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Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)

Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)

Titel: Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Mockridge , Lars Lindigkeit , Markus Paßlick
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eine Zeitung an der Haustür zu abonnieren. Ich musste nur lange überlegen, welches Foto ich von mir reinstellen sollte. Wen wollte ich ansprechen? Junge Leute oder alte Greise? Rote Hip-Hop-Mütze oder seidenes Halstuch? Ich entschied mich für ein ganz normales, aktuelles Foto von 1962. Ich brauchte nur noch meine E-Mail-Adresse eintragen, und schon hatte ich – zum ersten Mal in meinem Leben – ein eigenes Profil. Bill Mockridge war Teil der »Komnjuhnitie«. Denn kaum hatte ich meine, natürlich vollkommen geheime E-Mail-Adresse eingegeben, da ratterte es schon auf meinem Bildschirm. Hunderte von Namen und Gesichtern erschienen auf meiner Seite, einige kamen mir sogar bekannt vor: Arbeitskollegen, Nachbarn, Friedhelm, Doug Graham aus Toronto, das Senfmuseum in Düsseldorf, dazu Menschen, die ich nur fünf Minuten in meinem Leben gesehen und zu Recht vergessen hatte. Und meine sechs eigenen Kinder. Ha! Genau auf die hatte ich es abgesehen.
    Ich habe meine Jungs sofort »geaddet« (man lernt heutzutage keine Freunde mehr kennen, man addet sie), dazu noch ihre Mitschüler, Kumpels, Freunde und deren Freundesfreunde. Anschließend habe ich ein paar schöne Fotos von meinen artigen Kindern hochgeladen. »Hochladen« ist wie Fotos in ein Album kleben, nur mit dem Unterschied, dass mein Album bei Facebook die ganze Welt sehen kann. Und die ganze Welt hat die Fotos gesehen: Jeremy 1995 auf Norderney, ohne Badehose! Ups, nach der Bildmitte zu urteilen, muss das Wasser sehr kalt gewesen sein – sehr, sehr kalt. Oder noch ein schöner Schnappschuss: Luki kotzt auf Mallorca vor eine Kneipe. Die Bildergalerie der Peinlichkeiten kannte keine Gnade, jeder meiner Jungs war mit mindestens einem Werk vertreten. Und schon kamen die Rückmeldungen aus aller Welt: Daumen hoch! Gefällt mir!
    Das »Gefällt mir« ist auch so eine Erfindung von Facebook. Egal, was die Facebooker auf ihre Seite stellen, es kann von anderen Nerds mit zu viel Tagesfreizeit kommentiert werden. Mit einem Klick auf den Daumen-hoch-Button. Das ist besonders schön, wenn Menschen ernsthafte Artikel auf ihre Seite gestellt haben:
Immer mehr ältere Menschen leiden unter Demenz – Gefällt mir!
Seehundsterben in der Nordsee – Gefällt mir!
Radarfalle in der »Lindenstraße«, Bill Mockridge: Lappen weg – Gefällt mir!
    Es dauerte keine zwei Minuten, da standen meine sechs Jungs vollzählig in meinem Arbeitszimmer.
    » Dad! Wie konntest du das tun? Wir können uns nirgends mehr blicken lassen. Facebook ist nichts für alte Leute. Darüber macht man keine Witze … Schnell, Liam, zieh Dad den Stecker raus.«
    Zu spät! Hehehehe, das Internet vergisst nie …

    Facebook? Bei meinen Kindern kein Thema mehr. Und ich? Komplett süchtig! Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht mindestens zehnmal auf meine Facebook-Seite gehe, um zu sehen, wer da was gepostet, geaddet oder sonst wie hinterlassen hat. Zum Beispiel jetzt:
    Ha! 1568 Freunde! Wieder einer mehr. Mal sehen, wer das ist … Shinji Hakanato aus Tokio! Der hatte bis vor kurzem eine Sushi-Bar in Bonn. Toll, ich wollte schon immer, dass der mein Freund ist. Fast wäre ich sogar schon mal bei ihm essen gegangen. So, hier draufdrücken, bestätigen – und ab dafür!
    Facebook ist so praktisch. Man kann auch prima Einladungen per Facebook verschicken. Genau, ich wollte ja noch Friedhelm für Samstag einladen, der ist ja auch bei Facebook. Friedhelm hat lieber virtuelle Freunde, echten traut er nicht – außer uns natürlich. Ich mache einen kanadischen Barbecue-Abend, nichts Großes, vier bis fünf Gäste, Elchsteaks und Bier.
    So, die Einladung für Friedhelm habe ich geschrieben, hier draufdrücken – und ab dafür!
    Oh, da kommt schon eine Antwort, der Friedhelm ist aber auf Zack!
Hallo Bill, danke für Einladung. Ich komme zufällig Deutschland. Ich freue! Esse aber nur Fisch, keine Elch.
 Grüße Shinji!
    Hä? Wieso hat der … Ups, noch eine Nachricht:
Hi Bill, super! Die Reise ist vielleicht ein bisschen weit für ein Barbecue, aber wenn mein ehemaliger Lehrer ruft, bin ich natürlich am Start!
 Best regards,
 Doug Graham
    Noch eine Nachricht … Und noch eine … Und … Au Backe! Ich habe beim Versenden der Nachricht nicht auf »Friedhelm« gedrückt, sondern auf »alle«! 1568 Einladungen.
    Ich muss los. Erst zur Bank und dann noch ein paar Elchsteaks kaufen …
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