Je mehr Löcher, desto weniger Käse
denn dann versteht man sofort, wie ein solcher Beweis funktioniert.
Was sind die Voraussetzungen dafür, dass alle auf einem Tisch aufgestellten Dominosteine umfallen? Es sind genau zwei:
–
Der erste Stein muss fallen.
–
Jeder Stein steht so, dass er beim Kippen seinen Nachfolger zu Fall bringt.
Als Beispiel für die Domino-Methode nehmen wir die Summenformel für ungerade natürliche Zahlen. Schauen Sie sich bitte einmal folgende Gleichungen an:
Offenbar addieren sich ungerade Zahlen, wenn man mit der 1 beginnt, immer zu einer Quadratzahl. Ungerade Zahlen können wir in der Form 2n + 1 oder 2n – 1 schreiben, wobei n eine natürliche Zahl ist. Wenn wir auf der rechten Seite der Gleichung n 2 notieren, dann muss die größte ungerade Zahl links 2n – 1 sein. Allgemein geschrieben lautet unsere Vermutung daher:
1 + 3 + … + 2 n – 1 = n 2
Nun zum Domino-Beweis: Für n = 1, 2, 3, 4, 5 gilt die Formel auf jeden Fall. Das bedeutet, dass nicht nur der erste, sondern sogar die ersten fünf Dominosteine auf jeden Fall umkippen. Der Anfang ist also gemacht.
Jetzt greifen wir uns einen beliebigen Dominostein heraus, den Stein Nummer i. Dabei ist i eine natürliche Zahl. Wir nehmen an, dass dieser Stein umkippt. Und umkippen bedeutet hier, dass die Summenformel S(i) für ihn zutrifft.
S(i) = i 2
Was aber ist mit dem nächsten Stein mit der Nummer i + 1? Trifft die Summenformel für ihn auch zu? Das können wir relativ leicht ausrechnen. Um die Summenformel für i + 1 zu erhalten, muss ich zu der Summenformel von i nur die nächste, fehlende ungerade Zahl addieren. Und diese lautet 2(i + 1) – 1.
Der Ausdruck auf der rechten Seite dürfte Ihnen bekannt vorkommen. Es ist eine binomische Formel von der Form
(a + b) 2 = a 2 + b 2 + 2ab
Wobei a = i und b = 1 ist. Also erhalten wir:
S(i + 1) = (i + 1) 2
Damit haben wir gezeigt, dass die Summenformel auch für n = i + 1 gilt, sofern wir voraussetzen, dass sie für n = i zutrifft. Das bedeutet, dass unsere Summenformel für alle beliebigen natürlichen Zahlen n gültig ist.
Ich gebe zu, die vollständige Induktion, wie Mathematiker den Domino-Beweis nennen, wirkt kompliziert. Denken Sie aber immer an den Vergleich zu den Dominosteinen, dann wird klar, wie die Methode funktioniert.
7. Werkzeuge wechseln
Wenn Menschen einander etwas mitteilen wollen, haben sie verschiedene Möglichkeiten: die gesprochene Sprache, Gestik, ein Zettel, eine E-Mail, ein Augenzwinkern. Jede Kommunikationsform hat ihre Stärken und ihre Schwächen. Bei großem Lärm funktioniert Winken wunderbar – im Dunkeln ist Rufen erfolgreicher.
Ähnlich ist es in der Mathematik. Bestimmte Dingeklappen besser, wenn man sie mit dem passenden Formalismus anpackt. Wer zum Beispiel Geraden im dreidimensionalen Raum mit einer Formel beschreiben möchte, sollte besser kein Kugelkoordinatensystem benutzen, bei dem jeder Punkt im Raum durch zwei Winkel und einen Radius definiert ist.
Wie man geschickt die passende mathematische Sprache auswählt und ausnutzt, zeigt die folgende, schon sehr anspruchsvolle Aufgabe:
Finden Sie eine Formel, um die Summe aller Zweierpotenzen bis zum Exponenten n zu berechnen – also die Summe
2 0 + 2 1 + 2 2 + … + 2 n .
S atz: Eine Katze hat neun Schwänze.
Beweis: Keine Katze hat acht Schwänze. Und eine Katze hat einen Schwanz mehr als keine Katze. Also hat eine Katze 8 + 1 = 9 Schwänze.
Wir könnten versuchen, diese Aufgabe mit der Domino-Technik zu lösen. Das wäre der klassische Weg. Aber ich möchte Ihnen eine Methode zeigen, die anders funktioniert. Die Idee ist, die ganze Berechnung im Dualsystem durchzuführen. Im Dualsystem wird jede Zahl als Summe von Zweierpotenzen dargestellt, es gibt nur die Ziffern 0 und 1. Computer beispielsweise rechnen ausschließlich mit Dualzahlen.
In der folgenden Tabelle sehen Sie, wie man natürliche Zahlen (linke Spalte) in Zweierpotenzen zerlegt und als Dualzahl (rechte Spalte) schreibt.
Wir suchen eine Formel für
∑ = 2 0 + 2 1 + 2 2 + … + 2 n
Wir schreiben die Summanden der Potenzsumme einfach mal in umgekehrter Reihenfolge auf.
∑ = 1 × 2 n + 1 × 2 n-1 + … + 1 × 2 2 + 1 × 2 1 + 1 × 2 0
Diese Zahl können wir im
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