sein wie die Erkenntnis, dass Luft kein Käse ist. Es ist eine Banalität, aber selbst kompliziert erscheinende mathematische Probleme können sich als Banalität erweisen, wenn man sie nur geschickt anpackt. Spannende Beispiele dafür finden Sie in den Kapiteln 5 und 6.
Dass Mathe ganz anders sein kann als in der Schule, werden Sie – so hoffe ich – auch beim Knobeln herausfinden. Sie finden in diesem Buch nämlich 40 ausgesucht schöne Aufgaben verschiedener Schwierigkeitsgrade, an denen Sie sich ausprobieren können. Manche habe ich mir selbst ausgedacht, andere habe ich bei der Recherche in Büchern oder dem Aufgabenarchiv von Matheolympiaden entdeckt. Die Zahl der Sterne neben jeder Aufgabe verrät Ihnen, wie anspruchsvoll diese ist. Ein Stern steht für leicht, bei vier Sternen müssen Sie sicher etwas länger nach der Lösung suchen. Geben Sie nicht zu früh auf und schielen Sie nicht gleich nach den Lösungen! Mit jeder Aufgabe, die Sie allein schaffen, wächst Ihr Selbstvertrauen.
Wie auch immer Sie zur Mathematik stehen – ich bin mir sicher, dass Sie nach dem Lesen dieses Buches Ihre Einstellung ändern werden. Mathematik ist wie Fußball, wie Musik, wie ein Brettspiel: Es gibt klare Regeln, man kann das Spiel ganz schematisch betreiben. Wer aber wirklich Spaß haben will, wird kreativ.
Viel Spaß beim Lesen, Denken, Knobeln und Entdecken!
Holger Dambeck
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Schon im Alter weniger Monate können Babys einfache Additionen ausführen. Die Zähl- und Rechenkünste kleiner Kinder verblüffen, sie sind offenbar angeboren. Woher aber kommt unser Zahlensinn? Und wie viel Mathematik steckt in jedem von uns?
Die Sesamstraße gibt eine Einführung in die Mengenlehre: Ernie sitzt vor einem Teller mit fünf Keksen, die Bert gehören. Er soll auf sie aufpassen, denn wenn das Krümelmonster vorbeikommt, ist es um die Kekse geschehen. Aber auch Ernie hat mächtigen Appetit auf die süßen runden Dinger. Schließlich nimmt er einen in die Hand und sagt: »Bert würde es bestimmt nicht stören, wenn ich ein bisschen davon abknabbere.«
So nimmt das Unheil seinen Lauf. Ernie knabbert und knabbert noch ein bisschen mehr – plötzlich ist der Keks schon halb aufgegessen. Er versucht dann, den Keks wieder rund zu beißen. Dummerweise ist er aber längst viel kleiner als die anderen. Damit das Malheur nicht auffällt, beschließt Ernie, dass der Keksrest ganz verschwinden muss – im eigenen Mund.
Dann kommt Bert. »Ich möchte jetzt meine fünf Kekse essen«, sagt er und zählt sie noch einmal durch. »Eins, zwei drei, vier – Ernie, es sind nur vier.« »Bist du sicher?« »Ja, ganz sicher.« Ernie ist in der Klemme, aber er hat eine Idee: »Moment, lass uns die Kekse mal ein bisschen auf dem Teller verschieben.« Er tut es und ordnet die Kekse zu einer Reihe an. »Jetzt sind es vielleicht wieder fünf«, meint er.
Die Keksschiebenummer misslingt natürlich. Mathematiker nennen dieses Phänomen Mengeninvarianz. Sie meinen damit, dass es egal ist, wie man Kekse anordnet – ihre Anzahl ändert sich dadurch nicht. Das Erstaunliche ist, dass bereits Babys dieses Phänomen kennen. Die kleinen Schreihälse vermitteln zwar nicht unbedingt den Eindruck, als ob sie wüssten, was Mengen sind, aber ihnen ist klar, dass Ernies Verschiebeaktion nie und nimmer gelingen kann.
Babys können Mathe – diese überraschende Erkenntnis ist gerade mal 30 Jahre alt. Denn nach den Theorien des Schweizer Entwicklungspsychologen Jean Piaget (1896–1980) sollten Kinder frühestens ab fünf Jahren ein Verständnis für Zahlen entwickeln. Beleg dafür war unter anderem ein Experiment mit sechs Flaschen und sechs Gläsern, das sogar eine gewisse Ähnlichkeit mit der Keksnummer aus der Sesamstraße hat.
Die Gläser und Flaschen bildeten je eine Reihe. Beide Reihen waren parallel zueinander angeordnet, der Abstand zwischen zwei Flaschen und zwei Gläsern war gleich. Der Versuchsleiter befragte dann vierjährige Kinder, ob es mehr Flaschen oder mehr Gläser seien. Gleich viele, antworteten alle Kinder. Offensichtlich hatten sie eine Eins-zu-eins-Übereinstimmung zwischen den beiden Reihen hergestellt.
Piagets Irrtum
Dann stellte der Erwachsene die Gläser weiter