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Januskopf

Januskopf

Titel: Januskopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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legte Katinka den Arm um die Schulter. »Das ist Katinka. Meine Frau.«
    »Was du nicht sagst«, schoss es aus Katinka heraus, noch bevor sie ihre Gedanken unter Kontrolle bekam.
    »Ich freue mich sehr! Ich bin Carla.«
    Carla Nerius erhob sich, ging auf Katinka zu und drückte ihr feierlich die Hand. Dann nahm sie sie kurz in die Arme und sagte lächelnd: »Es tut mir leid, dass ich mich so spontan und eigenmächtig bei euch angesagt habe. Aber ich musste es einfach tun.«
    Katinka musterte ihr braungebranntes Gesicht, die strahlenden blauen Augen, die feingeschnittene Nase. Carlas Haare waren kurz wie Streichhölzer, braun mit einem Hauch Frost darin. Ein auffälliges Silberamulett glitzerte in ihrem Ausschnitt. Sie trug eine bunte Seidentunika über engen Jeans. Stets hatte Katinka eine starke Ähnlichkeit zwischen Tom und seinem Vater festgestellt. Beide waren blond, ihre Augenpartien glichen sich. Aber Tom war eindeutig der Sohn dieser schlanken Frau: Beider Lippen zeichneten einen feinen Bogen, und wenn sie lächelten, entstanden die gleichen Grübchen neben den Mundwinkeln. Kein Labor würde eine deutlichere Auskunft geben können.
    »Herzlich willkommen«, versuchte es Katinka.
    »Wir haben schon mal eins getrunken«, sagte Tom angelegentlich. »Willst du auch ein Bier?«
    »Und was gibt’s zu essen?«
    »Ich habe schon bemerkt, dass Tom ein Händchen fürs Kochen hat«, meldete sich Carla.
    Wenigstens sagte sie nicht ›mein Sohn‹.
    »Wie ist dein neuer Fall?«, fragte Tom, während er Bratwürste in Milch wendete und die Pfanne heiß werden ließ.
    Carla war ihnen auf bloßen Füßen in die Küche gefolgt.
    »Du bist Detektivin«, sagte sie bewundernd. Katinka dankte es ihr mit einem Lächeln. Sie war gewohnt, dass man ihren Beruf beim ersten Kontakt mit einem unsicheren Grinsen kommentierte.
    »Ja. Ich habe seit heute eine neue Klientin.«
    »Worum geht’s da?«, wollte Carla wissen, während sie zum Kühlschrank ging und sich ein neues Bier nahm.
    »Jemand wird anonym gewisser unschöner Dinge bezichtigt«, sagte Katinka vorsichtig. »Mehr kann ich dazu nicht sagen.«
    »Spannend. Ich habe früher alle Chandlers gelesen. Marlowe ist meine Lieblings-Krimifigur.«
    Katinka biss sich auf die Lippen. Seit sie ihm das Leben gerettet hatte, nannte Hardo sie im Scherz manchmal Marlowe. Sie nahm sich ebenfalls ein Bier. Carla reichte ihr den Öffner.
    »Krimis«, sagte Katinka, »sind spannend. Aber meine Fälle sind mehr wie Rechenaufgaben oder wissenschaftliche Rätsel. Total logisch zu lösen.« Das stimmte nicht ganz. Manchmal tat die Intuition etwas mit Katinka, das sie nicht erklären konnte.
    »Alles rational?«, fragte Carla.
    Es zischte, als Tom die Bratwürste in das heiße Fett legte.
    »Sie untertreibt«, sagte er. »Sie rettet Leuten das Leben, verhindert Katastrophen und findet Verlorene wieder.«
    Katinka rollte mit den Augen und lächelte leise, als sie sein Blinzeln bemerkte. Verstohlen beobachtete sie Carla, Teller und Besteck unschlüssig in der Hand. Carla nahm sie ihr ab und deckte den Tisch. Sie aßen konzentriert, als wollten ihnen die Würste aus den Tellern springen. Um Toms Stirn wölkte eine feindselige Unentschlossenheit, die Katinka ihm gerne weggepustet hätte. Carla machte Konversation, ohne dass Katinka später hätte sagen können, worüber sie gesprochen hatten. Tom beteiligte sich einsilbig, wenn es nicht anders ging, beschäftigte sich dann mit Töpfen und Pfannen und entließ Katinka und Carla ins Wohnzimmer.
    »Ich sollte Ihnen noch das Sofa zurechtmachen«, sagte Katinka unschlüssig.
    »Bitte. Duzen wir uns. ›Sie‹ klingt so alt.«
    Katinka schätzte Carla Nerius auf Anfang fünfzig. Sie musste sehr jung gewesen sein, als sie Tom bekam.
    »Gern.« Katinka suchte Bettzeug heraus und begann, das Schlafsofa zu beziehen. Carla packte mit an.
    »Bestens«, sagte sie und musterte das Bett. »Ich sollte schlafen wie eine Tote nach dem langen und aufregenden Tag.«
    »Ich würde gerne noch was trinken gehen«, sagte Katinka. Sie lauschte auf Tom, der deutlich hörbar die Tür zu seinem Arbeitszimmer schloss. »Kommst du mit?«
    Es war schon nach zehn. Katinka hätte verstanden, wenn Carla Müdigkeit vorgeschoben hätte. Aber keine zwanzig Minuten später saßen sie im Luitpold vor einem Glas Wein.
     

4. Das Teufelselixier
    Der Mittwoch begann heiß und sonnig. Katinka kämpfte sich aus den Kissen, den Kopf schwer vom Silvaner. Tom saß schon am Rechner und bearbeitete

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