Januarfluss
noch dazu so viel Geld zukommen lässt, wie es für mein Ãberleben notwendig wäre.
» Ich⦠ich danke Ihnen vielmals. Ich wüsste nicht, was ich ohne Ihre Hilfe tun sollte « , sage ich und erröte dabei.
» Aber, aber, meine liebe Isabel, dafür hat man doch Freunde, nicht wahr? « Er zwinkert mir zu und ich schmelze dahin.
» J-j-ja « , stammle ich. Dann stehe ich auf, bedanke mich für die freundliche Bewirtung und habe es plötzlich sehr eilig, dieses Haus zu verlassen. Ich will nicht, dass Gustavo sich meinetwegen verspätet oder dass er merkt, wie ich in seiner Gegenwart zunehmend unsicher werde. Ich muss mich erst wieder sammeln.
Als ich das Haus verlasse, diesmal von der freundlichen Verabschiedung des Portiers begleitet, fällt mir ein riesiger Stein vom Herzen. Alles wird gut, das weià ich jetzt.
Mit einem triumphierenden Lächeln im Gesicht begebe ich mich auf den Rückweg. Und weil ja ab morgen mein Leben eine andere Wendung nehmen wird, gönne ich mir für einen tostão, das sind 100Réis, eine Fahrt in der notorisch überfüllten EselsstraÃenbahn der armen Leute.
12
Kaum habe ich die Aussicht auf ein Wiedersehen mit Gustavo sowie auf Nachschub an Geld, werde ich übermütig. In der Innenstadt verlasse ich die StraÃenbahn. Die Läden haben samstags bis 13Uhr geöffnet, es bleibt mir also noch eine knappe Stunde, um mir von meinem wenigen Geld etwas Nettes zu kaufen. Ich möchte Gustavo morgen in einer hübscheren Aufmachung als heute begegnen. Wenn ich das blaue Kleid ordentlich ausbürste, mir dazu vielleicht ein paar passende Handschuhe und blaue Samtbänder kaufe, mit denen ich Beatrizâ Hut verzieren könnte, müsste es eigentlich klappen. Vorausgesetzt, Beatriz leiht mir ihren Hut, aber es spricht nichts dagegen. Soweit ich weiÃ, muss sie morgen nicht aus dem Haus, nicht einmal zur Messe. Sie erzählt seit Tagen von nichts anderem als davon, dass sie heute Abend zum ersten Mal im Kirchenchor mitsingen wird.
Mit gestärktem Selbstvertrauen betrete ich ein Geschäft in der Rua do Rosário, das sehr erlesene Modeaccessoires führt. Ich war hier schon früher, in Begleitung meiner Mutter. Ich lasse mir ein paar Handschuhe zeigen und ertrage relativ gelassen den entsetzten Blick der Verkäuferin, der auf meinen gebräunten Armen und sommersprossigen Händen ruht. Sie ist professionell genug, um keinen unverschämten Kommentar zu äuÃern, aber ich kann ihr ansehen, was sie am liebsten sagen möchte. » Vielleicht hätten Sie die Handschuhe kaufen sollen, bevor Sie sich der Sonne ausgesetzt haben. « Ich schäme mich für mein bäuerliches Aussehen.
Als ich endlich ein Paar gefunden habe, das sehr elegant ist und mir wie angegossen passt, nennt sie mir mit verkniffenem Gesicht den Preis. Ich muss schlucken. Sieben Mil-Réisâ davon könnte ich eine Woche lang meinen Unterhalt bestreiten!
» Nun, dann zeigen Sie mir freundlicherweise etwas Preiswerteres « , fordere ich die Verkäuferin auf, die bereits sehr unmotiviert wirkt.
» Wie viel würden Sie denn investieren wollen, mein Fräulein? « , fragt sie mit boshaftem Unterton. Mir will nicht in den Kopf, warum die Frau so vornehm tut. Sie wird ja selbst nicht gerade fürstlich entlohnt, nehme ich an, 7Mil-Réis würden sicher auch ihr Budget deutlich sprengen. Ein wenig entgegenkommender könnte sie schon sein.
» Sagen wir, höchstens vier Mil-Réis « , antworte ich.
» Hm, dann schaue ich mal, ob wir bei den einfachen Baumwollsachen etwas Passendes für Sie haben. «
Tatsächlich finde ich ein Paar Handschuhe, das annehmbar ist, wenn auch kein Vergleich zu dem vorigen. Ich bezahle und verlasse schleunigst den Laden. Hutbänder werde ich woanders suchen, ich habe nämlich keine Lust, mich von einer einfachen Verkäuferin noch länger behandeln zu lassen wie eine Dienstmagd.
In der Rua do Carmo werde ich fündig. Ich muss 2Mil-Réis berappen und habe meine Mittel damit restlos erschöpft. Die wenigen Münzen, die ich noch in der Tasche habe, reichen gerade mal für ein paar Kleinigkeiten, eine Zeitung oder ein Brötchen. Das belastet mich jedoch nicht weiter, schlieÃlich wird sich ab morgen das Blatt für mich wenden.
Den Rest des Wegs muss ich zu Fuà zurücklegen. Es ist der reine Wahnsinn, in der Mittagshitze diesen steilen Berg
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