Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)
ich mit meinem ›120% Sehkraft‹-Testergebnis zurückkommen werde, dann guck ich halt mal beim Augenarzt vorbei. Dafür musst du mir aber auch einen Gefallen tun.«
»Was?«
Ich reichte meiner Frau die aufgeschlagene »Apotheken-Umschau« und zeigte in die gegenüberliegende Wohnzimmerecke. »Kannst du dich bitte da drüben damit hinstellen? Ich sag Bescheid, wenn du umblättern sollst …«
Zwei Tage später. Ich sitze beim Augenarzt, hab vorher extra noch zwei Kilo Karotten gefuttert. Er: ein junger Typ, der mich mit einem kleinen Lämpchen in der Hand blendet. Er beugt sich so weit vor, dass sich unsere Nasenspitzen fast berühren. Schau mir in die Augen, Kleiner.
»Wie funktionieren Ihre Augen?«, verlangt der Augenarzt meine Selbsteinschätzung, während er mir weiter das schmerzhaft helle Licht auf die Pupille knallt.
»Gut«, antworte ich, während ich gleichzeitig versuche, mit der Zunge die vielen Karottenstückchen aus meinen Zähnen zu lutschen. »Sehr gut sogar. Sehen ist mein liebster Sinn, direkt nach Schmecken.«
»Aha.« Er knipst das Lämpchen aus und dreht mir so einen komischen Apparat hin. »Schauen Sie da bitte mal durch, und lesen Sie die obere Buchstabenreihe vor.«
Ich kneife die Augen zusammen, versuche, das, was da steht, zu entziffern.
»C …, X … nee, halt: U… uuuuuuuh, nein, natürlich: H … haaahaaa, reingelegt – ich meine selbstverständlich … Ach, was soll’s: Ich nehm den Telefonjoker!«
»Herr Mockridge, bitte!«
»Ist doch wahr!« Ich kompensiere mein Versagen mit Angriff. »Merken Sie denn nicht, dass Sie sich da komplett verschwommen gedruckte Buchstaben haben andrehen lassen?«
Es kommt, wie es kommen muss.
»Herr Mockridge, Sie brauchen eine Brille.«
Sofort nach der offiziellen Diagnose setzen die fünf Reaktionsphasen zur Brille bei mir ein, die jeder von uns durchläuft.
1. Verdrängung: » Ich , ’ne Brille? Blödsinn!«
2. Wut: »Stecken Sie sich Ihre bescheuerte Brille doch sonst wohin!«
3. Feilschen: »So ein kleines Monokel auf nur einem Auge tut’s doch auch, oder …?«
4. Depression: »Oh Gott, jetzt bin ich blind! BLIND!! Nie wieder werde ich die Schönheit eines Sonnenaufgangs sehen, den Duft eines am Morgen frisch gebrühten Kaffees rie…« – »Herr Mockridge, das macht die Nase !« – »Unterbrechen Sie mich nicht, ich bin depressiv!!«
5. Annahme: »Seufz. Jetzt setzen Sie mir das Ding halt endlich auf.«
So also kam ich zu meiner Brille. Allzu oft trage ich sie nicht. Manchmal, um intellektueller zu wirken. Dann umweht mich ein Hauch Roger Willemsen, nur ohne all die schönen vollen Locken auf dem Kopf und schlauen Sachen aus seinem Mund. Manchmal setze ich sie schnell auf, wenn meine Frau Margie wütend auf mich ist – weil jeder weiß: Brillenträger schlägt man nicht. Hauptsächlich allerdings brauche ich sie zum Lesen. Und zum Schreiben dieser Zeilen. Ja, tatsächlich: In diesem Moment trage ich meine Brille auf der Nase. Ich soll Sie schön von ihr grüßen. Und Ihnen ausrichten: Gehen Sie doch auch mal zum Augenarzt. Meine Brille hat noch viele Schwestern, die ein liebevolles Zuhause suchen …
14.
Let’s Talk About Sex, Opi!
Apropos Sex! So, damit wären wir mitten im Thema. Verzeihen Sie die hinterrücks überrumpelnde Überleitung, aber auf Sex im Alter kommt man am besten möglichst kurz und schmerzlos zu sprechen – also komplett anders, als er sich in der Praxis gestaltet. Fest steht, so viel vorweg: Sex im Alter weiß nur derjenige wirklich zu schätzen, der sich an Sex in der Jugend erinnert. Glücklicherweise tue ich das. Mögen auch viele Erinnerungen in meinem Kopf verblassen – meine erotischen Abenteuer haben sich dort fest eingebrannt wie ein hartnäckiger Tripper. Ähm, gut … schlechter Vergleich vielleicht. Egal. Jedenfalls: Seit meiner Pubertät vor vielen, vielen Jahren (damals gerade der allerneueste Schrei) bin ich grundsätzlich dem Koitus nicht abgeneigt. Ganz ehrlich: Das mit dem Sex hat Gott sich wirklich genial ausgedacht. Nicht nur, dass wir uns schön fleißig vermehren, wie er es sich wünscht – nein: Unser Schöpfer hat beim Runterschauen von oben aus seinem Himmel-Penthouse sogar noch was zu lachen. Wie bitte? Aber nicht doch: Gott ist mitnichten ein Spanner! Dass der Allmächtige uns seit Jahrtausenden beim Stöhnen und Schnackseln beobachtet, hat rein wissenschaftliche Zwecke. Nämlich, um den menschlichen Beischlaf noch weiter zu perfektionieren –
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