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Januskopf

Januskopf

Titel: Januskopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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untergetaucht.« Er sagte es, als sei ihnen nichts anderes übriggeblieben.
    »Wie kommen die Isensteins mit ihren Nachbarn am Schillerplatz klar?«
    Kroll zuckte die Schultern.
    »Die Isensteins sind freundlich und zuvorkommend. Charlotte arbeitet die meiste Zeit. Kinder, die Krach machen könnten, haben sie nicht mehr. Ewald geht selten raus. Er stört niemanden.«
    »Sie denken also nicht, dass der anonyme Brief aus der Nachbarschaft kam?«
    Kroll grunzte. »Soll ich Ihre Arbeit erledigen?«
    Er stand auf und räumte das Kaffeegeschirr in die Spüle. Katinka verstand den Wink.
    »Wiedersehen, Herr Kroll.«
    »Ich schätze, wir sehen uns wieder«, sagte er, und seine Stimme hatte den pampigen Tonfall zurück.
     

5. Die Tote von Königsberg
    Mein eigenes Ich, zum grausamen Spiel eines launenhaften Zufalls geworden und in fremdartige Gestalten zerfließend, schwamm ohne Halt in einem Meer all der Ereignisse, die wie tobende Wellen auf mich hereinbrausten. – Ich konnte mich selbst nicht wiederfinden! 2 2
     
    Es war ein Uhr vorbei, als Katinka ihren Beetle Cabrio1 mit offenem Verdeck vor der Reichsburg in Königsberg parkte. Ein paar dunkle Wolken brauten sich zusammen und gaben dem kleinen mittelalterlichen Ensemble ein düsteres Aussehen. Ihre gemischten Gefühle verdrängend ging Katinka auf die Holzbrücke zu und blickte in den Burggraben hinunter.
    Etwa fünfzehn Meter tief lag er unter ihr, harmlos und still. Eine Kastanie breitete ihre braun gesprenkelten Blätter über die Mauer, auf der Beatrix aufgeschlagen war. Wer sich hier herunterstürzte mit der Absicht, sein Leben zu beenden, konnte nicht sicher sein, dass es funktionierte.
    Katinka ging durch den Burghof. Das Leben stand still hier oben. Die Schenke war geschlossen. Wie am Tag des Unfalls, dachte Katinka. Mittwoch ist Ruhetag. An der Burg wurden Mauern ausgebessert, sie musste sich um Absperrungen schlängeln und stieg die steilen Stufen an der Westseite hinunter. Die schwarzen Wolken wölbten sich drohend über den Horizont. Katinka ging im Burggraben entlang, an Turmresten vorbei und sah vor sich hoch aufgerichtet die Holzbrücke. Es roch nach Mulch. Hier hatte Beatrix Hanf den Tod gefunden. Katinka schoss ein Foto von dem dunklen Blutfleck auf dem Stein. Seltsam aufdringlich warf die Burgmauer das Surren der Digitalkamera zurück. Ferner Donner grummelte.
    »Auf der Suche nach Spuren?«
    Katinka fuhr herum. Ein Mann in Latzhosen wartete geduldig auf ihre Reaktion. Seine Hand lag locker auf einer Schubkarre voller Arbeitsgeräte.
    »Grüß Gott«, sagte Katinka, weniger aus Höflichkeit, sondern vielmehr, um Zeit zu gewinnen. »Hier ist der Unfall passiert, nicht wahr?«
    Er nickte. Das Weiß seiner Augen schimmerte gelblich. Er war klein. Kleiner als Katinka.
    »Haben Sie sie gekannt?«, fragte er.
    »Ja«, log Katinka. »Armes Mädchen.«
    »Musste viel in ihrem Leben einstecken«, sagte der Gärtner. »Aber umgebracht hat die Beatrix sich trotzdem nicht. Dazu war sie zu gescheit.«
    Selbstmord ist keine Frage der Intelligenz, dachte Katinka bei sich.
    »Also ein Unfall?«
    Er hob die Schultern und wies mit dem Kinn auf die Brücke.
    »Würden Sie aus Versehen von da oben runterfallen?«
    »Nein. Ich nicht.«
    »Die Bea auch nicht«, erklärte er überzeugt. »Mittwochs ist hier nichts los. Ein Mädchen sollte da nicht alleine herumspazieren. Es können immer irgendwelche Kerle mit schlechten Absichten unterwegs sein.« Er wies zum Parkplatz. »Schließen Sie mal lieber Ihr Verdeck. Es regnet bald.«
    Verblüfft sah Katinka ihm nach, wie er seine Karre gemächlich unter der Holzbrücke durchschob und um die Ecke bog. Vorsicht, mahnte sie sich, hier gibt es überall Augen.
    Auf dem Parkplatz schloss sie rasch das Dach ihres Wagens. Nachdenklich ließ sie den Wagen die schmale Straße in den Stadtkern rollen. In Gedanken rüstete sie sich für das Gespräch mit Beatrix’ Eltern. Sie war hergekommen, ohne sich vorher anzumelden. Intuitiv rechnete sie so eher damit, empfangen zu werden. Das Auto holperte über das unebene Kopfsteinpflaster.
    »Salzmarkt«, murmelte Katinka. »Hier muss es sein.«
    Ein Sonnenstrahl brach aus den dunklen Regenwolken hervor und brachte die Fachwerkhäuser zum Leuchten wie ein Scheinwerfer. Prachtvolle Rosenstöcke blühten vor den Fassaden.
    Katinka parkte vor dem Regiomontanuskeller . Drei Häuser weiter entdeckte sie das Namensschild, das sie suchte. Sie klingelte.
    »Wer ist da?«
    Im ersten Stock sah eine Frau

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