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Jasmin - Roman

Titel: Jasmin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Geruch ein, wie es mein Vater immer tat. Was ging jetzt in ihm vor, was mochte er angesichts des drohenden Krieges fühlen, dieser ebenso gebildete wie naive Mensch, der in Israel das duftende heilige Land und ein irdisches Paradies gesehen hatte? Ich sah
ihn im Geiste vor mir, wie er eine Zigarette nach der anderen rauchte, beharrlich BBC und Kol Israel auf Arabisch und Hebräisch hörte, Sa’ut al-Arab, die Rundfunksender aus Bagdad, Damaskus, Amman und Riad, alle Zeitungen las und meine Mutter zum Wahnsinn trieb. Und sie würde ihm vorhalten: »Wofür sind wir hergekommen? Für einen Krieg?«
    Sie stritten viel, meine Eltern, über Gerechtigkeit, über den Allah der Muslime und den Gott der Juden, über sie und uns und den verdammten Charakter der Muslime, die nie Kompromisse schließen konnten und immer etwas Ungelöstes zurückließen, und Mama erzählte zum tausendsten Mal die Geschichte von dem Mann, der einen Palast verkaufte und bat, nur einen Nagel an der Wand in seinem Besitz behalten zu dürfen, und nachdem der Käufer einverstanden war, plagte er ihn in einem fort, suchte seinen Nagel im Morgengrauen und mitten in der Nacht auf, feiertags wie festtags, an Freitagen wie Wochentagen, und der Käufer wusste nie, wann er hereinschneien und seine Ruhe stören würde, bis er zuletzt auf den gesamten Palast verzichtete, nur um seine Ruhe vor ihm zu haben. »So sind die Araber«, pflegte Mama zu schließen, »immer lassen sie einen Nagel an der Wand zurück, und dann regen sie sich darüber auf und kämpfen. Sie finden nie ein Ende!«
    Wegen der dringlichen Mobilmachung hatte ich mich nicht von ihnen verabschiedet, und ich hatte ihnen nun schon seit einigen Tagen täglich geschrieben, aber noch keine Antwort erhalten. Und das Telefon? Schon seit drei Jahren warteten sie darauf, und man hatte ihnen immer noch keines installiert. Neben dem Lebensmittelladen gab es ein öffentliches Telefon, das jedoch immer kaputt war.
    Am Abend unseres achten oder neunten Tages in der Wüste holten sie für uns den Dichter und Partisanen Abba Kovner. Wir saßen auf der Erde und hörten ihm zu. Er sprach über seine Sorge um die jüdische Kontinuität. »Wieder liegt alles auf der Waagschale«, behauptete er, und obwohl er sich bemühte, nicht
direkt vom Holocaust zu sprechen, schwebte er über unseren Häuptern:
    «Wenn sich Gefahr für unsere Existenz abzeichnet, was sollen wir dann tun? Dem Bösen zuvorkommen oder warten, bis sich der Zorn legt? Wir stehen auch diesmal allein da.«
    Seine Worte bedrückten mich. Ich spürte, dass ich jetzt keine Kraft hatte, mir auch noch Holocaustängste aufzubürden. Wir hatten sozusagen genug mit dem ägyptischen Pharao, wir brauchten nicht auch noch Hitler.
     
    Am nächsten Morgen gähnte ein weiterer Tag der Untätigkeit vor uns. Wir versuchten, die Zeit totzuschlagen, spielten Backgammon, Dame und Karten, debattierten, was noch passieren musste, damit Eschkol endlich den Befehl geben würde. Am Mittag schickten sie ein paar von den Familienvätern unter uns in Kurzurlaub, vielleicht würde es doch keinen Krieg geben.
    Ich schloss mich denen an, die zur Kantine gingen, und dort bat ich den Diensthabenden, Kol Israel auf Arabisch einzustellen. »Schon wieder?«, ärgerte er sich. »Was suchst du im Radio der Araber?« Und er fügte einen unflätigen Fluch hinzu. Ich erklärte und bettelte, bis er unwillig nachgab.
    »O Präsident Gamal Abd el-Nasser, gestern in Bir Gafgafa sagtest du, du würdest nicht einen Zentimeter zurückweichen, höre also nun Israels Worte: Die Meerenge von Tiran ist internationales Gewässer, öffne sie, und wenn nicht - wird sie auf anderen Wegen geöffnet werden, ein israelisches Schiff wird darin fahren, und eine israelische Fahne wird darüber wehen.«
    Die Meldung sagte nichts von Krieg, zielte jedoch darauf ab. Es wurde nichts von Gewalt erwähnt, ihre Anwendung aber angedeutet. »Man droht den Arabern nicht, weder verletzt man ihre Ehre, noch beleidigt man einen arabischen Herrscher«, hatte mich mein älterer Bruder Kabi gelehrt, als er in der arabischen Propagandaabteilung arbeitete, bevor er zum Mossad wechselte.
    »Hurensohn«, explodierte Trabelsi, »hast du Nasser gehört?
›Wenn Israel Krieg will, ahlan wa sahlan, willkommen.‹ Was meint der denn, dass Krieg eine Bauchtanzveranstaltung ist? Warum geben wir’s ihnen nicht? Man muss sie mit einem Schlag erledigen!«
    Als ich Trabelsi ansah, packte mich der Neid. Gerade hatte er ein Baby bekommen,

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