Jax
tatsächlich nicht auf Besuch eingestellt zu sein. Breitbeinig sitzt er auf dem Hocker, sein warmer Schenkel streift mein Bein. Er zuckt vor unserer Berührung nicht zurück, und ich genieße sie.
Während wir gemeinsam aus der Aufwärmschale essen und ich mir jeden Bissen schmecken lasse, mustere ich seine Wohnung. Es sieht sauber aus, wie geleckt, sogar das Bett ist gemacht. Da kann ich mir eine Frage nicht verkneifen. »Wer kauft eigentlich für dich ein, macht deine Wäsche und hält die Wohnung sauber?«
Eine sanfte Röte breitet sich um seine Nase aus. »Wenn ich im Einsatz bin, kommt Jimmy vorbei und hält die Wohnung in Schuss.«
»Wer ist er? Hat das Regime ihn gestellt?«
Jax reibt sich über den Nacken. »Nein, ich habe ihn in der Erziehungsanstalt kennengelernt. Dort schau ich zwei Mal im Monat vorbei und trainiere mit den Kids.«
Das wusste ich gar nicht. Ich weiß noch vieles nicht von ihm. »Das finde ich toll!«
»Der Senat hat mir empfohlen, das zu tun«, murmelt er, wobei seine Ohren auch noch Farbe bekommen. Ist ihm das peinlich? Zerstört das das Bild vom harten Krieger?
»Und du hast großes Vertrauen in Jimmy.«
Lässig zuckt er mit den Schultern. »Was soll er hier auch groß anstellen? Ich hab nicht wirklich was hier, das sich zum Stehlen lohnt. Und solange er seine Arbeit ordentlich macht und das verdiente Geld nicht für Drogen ausgibt, darf er bleiben.«
Mittlerweil e empfiehlt der Senat den Eltern, die wenigen Kinder, die bei uns leben, in diese Erziehungseinrichtungen zu geben. Dort hat das Regime direkten Einfluss auf sie. Angeblich möchte der Senat verhindern, dass die Kinder den ganzen Tag vor den Screenern hocken, auf der Straße herumlümmeln oder sich in Sex-Bars schmuggeln. Von Letzterem habe ich allerdings gehört. Schon die Vierzehnjährigen bestellen sich dort Drinks und vernaschen die Bedienung als Nachtisch. Ich schüttele mich. Den Frauen, die dort arbeiten, bleibt oft nichts anderes übrig, als sich mit körperlichen Gefälligkeiten zusätzlich etwas zu verdienen. Wie oft hatte mich eine von ihnen während meiner Nachtschichten in der Klinik aufgesucht, weil sie von einem Kunden zu grob angefasst wurde. Manche Barbesucher sind kaum besser als dieser Warrior Blaire.
Zur Lasagne schenkt Jax mir Rotwein in ein bauchiges Glas. Es ist die beste Marke der Stadt: Red Beauty. Wein ist teuer und neben Bier fast das einzige alkoholische Luxusgetränk, da es nur eine kleine Anbaufläche für Trauben und Hopfen gibt. Die Felder werden hauptsächlich für den Anbau von Speisegetreide genutzt. Alle anderen Drinks werden aus reinem Alkohol und synthetischen Stoffen zusammengemischt. Fast jeder freie Platz der Stadt dient der Herstellung von Nahrungsmitteln, sogar auf allen Dächern stehen Gewächshäuser.
Bei jedem Bissen, mit jedem Schluck, spüre ich das verdammte Halsband, das mich an meinen Status erinnert. »Was machen wir wegen der Fessel?«
Jax beugt sich nah zu mir und inspiziert sie, fährt mit den Fingern darüber. Ich erschaudere, als seine Fingerkuppen meine Haut streifen. »Wir brauchen einen Spezialisten, um es zu entfernen. Ich kenne mich nur mit Waffen aus. Aber außer meinen Waffenbrüdern habe ich kaum Beziehungen in der Stadt. Ich wüsste nicht, wem ich trauen und wer uns helfen kann.«
Mir fällt nur eine Person ein, der ich, außer Jax, noch traue. »Ich könnte Mark fragen. Soweit ich weiß, war er vor Jahren für die Programmierung zuständig.«
Er hebt die Brauen. »Mark Lamont? Der bei meiner OP dabei war?«
Ich nicke.
»Ich dachte, er ist Arzt?«
»Ja, aber er hat sein Hobby teilweise zum Beruf gemacht. Wenn es um Computerprogramme geht, macht ihm so schnell niemand was vor.«
Jax’ Blick verfinstert sich. »Kannst du ihm vertrauen?«
»Ich denke schon.«
»Ich meine … Er hat das verdammte Ding gebaut!« Er presst die Lippen so fest zusammen, dass sie eine schmale Linie bilden.
»Das ist schon viele Jahre her. Sie haben ihn gut bezahlt, er brauchte das Geld, aber jetzt arbeitet er nur noch in der Klinik.«
»Er war dein Lover, oder?«, fragt er und unterbricht unseren Blickkontakt.
»Wir hatten für ein paar Monate was miteinander, waren zusammen im Urlaub, aber irgendwie waren wir nicht als Paar füreinander bestimmt. Wir sind aber gute Freunde geblieben.«
»Mit wie vielen Männern warst du schon zusammen?«
Wieso will er das wissen? Mein Herz flattert. »Außer mit Mark hatte ich nie etwas Festes.« Von den wenigen Affären muss ich
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