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J.D.SALINGER Neun Erzählungen

Titel: J.D.SALINGER Neun Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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gemacht h abe. Ich weiß nicht genau.«
    Wieder holte Nicholson seine Zigaretten hervor, ohne dabei aber den Blick von Teddy zu nehmen. »Wie kommt man denn aus den endlichen Dimensionen heraus?«, fragte er und lachte kurz auf. »Ich meine, um ganz grundsätzlich zu beginnen, beispielsweise ist ein Holzklotz ein Holzklotz. Er hat eine Länge, eine Breite – «
    »Nein. Da irren Sie sich«, sagte Teddy. »Alle glauben nur, dass die Dinge irgendwo aufhören. Aber so ist das nicht. Das habe ich auch versucht, Professor Peet zu sagen .« E r setzte sich anders hin, zog ein widerliches Taschentuch hervor – ein graues, zusammengeknülltes Gebilde – und putzte sich die Nase. »Dass die Dinge irgendwo aufzuhören scheinen , liegt nur daran, dass die meisten Leute die Dinge nur so betrachten können«, sagte er. »Das heißt aber nicht, dass es auch so ist .«
    E r steckte das Taschentuch weg und sah Nicholson an. »Würden Sie bitte einmal kurz den Arm heben?«, bat er.
    »Den Arm? Warum?«
    »Einfach so. Einfach mal kurz.«
    Nicholson hob den Unterarm vier, fünf Zentimeter über die Armlehne hoch. »Den?«, fragte er.
    Teddy nickte. »Wie nennen Sie das?«, fragte er.
    »Was meinst du? Das ist mein Arm. Es ist ein Arm .«
    »Woher wissen Sie das?«, fragte Teddy. »Sie wissen, dass man das Arm nennt, aber woher wissen Sie, dass es auch einer ist? Haben Sie einen Beweis dafür, dass es ein Arm ist?«
    Nicholson nahm eine Zigarette aus der Schachtel und zündete sie an. »Ehrlich gesagt finde ich, das riecht nach der schlimmsten Form von Sophisterei«, sagte er, Rauch ausstoßend. »Es ist ein Arm, Herrgott, weil es ein Arm ist. Zunächst einmal braucht er einen Namen, damit man ihn von anderen Dingen unterscheiden kann. Ich meine, man kann doch nicht einfach – «
    »Sie sind einfach bloß logisch«, sagte Teddy ausdrucks l os zu ihm.
    »Ich bin einfach bloß was?«, fragte Nicholson ein we n ig übertrieben höflich.
    »Logisch. Sie geben mir einfach bloß eine normale, i ntelligente Antwort«, sagte Teddy. »Ich habe versucht, I hnen zu helfen. Sie haben mich gefragt, wie ich aus den en dlichen Dimensionen herauskomme, wenn mir danach i st. Logik benutze ich dabei jedenfalls nicht. Als Erstes m uss man die Logik loswerden.«
    Nicholson entfernte mit den Fingern einen Tabakkrü m el von der Zunge.
    »Kennen Sie Adam?«, fragte Teddy ihn.
    »Ob ich wen kenne?«
    »Adam. Aus der Bibel.«
    Nicholson lächelte. »Nicht persönlich«, sagte er trogen.
    Teddy zögerte. »Seien Sie mir nicht böse«, sagte er. »Sie laben mich etwas gefragt, und ich – «
    »Ich bin dir nicht böse , um Gottes willen.«
    »Na gut«, sagte Teddy. Er saß zurückgelehnt auf seinem Liegestuhl, sein Kopf aber war Nicholson zugewandt. »Sie wissen doch, der Apfel, der in der Bibel erwähnt wird, den A dam im Garten Eden aß?«, fragte er. »Wissen Sie, was in d em Apfel war? Logik. Logik und intellektuelles Zeug. M ehr war da nicht drin. Daher – und das ist mein Punkt – m uss man das erbrechen, wenn man die Dinge so sehen will, wie sie wirklich sind. Ich meine, wenn man es erbricht, hat man mit Holzklötzen und so Zeug kein Prob l e m mehr. Dann sieht man nicht mehr ständig, wie alles auf hört. Und dann weiß man auch, was der Arm wirklich i st, wenn man daran interessiert ist. Wissen Sie, was ich meine? Können Sie mir folgen?«
    »Ich kann dir folgen«, sagte Nicholson ziemlich knapp.
    »Das Problem ist nur«, sagte Teddy, »die meisten wollen die Dinge nicht so sehen, wie sie wirklich sind. Sie wollen nicht einmal damit aufhören, ständig geboren zu werden und zu sterben. Sie wollen einfach ständig neue Körper, statt innezuhalten und bei Gott zu bleiben, wo es richtig nett ist .«
    E r überlegte. »So einen Haufen Apfelesser habe ich noch nie gesehen«, sagte er. Er schüttelte den Kopf.
     
    In dem Moment blieb ein Decksteward in weißer Jacke, der in dem Bereich seine Runde machte, vor Teddy und Nicholson stehen und fragte sie, ob sie gern eine Morgenbrühe hätten. Nicholson gab auf die Frage gar keine Antwort. Teddy sagte: »Nein danke«, und der Decksteward ging weiter.
    »Wenn du das lieber nicht erörtern möchtest, musst du es auch nicht«, sagte Nicholson abrupt und ziemlich brüsk. Er schnippte seine Zigarettenasche weg. »Aber stimmt es oder stimmt es nicht, dass du dem ganzen Leidekker - Prüfungshaufen – Walton, Peet, Larsen, Samuels und diesem Haufen – mitgeteilt hast, wann und wo und wie sie sterben würden?

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