Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)
nicht transplantieren können? Vielleicht in ein Heim für Tiertattoos? Ich war von Jonny ein wenig enttäuscht. Meine Jungs erst recht. Klar, Jonny und ich waren jung und dumm, aber als Mann muss man doch zu seiner Geschichte stehen, auch wenn nicht alle Kapitel daraus rühmlich sind.
Zugegeben: Mein bunter Puma sieht nach fünfzig Jahren eher aus wie überfahrene Ente, aber er wird mich auch den Rest meines Lebens begleiten dürfen, obwohl das Tattoo in meinem Beruf sehr hinderlich war und ist. Ewig muss ich auf der Bühne und bei Dreharbeiten meinen linken Unterarm bedeckt halten. Wer will schon einen Faust sehen mit einer toten Ente auf dem Arm? Und ich frage mich: Wäre Erich Schiller wirklich mit Helga Beimer zusammengekommen, wenn er im Reisebüro der »Lindenstraße« zur Begrüßung mit einen halbverwesten Puma gewunken hätte?
Aber gerade in meinem Beruf sind viele Kollegen und vor allem Kolleginnen bereit, ihren Körper bearbeiten zu lassen. Da wird geliftet, da wird gerafft, gestrafft, da wird abgesogen, abgehoben, eingeschoben, da wird poliert und geschreddert – abenteuerlich!
Ich habe eine Kollegin, die ist jetzt so Mitte sechzig. Sie sieht wirklich wunderbar aus, hat mit ihrem Körper aber ein Problem: Sie möchte lieber aussehen wie Mitte dreißig. Darum fliegt sie alle zwei Jahre in die Schweiz und lässt sich raffen und straffen, an der Stirn, den Augen, um den Mund herum und was die Anatomie sonst noch zu bieten hat. Wenn ich sie nach ihrem Ausflug in die Alpen wieder treffe, dann muss ich schon sagen: Ja, sie sieht echt ein bisschen jünger aus, im Gesicht. Aber der Rest ist und bleibt einfach Mitte sechzig. Sie ist eine Mischung aus jung und alt. Eine Mixtur aus Heidi Klum und Alfred Biolek.
Wenn ich sie dann ganz offen frage: »Sag mal, hast du an dir was machen lassen?«, antwortet sie mit ihrem straffgetackerten Mund, der aussieht, als hätte sie gerade eine ganze Zitrone ausgeluscht: »Nöö, wö kömmst dö dönn dödrööf?«
Nee, nee, mir macht keiner was vor, ich bin doch nicht blind. Wenn sie die Mundwinkel heben möchte, muss der Rest des Körpers eine kurzfristige Hautspende geben. Darum hebt sie auch immer das Bein, kurz bevor sie ein Lächeln ansetzt.
Aber nicht nur Frauen sind von diesem Virus infiziert: Ein Bekannter von mir arbeitet als Tenor in der Oper in Bonn. Er ist sehr eitel, Mitte fünfzig, ein sehr netter Mann – aber auch er wollte jünger aussehen. Er heißt Dieter Schabbel, nennt sich aber Schabelle. Französisch ausgesprochen – also Schabelle, nicht Dieter. Er kam neulich ganz aufgeregt zu mir und sagte: »Bill, ich habe eine kahle Stelle hier vorne am Kopf. Ich kann doch nicht in der ersten Reihe auf der Opernbühne stehen, und alle Leute schauen auf meine kahle Stelle.«
Dabei trägt er auf der Bühne seltsamerweise immer nur Kopfbedeckungen: Er singt bei »Toska« im Extrachor und trägt dabei einen Helm bis über die Augenbrauen, bei der »Entführung aus dem Serail« einen riesigen Turban, aber er denkt immer nur an seine kahle Stelle.
Es gibt in Bonn-Godesberg eine Spezialklinik, die hat eine bahnbrechende Methode entwickelt: Die reißen gesunde Haare samt Wurzeln aus und pflanzen sie in kahle Stellen wieder rein. Das wächst und wächst, und man bekommt in wenigen Wochen blühende Landschaften, wo vorher noch die Wüste Gobi war. Als Dieter diese Klinik aufsuchte, haben die Ärzte kurz vorher in Versuchsreihen an bulgarischen Rentnern herausgefunden, dass Schamhaare für diese Methode ganz besonders geeignet sind. Wahrscheinlich, weil die Wurzeln immer schön feucht gehalten werden, vor allem im Alter. Ich habe Dieters Sackgesicht nach dem Eingriff kaum erkannt. Also der sah aus, der saaah auuus …
Dieter hat nach der Behandlung richtig Geschmack daran gefunden, sich zu verändern. Er wollte auch sein Gesicht glätten lassen, weil er ein paar Falten entdeckt hatte. Er ist extra nach Düsseldorf gefahren, zu dem bekannten Schönheitschirurgen Dr. Dipan Sen Gupta. Das ist, glaube ich, kein Rheinländer. Dieter hat sich nach kurzer Beratung das Gesicht liften lassen. Und er hat mir nachher die Narben gezeigt und haarklein die Operation beschrieben. Mir ist bei dem Gedanken daran heute noch schlecht: Also, die schneiden hinter den Ohren auf, ziehen die ganze faltige Haut hinter die Lauscher, legen die Haut wie eine Serviette ein, zwei Mal um und tackern das Ganze fest. Fertig ist die Mumie! Die Falten aus Dieters Gesicht waren definitiv weg,
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