Janusliebe
dieser noch einmal seufzte und wortlos den
Salon verließ. Erst, als die Tür hinter ihm zufiel, erlaubte sich Purler, auszuatmen.
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Das Schwimmbad befand sich im Anbau des rückwärtigen Teils der Villa. Law-
rence hatte es vor vier Jahren nach eigenen Entwürfen bauen lassen, benutzte es
jedoch selten. Meist tummelten sich Vincents Freunde darin, zu denen auch die
Cromwells, oder besser gesagt, deren Sohn Patrick gehörten.
Manchmal spät in der Nacht, wenn Lawrence keinen Schlaf fand, kam er hierher,
um zwischen Palmen und Farnen, die in hohen Kübeln wuchsen, etwas Ruhe zu fin-
den. Der stille Glanz des Wassers und der dunkle Park vor den verglasten Wänden
gaben ihm das Gefühl, auf einer Insel zu sein. Im Sommer konnten zwei der Wände
entfernt werden. Dann wurden die bunten Liegen, die jetzt zwischen den Pflanzen
standen, auf die große Liegewiese vor dem Anbau geschoben, und Vincents zahlrei-
che Freunde konnten nach dem Schwimmen dort ein Sonnenbad nehmen.
Durch das Licht, das durch das Glasdach und die Wände ungehindert einfiel,
gediehen die Pflanzen hervorragend. Sogar Orchideen und Hibiskus, die Lawrence
von einer Gartenausstellung mitgebracht hatte, blühten prächtig in dem tropi-
schen Klima. Der Eindruck, eine unbekannte Südseeinsel zu betreten, verstärkte
sich, je mehr sich die verschiedenen Blumen und Bäume ausbreiteten.
Auch Carry war fasziniert von der Schwimmlandschaft.
«Ich komme mir vor wie eine orientalische Prinzessin in einem Märchen aus
Tausendundeiner Nacht», sagte sie zu Daphne, die neben ihr auf dem Liegestuhl
döste.
Daphne öffnete die Augen einen Spalt und lächelte verträumt. «Ich auch»,
murmelte sie wohlig.
Sie hob den Kopf etwas und sah zu Vincent, der mit den Cromwells Wasserball
spielte.
«Kaum zu glauben, dass Lawrence so viel romantischen Geschmack entwi-
ckeln kann. Übrigens ...» Daphne drehte den Kopf und sah Carry an. «Wie war
überhaupt das Treffen mit dem Big Boss? Du hast noch gar nichts erzählt.»
Carry lachte. Zufrieden ließ sie sich auf die Liege zurückfallen.
«Es war äußerst amüsant und sehr aufschlussreich.» Sie warf Daphne einen
verschmitzten Blick zu. «Ich weiß jetzt, dass Lawrence sehr empfindliche Füße
hat.»
«Hä?!?», machte Daphne verwirrt. Aber Carry war zu keiner weiteren Aus-
kunft bereit. Es wäre auch nicht möglich gewesen, das Gespräch fortzusetzen,
denn gerade betrat Lawrence das Schwimmbad.
Er blieb einen Moment am Eingang stehen und betrachtete unter finster zu-
sammengezogenen Brauen das lustige Treiben im Pool, dann hatte er Carry ent-
deckt und kam langsam auf sie zu.
«Auf jeden Fall hat er hässliche Laune», stellte Daphne grinsend fest. «Ich gehe
besser ins Wasser. Hab’ keine Lust, mir Lawrence’ bissige Kommentare anzuhö-
ren.»
Sie sprang auf und spurtete mit einem einzigen Satz ins Wasser.
Carry tat unbeeindruckt. Sie schloss die Augen und lauschte den fröhlichen
Stimmen der Badegesellschaft, die sich im Pool tummelte.
«Hallo, Lawrence!» Das war Vincents Stimme. «Geh und hol deine Badehose.
Unser Team braucht Verstärkung.»
Carry hörte keine Antwort, aber dafür spürte sie deutlich Lawrence’ Nähe. Er
stand jetzt neben ihrem Liegestuhl, seine Blicke brannten förmlich auf ihrem Ge-
sicht. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus und öffnete die Augen.
«Hallo, Lawrence.» Sie lächelte ihn an. «Du siehst blendend aus. So – erholt.»
Lawrence Gesicht verzerrte sich. Einen Moment blitzte unbeherrschter Zorn
in seinen meerblauen Augen auf. Dann hatte er sich wieder unter Kontrolle und
erwiderte Carrys spöttischen Blick mit ruhiger Gelassenheit.
«Kleines Mädchen spielt mit dem Feuer», sagte er leise und wandte sich im
nächsten Moment den Cromwells zu, die aus dem Becken geklettert waren, um
ihn zu begrüßen.
Arthur Cromwell war ein untersetzter Mann, dem man deutlich ansah, dass er
gutes Essen und schottischen Whisky allen sportlichen Aktivitäten vorzog.
Seine Frau Davina hingegen schien sich gerne und oft im Freien aufzuhalten.
Ihre schlanke Figur stammte nicht nur von einer ausgewogenen Diät, sondern
verriet, dass sie viel Zeit im Fitnesscenter verbrachte. Außerdem verfügte sie über
eine große Portion Humor, den sie bei dem poltrigen Charme ihres Gatten auch
dringend benötigte.
Carry beobachtete unter halb geschlossenen Lidern, wie Lawrence das Paar be-
grüßte und dann mit ihnen an einem der kleinen Tische
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