefahr. Bist du sicher, dass dir niemand gefolgt ist? Kannst du mit Bestimmtheit sagen, dass du ungesehen in mein Haus gelangt bist? Es wäre nämlich eine ziemliche Katastrophe, wenn hier Fremde ihre Nase reinstecken würden. «
    Â» Warum? «
    Â» Warum?! « , ereifert sie sich. » Bist du so dumm oder stellst du dich nur so? Weil es ein sogenanntes › sicheres ‹ Haus ist. Hier verstecke ich oft entlaufene Sklaven. «
    Â» Und es hat noch niemand etwas bemerkt? Ist es nicht auffällig, dass du ganz allein ein eigenes Haus bewohnst? «
    Â» Nein, ist es nicht. Ich habe dieses Haus von meiner ehemaligen Senhora geerbt– genau wie meine Freiheit. Kurz vor ihrem Tod hat die alte Dame eine Anwandlung von Nächstenliebe gehabt. Sie hat all ihren Sklaven die Freiheit geschenkt und manche von uns mit ihren Besitztümern bedacht. Sie war kinderlos und konnte ihre Neffen und Nichten nicht ausstehen. Jeder hier im Viertel weiß davon. Leider auch die jungen Männer, die mich samt und sonders heiraten wollen, und zwar wegen meines › Reichtums ‹ und nicht wegen meiner anderen Qualitäten. «
    Â» Oh « , entfährt es mir.
    Â» Mein › Verlobter ‹ bewahrt mich vor allzu lästigen Nachstellungen. Verstehst du? «
    Ja, allmählich beginne ich zu begreifen.
    Ich kann nicht anders: Ein Lächeln schleicht sich in mein Gesicht, schüchtern zunächst, dann wird es immer breiter. Ich muss aussehen wie eine Schwachsinnige, wie ich da, trotz der unschönen Lage, in der ich mich befinde, strahle wie ein Honigkuchenpferd.
    Â» Du hast absolut keinen Grund, dich zu freuen « , sagt Aldemira schroff. » Ich glaube nämlich, dass du deinen Verfolger nicht abgehängt hast. Draußen treibt sich ein

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